„An Gottes Segen ist alles gelegen“
Vertrauen im Alltag
Predigttext: 1. Mose / Genesis 13,1-12[13-18] Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017
Abram und Lot trennen sich
1 So zog Abram herauf aus Ägypten mit seiner Frau und mit allem, was er hatte, und Lot mit ihm ins Südland. 2 Abram aber war sehr reich an Vieh, Silber und Gold. 3 Und er zog immer weiter vom Südland bis nach Bethel, an die Stätte, wo zuerst sein Zelt war, zwischen Bethel und Ai, 4 eben an den Ort, wo er früher den Altar errichtet hatte. Dort rief er den Namen des HERRN an. 5 Lot aber, der mit Abram zog, hatte auch Schafe und Rinder und Zelte. 6 Und das Land konnte es nicht ertragen, dass sie beieinander wohnten; denn ihre Habe war groß und sie konnten nicht beieinander wohnen. 7 Und es war immer Zank zwischen den Hirten von Abrams Vieh und den Hirten von Lots Vieh. Es wohnten auch zu der Zeit die Kanaaniter und Perisiter im Lande. 8 Da sprach Abram zu Lot: Es soll kein Zank sein zwischen mir und dir und zwischen meinen und deinen Hirten; denn wir sind Brüder. 9 Steht dir nicht alles Land offen? Trenne dich doch von mir! Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten, oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken. 10 Da hob Lot seine Augen auf und sah die ganze Gegend am Jordan, dass sie wasserreich war. Denn bevor der HERR Sodom und Gomorra vernichtete, war sie bis nach Zoar hin wie der Garten des HERRN, gleichwie Ägyptenland. 11 Da erwählte sich Lot die ganze Gegend am Jordan und zog nach Osten. Also trennte sich ein Bruder von dem andern, 12 sodass Abram wohnte im Lande Kanaan und Lot in den Städten jener Gegend. Und Lot zog mit seinen Zelten bis nach Sodom. [13 Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr wider den HERRN.
Der Herr wiederholt seine Verheißung an Abram
14 Als nun Lot sich von Abram getrennt hatte, sprach der HERR zu Abram: Hebe deine Augen auf und sieh von der Stätte aus, wo du bist, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen. 15 Denn all das Land, das du siehst, will ich dir geben und deinen Nachkommen ewiglich. 16 Und ich will deine Nachkommen machen wie den Staub auf Erden. Kann ein Mensch den Staub auf Erden zählen, der wird auch deine Nachkommen zählen. 17 Darum mach dich auf und durchzieh das Land in die Länge und Breite, denn dir will ich’s geben. 18 Und Abram zog weiter mit seinem Zelt und kam und wohnte im Hain Mamre, der bei Hebron ist, und baute dort dem HERRN einen Altar.]
Gedanken aus der Predigtvorbereitung
Abraham suchte bei der Trennung von Lot: Gerechtigkeit, Friede und Freude. Das, was nach Neutestamentlicher Lehre das Reich Gottes ausmacht. Die Gemeinschaft mit Gott hat auch in alttestamentlichen Zeiten die gleichen Früchte gezeigt wie in neutestamentlichen. Von daher kann das Verhalten Abrahams für uns, die wir den Prinzipien des Reiches Gottes durch unser Leben Geltung verschaffen wollen, direkt als Vorbild genommen werden. Lot versuchte seine Lebensperspektive durch günstige materielle Randbedingungen zu optimieren, Abraham hingegen suchte Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist. Die Predigt versucht, durch Nachzeichnen der Wege Abrahams und Lots den langfristigen Ausgang des Handelns nach diesen beiden konträren Ansätzen aufzuzeigen.
Politische Predigten sehe ich eher kritisch, weil sie schnell ins Partei-Politische rutschen. Dadurch steigt die Gefahr, gewisse Hörer/innnen vor den Kopf zu stoßen. Das Evangelium ist aber für alle da, unabhängig von ihren partei-politischen Auffassungen. Deshalb sollten sich politische Aussagen auf biblisch-theologisch gesetzte Fakten und Grundaussagen beschränken, wie etwa den Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung, die Sorge um Gerechtigkeit, die Segenszusage Gottes für sein Volk. Die konkrete Ausgestaltung des daraus resultierenden politischen Handelns ist meist ambivalent – da alles Handeln zwischen den Polen Gut und Böse agiert und deshalb schnell ambivalent wird – und sollte Gegenstand politscher Diskussionen und nicht Inhalt einer Gemeindepredigt sein.
