Österliche Zeichen – Österliches Erkennen
Wir wünschen uns Antworten...
Predigttext: Lukas 24,13-34 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa sechzig Stadien entfernt; dessen Name ist Emmaus. Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten. Und es geschah, als sie so redeten und einander fragten, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten.
Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen. Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der Einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Tat und Wort vor Gott und allem Volk; wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben.
Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist. Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe. Und einige von denen, die mit uns waren, gingen hin zum Grab und fanden’s so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.
Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Musste nicht der Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?
Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften von ihm gesagt war.
Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.
Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen.
Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.
Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete? Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren; die sprachen:
Der Herr ist wahrhaftig auferstanden!
Ostern, liebe Gemeinde, ist das Fest der vielen Fragezeichen. Sobald wir einmal ein bisschen genauer hinschauen auf die Schilderungen aus dem neuen Testament, begreifen wollen, was, da damals wirklich geschehen ist – einen Blicke riskieren hinter unseren österlichen Frühlingsschmuck, die bunten Eier, die Schokohäschen uind die Blütenzweige in der Vase – sobald wir eindringen wollen ist den Sinn des Osterfestes auch für uns ganz persönlich, da sind sie auf einmal alle wieder da: die vielen Fragezeichen.
War das Grab wirklich leer? Wenn ja, wo war Jesus hin? Zu Gott – so wie wir es auch für uns und unsere Verstorbenen erhoffen? Das kann nicht sein. Warum wurde er dann von so vielen gesehen? Und dann bräuchten wir ja Himmelfahrt nicht!
War er noch auf der Erde? Wenn ja, warum erkannten ihn dann seine Jünger nicht? Ja, selbst Maria Magdalena – wie konnte sie ihn für den Gärtner halten?
Und als sie ihn begeistert erkannte – warum durfte sie ihn nicht umarmen?
Aber Thomas schon! Warum durfte ausgerechnet er, der Zweifler, die Hände in die Wundmale Jesu legen? Wie? Wo? Warum?
Ostern ist das Fest der vielen Fragezeichen. Wo finden wir Antworten?
Ich will nicht zuviel versprechen, aber ich behaupte einmal: Es gibt eine Ostergeschichte, die mehr Antworten gibt als Fragen aufwirft. Und das ist die Geschichte der beiden Emmausjünger.
(Lesung des Predigttextes Lukas 24,13-34)
Also noch einmal, wir wünschen uns Antworten – und keine neuen Fragen mehr an Ostern. Und ich behaupte, man könne sie in dieser Geschichte finden? Ja, das können wir.
Die Jünger waren unterwegs
Erschütterndes lag hinter ihnen. Erschreckendes und auch Enttäuschendes. Ihr Jesus, ihr großes Idol, ihre Hoffnung, ihr Heiland war gestorben., hingerichtet von den Machthabenden des Landes und der Religion. Kein Wunder, dass sie auf ihrem Weg von nichts anderem sprachen. Immer und immer wieder werden sie sich erzählt haben wie es war in den Tagen vor der Kreuzigung, sich gefragt haben, ob man es nicht hätte verhindern können.; was man hätte tun können, um Jesus zu retten. Und dann werden sich die beiden Jünger bestimmt auch gefragt haben, wie es jetzt weitergehen soll – mit ihrem neuen Leben – ohne Jesus.
Uns geht es ganz genauso. Was hinter uns liegt auf unserem Lebensweg, das wissen wir, was vor uns liegt, nicht. Und wie oft reden wir miteinander über das, was gewesen ist. Über Politik und Wirtschaft, private Probleme und natürlich über den Weltfrieden. Ob der Krieg in der Ukraine, die wieder aufflammenden Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästinensern nicht zu verhindern gewesen wäre. Was wir hätten tun können. Und wie das alles weitergehen soll.
Ein jeder und eine jede von uns hat solche Dinge, auf die wir zurückblicken. Wir sind unterwegs wie die Jünger von Emmaus, oft Erschreckendes und Unverständliches und natürlich auch Schönes liegen hinter uns, und was vor uns liegt, erscheint uns völlig ungewiss. Und in dem allen haben wir wie die beiden oft das Gefühl: Wir sind ohne Jesus unterwegs.
