Vorfreude auf Weihnachten?
Hoher Besuch
Predigtwort: Philipper 4, 4 – 7 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
4 Freuet euch in dem Herrn allewege. Und abermals sage ich euch: Freuet euch!
5 Eure Güte lasst kundsein allen Menschen! Der Herr ist nahe!
6 Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Danksagung vor Gott kundwerden.
7 Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus-
Lieder:
"Wir sagen euch an" (EG 17)
"O Heiland" (7)
"Weil Gott in tiefster Nacht erschienen" (56)
"Seht, die gute Zeit ist nah" (18)
Nach der Melodie EG 24 Vom Himmel hoch…zu singen – oder zu lesen:
Freut euch, Gott kommt in Freundlichkeit!
Macht Türen auf und Tore weit!
Dann reicht in’s Herz, spielt im Gesicht, sein Licht, das Dunkelheit durchbricht.
Freut euch, es kommt der Herr der Welt.
Er schuf Erdkreis und Himmelszelt.
Sein sind die Meere, Berg und Tal, sein sind wir Menschen allzumal.
Freut euch, Gott lässt uns nicht allein.
Er kommt. Mit ihm zieht Liebe ein.
Gott ist und bleibt, der Frieden bringt.
Empfangt ihn fröhlich, jauchzt und singt.
Freut euch an Gottes Freundlichkeit!
Macht Türen auf und Herzen weit!
Dann kommt, der jede Nacht durchbricht, er kommt mit Segen, Heil und Licht. (Eugen Eckert)
Als Psalm Lukas 1, 46 ff (eigentlich Evangelium des 4. Advent) hier in leichter Sprache
(Anne Gideon, „Leicht gesagt“, Biblische Lesungen und Gebe, Hannover 2013, S.29)
Maria sagte: Meine Seele lobt Gott. Denn er ist groß. Ich denke an Gott und freue mich. Denn er hilft mir. Ich bin ein kleiner Mensch. Doch der große Gott schaut auf mich. Alle Menschen werden sagen: Gott hat Maria groß gemacht. Gott ist heilig. Gott ist mächtig. Alle Menschen können Gott bitten. Ihnen ist er nahe. Gott hat Kraft. Eingebildete Menschen müssen Angst haben. Gott stürzt die Mächtigen vom Thron. Und die Kleinen wird er groß machen. Gott beschenkt die Hungrigen. Die Reichen schickt er mit leeren Händen fort.
Gott kümmert sich um sein Volk Israel. Er hat es vor langer Zeit Abraham versprochen.
Eingangs-Gebet als Liedzitat:
„Der kommende Gott wird größer sein als du und ich ihn gedacht, der kommende Gott wird größer sein als wir ihn uns zurechtgemacht, der kommende Gott wird größer sein und lebendig, nicht tot und verstaubt, der kommende Gott wird größer sein als die Kirche ihn je geglaubt.
Denn der kommende Gott schließt uns alle ein, ob Jude, ob Moslem, ob Christ, denn der kommende Gott ist nicht mehr mein oder dein.
Und er fragt nicht, was du wohl bist. Denn der kommende Gott ist für alle da, ein Gott für die ganze Welt.
Denn der kommende Gott ist dem Menschen nah, der sich fragt, wer die Welt erhält. Denn der kommende Gott war schon immer der Gott, den sie alle, sie alle gemeint, denn der kommende Gott ist der einzige Gott, der uns alle, alle vereint."
(Autor: Jochen Riess in „Schenk dir Zeit“, Texte, Bilder, Lieder für Schule, Familie und Gemeinde, Karlsruhe 1988)
Gebet:
Großer Gott, wir gehen durch den Advent, jeden Tag ein Stück weit näher zu dir. Wir hören: du bist nicht nur lieb, sondern auch groß und gerecht. Wir hören die Worte deiner Gebote und sind doch mutlos in unserem Tun. Uns fehlt die Kraft So kommen wir vom Weg ab, der zu dir führt.
Sieh uns an mit den Augen der Liebe, durch die du uns geschaffen hast. Zeig uns, wie du uns gedacht hast.
Wir bitten dich: Gib uns Zeichen auf dem Weg, sende uns ein Licht, hole uns ab, komm uns entgegen. Ohne dich verlaufen wir uns. Gib uns dein Wort, das uns ruft, das uns Mut macht.
Wir hören: Du kommst in Liebe. Wir freuen uns. Amen
Segen:
Bruder oder Schwester, sei gesegnet von Gott.
Er gehe dir voraus und zeige dir den rechten Weg.
Gott sei nahe bei dir und lege seinen Arm um dich.