Das Proprium des Sonntags (Nächsten- oder gar Feindesliebe, Böses mit Gutem überwinden, Einsatz für Frieden) wird mit dem Hinweis auf die Friedensliebe Abrahams in der Predigt nur knapp gestreift. Es wird aber die Verlässlichkeit von Gottes Segen ausgemalt, auf der der innere, persönliche Friede wachsen kann, der die Voraussetzung für das Suchen von äußerem Frieden ist. Da Abraham der den Hörern vertrautere Name ist, wird dieser in der Predigt verwendet, obwohl im biblischen Predigttext noch der Name Abram verwendet wird.
Die Paul-Gerhardt-Gemeinde in Mannheim hat einen Kernbestand an regelmäßigen Gottesdienstteilnehmenden, bei denen eine gewisse Bibelkenntnis vorausgesetzt werden kann.
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“, so dichtete Heinrich Heine in seinen Nachtgedanken. Mir geht es auch immer wieder so. Viele von uns spüren in ihrem Alltag die Probleme unseres Landes, die in den letzten Jahren mehr und mehr angewachsen sind. Vielleicht kennen Sie ja auch den offenen Brief, den die Oberbürgermeister von Tübingen, Esslingen und Schwäbisch Gemünd vor drei Wochen an den Bundeskanzler geschickt haben? Auf 14 Seiten wird dort kurzweilig und anschaulich an bitterernsten Beispielen dargestellt, wo und woran es bei uns krankt und warum es nicht voran geht – es werden aber auch Vorschläge gemacht, was man ändern sollte. Aber bei alldem, was schiefläuft: Wenn wir bedenken, dass unser Land vor knapp 80 Jahren in Schutt und Asche lag, dann ist es doch beeindruckend, wie gut es uns heute geht! Im internationalen Vergleich der Länder stehen wir weit vorn. Dafür gibt es sicher mehrere Gründe.
I
Für mich, als jemand, der mit dem lebendigen Gott rechnet und mit der Bibel lebt, ist ein wichtiger Grund dieser: Unser Land steht an der Seite Israels! Das ist für mich ein wesentlicher Grund dafür, dass es uns trotz allem, was bei uns verkehrt läuft, gut geht. Und dass es bei uns weiter gut gehen wird, solange wir zu Israel stehen. Denn Gott hat Abraham zugesagt: „Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen.“ Das ist eine Segenszusage Gottes, die zunächst den Nachkommen von Abraham, Isaak und Jakob, also dem Volk Israel gilt. Paulus nennt sie Kinder der Verheißung. Und das ist eine Segenszusage Gottes, die auch denen gilt, die keine Juden sind, aber dem Gott der Bibel vertrauen. Paulus sagt: „Die aus Vertrauen leben, das sind Abrahams Kinder“. Auch wir sind Abrahams Kinder, und zwar durch den Glauben an den Juden Jesus Christus, der durch den Heiligen Geist in uns lebt. Diese Segenszusagen Gottes sind sehr alt, aber sie sind unwiderruflich, sie gelten noch heute. Und ich vertraue ihnen. Der Predigttext für den heutigen Sonntag zeigt an einem konkreten Beispiel aus dem Leben Abrahams, wie sich solches Vertrauen im praktischen Alltag auswirken kann.
(Lesung des Predigttextes 1. Mose / Genesis 13,1-12[13-18])
Abraham war Gottes Aufforderung gefolgt, in ein anderes Land zu ziehen. Gott hatte ihm zugesagt, er wolle ihn dabei segnen und ihn zum Segen sein lassen. Abraham hatte sich auf diese Zusage eingelassen und war losgezogen. Mit dabei war Lot, sein Neffe, dessen Vater früh verstorben war. Es war eine interessante Konstellation. Irgendwie gehörte Lot dazu, aber trotzdem war er unabhängig und selbständig. Ihn scheint das Lebenskonzept, dem Abraham mit seinem Auszug in ein anderes Land folgte, überzeugt, zumindest aber zugesagt zu haben. Auch wenn der direkte Umgang und Verkehr mit Gott wohl nicht so seine Sache war. Aber auch Lot hat Gott vertraut, denn das Neue Testament nennt ihn einen „Gerechten“.