Da ist plötzlich Jesus an ihrer Seite
Sie erkennen ihn nicht. Jesus scheint ein Wanderer zu sein, der den gleichen Weg hat wie sie und das gleiche Ziel. Sie kommen miteinander ins Gespräch. Die beiden sind erstaunt: Dieser unbekannte Weggefährte tut zwar so, als wüsste er nichts von alle dem, was da in Jerusalem geschehen war und von ihrem Meister, der kurz vor dem Passahfest einen so grausamen Tod sterben musste. Andererseits aber kennt er sich erstaunlich gut aus in der Heiligen Schrift. Er fängt an, ihnen Mose und die Propheten zu erklären, und beantwortet ihnen die Frage, warum dies alles hatte so geschehen müssen, dass Jesus litt, gequält und gefoltert wurde, warum er sich nicht wehrte und warum er schließlich starb als Zeichen der Demut. Als Sieg der Liebe. Wie im Fluge vergeht die Zeit, und schon sind sie am Haus der Jünger angekommen. Da bitten sie ihn: Bleibe bei uns. Wir wollen mehr davon hören. Wir wollen mehr davon verstehen.
Erkennen wir denn immer sofort, wenn Christus auf unserem Weg an unserer Seite ist? Nein, eher nicht. Es geschieht aber, dass wir mit anderen in Gespräch kommen über den Glauben, über unsere Fragen und Nöte, und dass uns das Herz brennt – wie es hier heißt – wir finden Antworten. Da dringt Licht ins Dunkel der Fragen, und wir spüren deutlich: Jesu Geist in unserer Mitte!
Es geschieht, dass wir eine Predigt hören oder eine Radioandacht, dass wir einen Abschnitt in einem Buch lesen oder ein Kind uns etwas ganz einfach erklärt und wir spüren deutlich: Das betrifft mich selbst und es fühlt sich an, als spräche Christus selbst mit mir in diesem Augenblick. Es geschieht, dass wir einen Menschen an unserer Seite sehen, der Hilfe braucht. Da spüren wir es ganz deutlich: Jesu Ruf trifft mich hier uns jetzt! Wenn ich jetzt nicht helfe, dann ist mein ganzer Glauben nichts wert.
Wir erkenn Christus nicht an seinem Gesicht oder an seinem Gewand, aber wir erkennen ihn an der Macht und der Wirkung des Wortes, das er zu uns spricht. Albert Schweitzer hat ein solches Erleben in unnachahmlicher Weise so beschrieben:
„Als ein Unbekannter und Namenloser kommt er zu uns, wie er am Gestade des Sees an jene Männer, die nicht wußten, wer er war, herantrat. Er sagt dasselbe Wort: Du aber folge mir nach! und stellt uns vor die Aufgaben, die er in unserer Zeit lösen muß. Er gebietet. Und denjenigen, welche ihm gehorchen, wird er sich offenbaren in dem, was sie in seiner Gemeinschaft an Frieden, Wirken, Kämpfen und Leiden erleben dürfen, und als ein unaussprechliches Geheimnis werden sie erfahren, wer er ist …“ (Albert Schweitzer, Geschichte der Leben-Jesu-Forschung (UTB 1302), Tübingen 91984 (11913), S. 630).
Sie erkennen ihn
Das ist unverkennbar: Brot und Wein. Selbst wenn es ein völlig unbekannter ist. Wenn ein Mensch uns das Brot bricht, das Dankgebet darüber spricht und es austeilt, erkennen wir: Wer immer das auch ist, hier ist einer von uns. Das Brotbrechen ist ein unverkennbares Zeichen der Zugehörigkeit, der Verbindung aller Christen rund um den Erdball. Und auch wenn wir evangelischen und katholischen Christen uns leider noch immer entzweien an der Frage, wie denn nun genau Christus in den Gaben des Abendmahls verkörpert und zu verstehen ist, eines steht fest: Das gebrochene Brot und der geteilte Wein sind und bleiben das Zeichen der Gemeinschaft aller Christen und das Zeichen der Gegenwart Christi.
