Zeugen gesucht
Woher wissen wir, was gut und richtig ist?
Predigttext: Johannes 1, 29-34 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017
29 Am nächsten Tag sieht Johannes, dass Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! 30 Dieser ist’s, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich. 31 Und ich kannte ihn nicht. Aber damit er offenbar werde für Israel, darum bin ich gekommen zu taufen mit Wasser. 32 Und Johannes bezeugte es und sprach: Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. 33 Und ich kannte ihn nicht. Aber der mich gesandt hat zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du siehst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist’s, der mit dem Heiligen Geist tauft. 34 Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist Gottes Sohn.
Gedanken zum Predigttext
In Johannes 1, 19 beginnt die erste Woche des Wirkens Jesu. Sie endet auf der Hochzeit zu Kana, in der Jesus Wasser in Wein verwandelt. In dem Predigtabschnitt kündigt Johannes der Täufer Jesus als den an, der kommen soll und immer schon war. An wen er sich dabei wendet, bleibt unklar.
Der Predigttext gehört zum Epiphaniasfest, an dem das Offenbarwerden Gottes in Jesus Christus gefeiert wird. Für uns stellt sich, gerade in unserer Zeit mit den unendlichen Sinnangeboten, neu die Frage, was uns Gewissheit im Glauben geben kann bei den vielfältigen möglichen Antworten.
Woher wissen wir eigentlich, dass das, was wir glauben, gut und richtig ist? Woher wissen wir, dass Jesus wirklich Gottes Sohn und Erlöser ist und nicht irgendein Scharlatan? Gibt es doch in unseren Zeiten ein riesiges Angebot von Religionen, Glaubensvorstellungen, sinnstiftenden Angeboten, dass die Frage berechtigt ist, ob denn wirklich Jesus, der christliche Glaube, das einzig Richtige sein solle. Leben wir nicht in einem Zeitalter der Beliebigkeit? Jeder und jede sucht die Angebote zusammen, die für ihn gerade zu passen scheinen. Im NDR haben wir eine Vorabendtalkshow, DAS, mit täglich wechselnden Prominenten auf dem roten Sofa, es ist immer wieder lehrreich, was Menschen alles glauben können.
Heute feiern wir den 1. Sonntag nach Epiphanias, dem Fest “Epiphanie”, der “Erscheinung, der Geburt Jesu”. Unsere katholischen Schwestern und Brüder begehen am 6. Januar das Dreikönigsfest, es ist durch die “Sternsinger” weltweit bekannt. In anderen Ländern wie in Russland und der Ukraine ist der 6. Januar das eigentliche Fest der Geburt Jesu.
“Siehe”, spricht Johannes, “das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt”. Es ist der Gottessohn, auf den hinzuweisen Johannes sich beauftragt weiß. Wer Jesus wirklich ist, wurde ihm zur Gewissheit, als er Jesus taufte: “Ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist Gottes Sohn”. Es war Gott, der Johannes zu dieser Erkenntnis führte. Darum lässt sie sich als “Vision” beschreiben: Gott hat ihn “sehen”, erkennen lassen, wer Jesus wirklich ist. Weil es sich dabei um ein subjektives Geschehen handelt, ist unsere menschliche Skepsis verständlich. Menschen können sich auf Visionen berufen, um ihr pures Machtstreben gegen alle Widerstände durchzusetzen. Die Rede von einem “Gottesstaat” und von “Gotteskriegern” instrumentalisiert Gott und pervertiert den gewaltlosen Einsatz für “Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung”.
Die Vision des Johannes lässt ihn Jesus nicht als machtvollen politischen Führer sehen, der seine Ziele mit Gewalt verfolgt, sondern als “Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt”. Dieses Bild erinnert an die Rede vom “Gottesknecht” im Jesajabuch, der wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt wird, leidet und stirbt; aber Gott hat angekündigt, ihn “das Licht schauen zu lassen” und dass er in der Welt “Gerechtigkeit schaffen werde” (Jesaja 53). So überwindet Jesus als Gottes Lamm und Gottesknecht den Graben zwischen Gott und der Welt.
Jesus trägt alles, was uns von Gott trennt. Denn wir tun selbst mit den besten Absichten immer noch das Falsche und werden schuldig. Jesus nimmt uns unsere Last der Schuld und Sünde ab und befreit uns zu seinen Zeugen der Liebe Gottes. Seine Zeugen beten mit seinen Worten: “Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern”.
Seit Johannes verbinden wir mit der Taufe die Gabe des Heiligen Geistes. Gottes Geist stärkt unseren Glauben, gibt uns Orientierung und schenkt uns die Gewissheit auf Wegen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Von dieser Gewissheit ist auch der Spruch zu Epiphanias, dem Fest der Erscheinung Jesu, beseelt: “Die Finsternis vergeht, und das wahre Licht scheint schon” (1. Johannes 2,8b).