So war Abraham mit Gott auf dem Weg – und Lot war dabei. Auch als Schwierigkeiten aufkamen, wie eine Hungersnot. Abraham zog deshalb nach Ägypten. Das war keine gute Idee von Abraham. Doch Gott war dabei und hatte in Allem und über Allem seine Hand. Zum Schutz von Sara, Abrahams Frau, plagte Gott den Pharao und sein Haus mit großen Plagen, so dass der Pharao ihn mit seiner Frau unversehrt zurückschickte. So kam Abraham sehr reich an Vieh, Silber und Gold zurück in das Land, das Gott ihm zugesagt hatte. Mit ihm Lot, der auch Schafe und Rinder und Zelte hatte.
Zwischen den Hirten von Abrahams Vieh und von Lots Vieh kam dann Streit auf, weil es zu viel Vieh war, um es beieinander zu weiden. Das war nicht nur ein einmaliger Vorfall, sondern dieser Streit wurde zum Dauerzustand. Dies missfiel Abraham, der durch sein Vertrauen auf Gott seinen persönlichen Frieden gefunden hatte. Er suchte, auch im Klan den Frieden wiederherzustellen und kam zu dem Schluss, dass eine Trennung wohl unausweichlich wäre. Leicht war es für Abraham sicher nicht, sich von Lot zu trennen. Denn er spürte eine gewisse Verantwortung für ihn. Und er wird auch wahrgenommen haben, dass Lot, was seine Gottesbeziehung angeht, ein Stück weit von Abraham abhängig war.
Bei der Trennung zeigt Abraham Größe. Eine Größe, die aus seinen Erfahrungen mit Gott gewachsen ist. Er hatte erfahren, dass Gott dabei ist, d.h. dass Gott für ihn dabei ist. Selbst wenn er Dinge nicht richtig tun würde und es deshalb Schwierigkeiten gäbe, Gott wird dabei sein und wird es richten. In diesem Vertrauen tritt er mit seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen zurück und lässt Lot wählen, wohin er gehen will, um sein Vieh weiden zu lassen. Er denkt vielleicht, dass Lot ohne ihn dort am besten klarkommt, wo er sich am wohlsten fühlt. Lot wählt die außerordentlich attraktive Lage im Jordantal und zieht mit allem, was zu ihm gehört, dorthin und lässt sich nieder.
II
Nun ist Abraham allein. Steht er jetzt dumm da, als Loser? Auf jeden Fall steht Abraham nicht allein da, denn Gott ist da. Er erscheint ihm und fordert ihn auf, seine Augen aufzuheben und das Land wahrzunehmen, das er sieht. Bei der Trennung hatte Lot auch, aus eigenem Antrieb, seine Augen aufgehoben und geschaut und verglichen und abgewogen und sich für das Beste entschieden. Doch nun fordert Gott Abraham zum Schauen auf und sagt ihm alles als Eigentum zu, was er sehen kann. Alles! Ihm und seinen Nachkommen. Da ist sie wieder: Gottes Fürsorge und die Bestätigung seiner einmal gegebenen Zusage, ihn zu segnen, auch wenn die Situation momentan gar nicht so danach aussieht.
Abraham lag der Friede am Herzen, hier der Friede zwischen seinem Haus und dem Haus seines Neffen. Der Friede hatte für ihn Priorität. Die Folgen überließ er Gott. Und er erfuhr nun, dass Gott bei der Trennung dabei gewesen war und die daraus für ihn, für Gott, entstehenden Aufgaben erkannt und angenommen hat. Gott würde es richten. Abrahams Aufgabe war jetzt nur noch, das Land zu durchziehen, dass dereinst mal ihm und seinen Nachkommen gehörten würde. Das tat er. Und er baute dort, wo er dann lebte, Gott einen Altar. Die Gemeinschaft mit Gott war Abraham wichtig, ohne die konnte und wollte er nicht leben. Noch einen Blick auf die weitere Entwicklung, die dieser Trennung folgte:
Abraham, der intensiven Kontakt und Austausch mit Gott pflegte, brauchte in der Folgezeit sehr viel Geduld. Sein Glaube wurde immer wieder auf die Probe gestellt, aber nie enttäuscht. Denken wir daran, wie lange er auf den verheißenen Sohn warten musste. Oder an die herausfordernde Situation, wo er ihn scheinbar Gott als Opfer bringen sollte und sein Vertrauen zu Gott so groß war, dass er sich auf die Opferung einließ, nicht wissend, wie es ausgehen würde. Es gab auch immer wieder Dinge, die nicht optimal liefen. Denken wir z.B. an die Sache mit Hagar und Ismael, wo Abraham meinte, nun doch selbst nachhelfen zu müssen. Doch Gott war auch in diesen Situationen immer dabei und hat alles gerichtet. Nach mehreren Jahrhunderten konnten dann schließlich die Kindeskinder Abrahams in das Land einziehen, das Gott ihm versprochen hatte. Und in dem sie heute wieder leben können, zumindest teilweise.