Wenn wir ihn auch sonst nirgendwo zu erkennen und zu finden glauben: Hier, wenn wir miteinander Abendmahl feiern, in unserer Kirche, um unseren Altar, dem Tisch des Herrn, dann ist er mitten unter uns. Wenn es uns gelingt, in diesem Augenblick der Gemeinschaft am Altar an nichts anderes zu denken und zu bitten: Herr, gib Dich mir zu erkennen. Dann werden wir spüren, wie seine Kraft und seine Liebe uns durchdringt. Kein Wunder also, dass ihn die Jünger jetzt erkannten. Jetzt war es offenbar: Der Auferstandene ist es, der da die ganze Zeit mit ihnen unterwegs war, ihnen die Schrift auslegte und ihnen das Geschehen der letzten Tage erklärte. Und sie haben es verstanden.
Er verschwindet vor ihren Augen.
Eigentlich schade. Ausgerechnet in dem Moment, als die Jünger Christus erkannt hatten, verschwindet er vor ihren Augen. Was hätten sie ihn jetzt noch alles fragen können! Noch einmal über alles sprechen – jetzt, wie sie wussten, wer er ist, und dass es der Auferstandene selbst ist, der mit ihnen am Abendbrottisch sitzt. Aber kaum hatten sie ihn erkannt, waren sie wieder unter sich.
Allein mit dem gerade Erlebten.
Allein mit den noch ungeklärten Fragen.
Allein mit ihrer fassungslosen Freude.
Allein – aber absolut überzeugt:
Es ist Christus gewesen. Und er lebt!
Sie waren so überzeugt, so begeistert, so glücklich, dass sie auf der Stelle kehrt machten und zurück liefen nach Jerusalem, um allen zu erzählen: Es ist wahr. Der Herr ist auferstanden!
Wir alle kennen diese seltenen und so wundervollen Momente, in denen wir uns Christus ganz nahe fühlen. Wo wir begreifen. Wo wir spüren: Er ist da. Und er ist nah. Aber auch uns gelingt es nicht, ihn fest zuhalten. Wir können seiner leider nicht habhaft werden weder in Bildern, noch in Kunstwerken, noch in prächtiger Kirchenmusik; weder in theologischen Büchern, noch in einer noch so gelungenen Predigt. Einzig und allein unser Herz kann ihn bewahren. Wenn wir Worte aus der Bibel hören, wenn wir miteinander darüber ins Gespräch kommen und wenn wir Brot und Wein miteinander teilen.
Da können wir ihn erkennen – hie und da – wie ein Licht, das uns unseren manchmal recht dunklen Weg erhellt. Und dann ist es an uns, dieses Licht für diesen Moment so tief in unser Herz aufzunehmen, wie es geht, und dann unseren Weg wieder tapfer weiterzugehen. Zwar ins Ungewissse hinein – aber mit der unerschütterlichen Begeisterung und dem festen Wissen: Der auferstandene Christus ist tatsächlich lebendig. Ich habe ihn nahe bei mir gefühlt. Ich habe verstanden, was er mir sagen wollte. Und nun weiß ich: Egal wohin wir gehen, er ist bei uns. Er ist hier bei uns alle Tage bis an das Ende der Welt.
Zu Beginn aktualisiert Pfarrerin Zager die Osterpredigt durch akzuelle Fragen und dann Antworten. Die Jünger waren nach der Kreuzigung erschüttert , so wie wir auf unserm Lebensweg auch oft erschüttert sind durch Verbrechen, Kriege und schwere Probleme. Die Jünger erkennen Jesus zuerst nicht. So wie es uns im intensiven religiösen Gespräch oder Gebet oder im Gottesdienst auch schon mal geht. Plötzlich erkennen wir an der Tiefe des Gesprächs oder der Predigt, beim Lesen der Bibel oder eines religiösen Zextes oder Buches , dass Jesus irgendwie bei uns war. Albert Schweitzer hat dazu ja mehrere wunderbare Beschreibungen gegeben , wie Jesus manchmal bei uns ist. ( Sollte man auswendig lernen ? ) Jesus verschwindet dann vorübergehend wieder. Aber er ist für uns da bis zum Ende der Weltgeschichte.Das hat Teilhard de Chardin unvergesslich uns deutlich gemacht. siehe auch den aktuellen Text von mir bei HL-live.de Stadtgeschehen.