Gott sei hinter dir, dich gegen alle dunkle Macht zu bewahren.
Er sei unter dir, dich aufzufangen, wenn du fällst.
Er sei neben dir, dich zu trösten, wenn du traurig bist.
Gott sei in dir, dich zu heilen.
Er sei um dich her, dich zu schützen in der Angst.
Er sei über dir wie die Sonne am Himmel und stärke dich mit seiner Kraft.
Er segne und behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit. (Jörg Zink nach einem alten irischen Reisesegen, in: Gesegneter Weg, 1997, Segenstexte und Segensgesten, S. 108)-
Vorbemerkung
Dieser Gottesdienst zum 4. Advent wird in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, der Johannes-Diakonie Mosbach gehalten. Die meisten Teilnehmer*innen sind, wie man so sagt, intelligenzgemindert. Dem soll in Gebeten und der Psalmlesung in Form von Leichter Sprache Rechnung getragen werden. Die Predigt ist in leicht elaborierter Form verfasst, denn zum Gottesdienst kommen etliche sog. „Nichtbehinderte Menschen“: Mitarbeiter*innen, Familienangehörige, die Bläser*innen des Posaunenchores und eine Hausgemeinde von Freund*innen der Einrichtung und der Kirche. So soll alles von allen und für alle verständlich sein. –
Freuen Sie sich auf Weihnachten? So richtig, von Herzen? Freuen Sie sich auf die besondere Stimmung, die alten, seit der Kindheit gewohnten Bräuche? Hören Sie mit Freude die schönen Lieder? Wie glücklich sind diejenigen, die sich auf den Besuch der Familie freuen dürfen! Wie schön ist es, auch wieder einmal im Kreis der Familie beisammen zu sein, Gutes zu essen, liebevoll gekocht. Diese Freude am Weihnachtsfest möchte ich Ihnen nicht miesmachen. Oh wirklich nicht! Ich selber freue mich, dass meine drei erwachsenen Kinder da sein werden, auch Schwiegerkinder. Das ist nicht nur bloße Fassade. Ich weiß, für Viele ist Weihnachten ein schwieriges Datum, manchmal brechen auch Konflikte wieder auf, die lange verdeckt waren. Doch davon soll an anderer Stelle erzählt werden. Heute möchte ich, ganz unprotestantisch sozusagen, einfach nur die Freude feiern.
Wir feiern bald die Geburt Jesu! Gott wird Mensch! So nahe kommt er seinen Geschöpfen, dass er im liebenswerten Gesicht eines neugeborenen Säuglings betrachtet werden kann. Dieses Kind, das wahre Christkind dürfen wir lieben, herzen, drücken, so wie wir es mit kleinen Kindern tun. Übrigens: Diese Freude über den menschgewordenen Gott im kleinen Kind in Bethlehem, führte zu den ersten bekannten „Krippenspielen“. In den Frauenklöstern des Mittelalters sangen in der Christnacht die Nonnen Wiegenlieder für den neugeborenen Jesus, Wiegten ihn und tanzten mit ihm in Gestalt einer lebensgroßen Puppe. Das war das Kindleinwiegen, aus dem später ganze Weihnachtsspiele wurden. Ja, die Vor – Freude auf das Christfest wollen wir heute feiern.
Evangelium heißt doch auf deutsch: „Frohe Botschaft“. Und diese verkündet der Engel auf den Feldern den erstaunten Hirten mitten in der tiefsten Nacht. Gott selbst schenkt sich uns, welche Freude! Wenn wir uns auf einen wichtigen Besuch einstellen, dann sind wir meistens ziemlich aufgeregt und möchten, dass alles so perfekt wie möglich ist: Das Zimmer ist aufgeräumt und warm, das Essen gekocht, wir selber hübsch gemacht. Alles das, damit wir ein wenig besser aussehen, als wir uns selber sehen. Das nicht so Schöne wird verdeckt. Und wir fragen uns: Wird es dem Besuch gefallen? Wird er uns loben? Oder sieht er genau das, was er eigentlich gar nicht sehen sollte? Spielen wir „Heile Welt“ oder darf alles so bleiben, wie es ist?
Und nun will sogar Gott selber kommen. Welche Aufregung! Machen wir alles richtig, wenn der hohe Besuch kommt? Aber dann erleben wir das Überraschende: Gott kommt, aber ganz anders. Ganz anders, als wir ihn uns vorgestellt haben. Und wir können ihm nichts vormachen! ER kommt unerkannt, in einem Winkel auf der Erde zur Welt, der unbedeutend und sogar ärmlich erscheint. Was soll das bedeuten? Gott hat keine Bedingungen gestellt, damit die Erde gut aufgeräumt und heil sei, wenn ER kommt. Nein, es ist genau umgekehrt: Nicht ich oder jemand anderes muss zuerst etwas tun, damit Gott kommt. Gott kommt in die Welt, um sie heil zu machen. Niemand unter den Menschen könnte das. Kein noch so frommer Mann, keine noch so gottesfürchtige Frau. Gott schenkt sich, ohne Bedingungen. Weihnachten ist Frohbotschaft! Halleluja!