III
Wie ging es mit Lot weiter? Von ihm lesen wir nicht, dass er die Gemeinschaft mit Gott gesucht und gepflegt hätte. Das Neue Testament sagt, dass er dort, wo er für sich ausgewählt hatte zu leben, seine gerechte Seele quälte durch alles, was er mitansehen und mitanhören musste. Zwei Begebenheiten werden noch von ihm berichtet: Lot kam mit den Bürgern von Sodom, wohin er gezogen war, durch einen verlorenen Krieg in Gefangenschaft. Abraham nahm in diesem Moment wieder seine für ihn gefühlte Verantwortung wahr und befreite ihn mit allen anderen daraus.
Die Bosheit der Leute Sodoms war so groß, dass Gott beschloss, sie zu verderben. Gott und Abraham pflegten aber ein so vertrautes Verhältnis, dass Gott seinen Plan zuvor mit Abraham besprach. Dabei bittet Abraham um Erbarmen für die Stadt wegen der Gerechten, die dort wohnen. Wenn zehn Gerechte darin wohnen würden, so sollte Sodom nicht vernichtet werden. Doch die gab es nicht. Gott rettet auf die Fürsprache Abrahams hin nur Lot, seine Frau und seine beiden Töchter. Vier Personen. Selbst die zukünftigen Schwiegersöhne sind nicht dabei. Lots Frau kommt bei der Flucht ums Leben. Die Geschichte Lots endet in einer Höhle im Gebirge. Seine Söhne, die Stammväter der Moabiter und der Ammoniter zeugte er in volltrunkenem Zustand durch Inzucht mit seinen Töchtern.
Jahrhunderte später, als die Nachkommen Abrahams endlich auf dem Weg in das ihrem Stammvater verheißene Land waren, hatten die Nachkommen Lots, die Moabiter und die Ammoniter, Angst vor ihnen und stärkten sie nicht mit Brot und Wasser. Vielmehr versuchten sie, Israel durch Bileam mit einem Fluch belegen zu lassen – was Gott aber unter keinen Bedingungen zuließ. Im Gegenteil, der Segen Israels wurde durch Bileam dreifach bestätigt. Wegen dieses feindseligen Verhaltens verfügte Gott im Gesetz, dass kein Moabiter und kein Ammoniter in die Versammlung des Herrn kommen dürfte, auch nicht in der zehnten Generation, niemals. In der späteren Geschichte Israels wurden die Moabiter und die Ammoniter dann auch zu expliziten militärischen Feinden Israels.
Damit endet die Geschichte Lots, der mit Abraham mitgegangen war, der die Sache mit Gott durchaus nicht schlecht fand und selbst auch gerecht war, doch nicht die aktive und beständige Gemeinschaft mit Gott suchte. Sie endet mit dem Ausschluss seiner Nachfahren aus der Gemeinde des Herrn und mit andauernder Feindschaft. Doch ganz zu Ende ist die Geschichte der Kinder Lots und Abrahams damit doch noch nicht. Denn der Gott des Alten Testamentes ist der Gott, der sich immer wieder als geduldig und gnädig zeigt, als der, der Missetat und Übertretung vergibt. Dies wird in diesen Zusammenhängen konkret am Beispiel von Ruth, einer Frau in Moab, einer Nachfahrin Lots, die sich bewusst dafür entschied, mit dem Gott Abrahams leben zu wollen. Sie wurde nicht nur in die Gemeinde des Herrn aufgenommen – und zwar schon nach fünf Generationen –, sondern sie erhielt an prominenter Stelle der Heiligen Schrift, in Matthäus 1, im Geschlechtsregister Jesu Christi, einen Platz als seine Stammmutter.
Auf die Segenszusagen unseres barmherzigen Gottes können wir uns verlassen. Sie sind alt, doch sie stehen seither fest. Für Israel, das Volk der Verheißung. Für die, die Israels Wohl suchen. Und für alle, die in ihrem Leben auf den lebendigen Gott vertrauen.