Sollen wir diese Predigt zum 4. Advent hier als eine besonders kurze Predigt einfach enden lassen? Und Lieder singen, eine Krippe aufbauen, die wir am heiligen Abend an den Weihnachtsbaum stellen? Das wäre möglich. Und doch möchte ich ein paar klärende Worte noch anfügen: Ich frage, warum machten Menschen aus der Frohbotschaft im Laufe der Zeit immer wieder eine Drohbotschaft? Ausgerechnet das größte und wunderbarste Geschenk, das Menschen jemals bekommen haben, wird in ein Ja, …aber ! verwandelt. Dass Gott in die Welt gekommen ist, um sie heil zumachen, wird genau in ihr Gegenteil verdreht: Es heißt dann bei manchen, die besonders fromm sein wollen: Du musst Dich zuerst ändern! Du musst dein falsches Verhalten einsehen! Du musst Dich bekehren! Damit aber schieben sich Menschen, ja ganze Kirchen zwischen Gott und die Menschen. Die Heilsbotschaft wird zum Unheil für den, der nicht glaubt, aus der Frohbotschaft wird eine Drohbotschaft. Mich ärgert das zutiefst, denn ich bin davon überzeugt, dass Gott ein menschenfreundlicher Gott ist, der als Erster auf die Menschen zugeht und ihre Herzen öffnet.
Wenn erst Bedingungen erfüllt werden sollen, damit Gott den Menschen nahekommt-, dann schafft er bloß Kriecher und Heuchler. Denn kein Mensch, – und das betone ich, kein Mensch! – kann nur gut, ja perfekt sein. Jeder Mensch hat dunkle Ecken. Und Gott weiß das. Er kennt uns ja, weiß, wie unsere Herzen schlagen. Gott macht immer den ersten Schritt, kommt in diese dunkle Welt, um sie zu erhellen. ER erwartet nicht, dass ihm das Paradies vorgespielt wird. Das hat ER ja schließlich selbst schon, daher kommt ER ja. Wie heißt es doch in dem Adventslied „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen“: „ER sieht dein Leben unverhüllt, zeigt dir zugleich dein neues Bild.“
Wie unzählig vielen Menschen ist die Liebe zu Gott ausgetrieben worden, weil ihnen Gott als drohender und strafender Richter eingebleut wurde. Es wurde Angst erzeugt, wo doch Freude angebracht ist. Ja Gott kommt, ja, ER sieht all das Unvollkommene, das Unfertige, Vernachlässigte. Ja, das erkennt ER, und das kann schmerzen. Doch ER kommt, um all das zu heilen. Wenn Gott mir das neue Bild zeigt, so, wie ich sein könnte, so wie ER mich sieht mit meinen Gaben, meinen Anlagen, kann ich danach leben. Ich kann Gott dankbar sein. Diese Liebe, mit der ER mich in diese Welt gesandt hat, darf ich ihm zurück geben. So kann ich Gott lieben, ich muss ihn nicht fürchten. Und was hat das dann mit meiner Lebensgestaltung zu tun? Mit meinen Mitmenschen? Der Welt, in der ich mit anderen Mitgeschöpfen lebe? Ich halte mich gerne an das bekannte Wort eines mittelalterlichen Mystikers: „Mach es wie Gott, werde Mensch!“
“Freuen Sie sich auf Weihnachten?” Damit beginnt die Predigt. Sie ist sinnvoll, weil viele sich auf Weihnachten freuen als Familienfest. Für viele ist es ein schwieriges Datum mit der Familie oder vereinsamt. Weihnachten will die Freude feiern über die Geburt Jesu! Gott kommt uns nahe wie sonst nie! Die frohe Botschaft wird den Hirten verkündet von dem Engel, und drei Könige sind schon deshalb unterwegs. Gott kommt selber in unsere dunkle Welt, um sie zu erhellen. Vielen ist heute diese Botschaft mit Drohugen ausgetrieben worden. Wir sollten mit Gottes Liebe Jesus empfangen und weiter verkündigen. Gott hat uns mit seiner Liebe in diese Welt gesetzt. “Mach es wie Gott, werde ein guter Mensch”. Eine erfreuliche Predigt zum Fest!