Predigt

Höhe, Breite, Tiefe - Einen Glauben und eine Berufung teilen, eines Herzens und eines Sinnes

Glauben Christen an die Trinität, und was glauben sie dann?

Predigttext2.Korinther 13,11-13
Kirche / Ort:Aachen
Datum:15.06.2014
Kirchenjahr:Trinitatis (Dreieinigkeitsfest)
Autor:Pfarrer Manfred Wussow

Predigttext: 2. Korinther 13,11-13 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

11 Zuletzt, liebe Brüder, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. 12 Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Heiligen. 13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Homiletisch-exegetische Vorüberlegungen

Panorama

Trinitatis, unmittelbar an Pfingsten angehängt, fristet ein Schattendasein im Kirchenjahr, obwohl es eigentlich doch d a s Fest ist, in dem der christliche Glaube alles (und sich) findet – und alles (sich auch) verlieren kann. Die Sonntage, die nach Trinitatis gezählt werden, gelten als festlose (oder glanzlose) Zeit. Es gibt nichts zu feiern. Sommerloch eben. In den überaus vielfältigen Traktaten „de trinitate“ haben die Gelehrten die Hochform dogmatischer Vergewisserung angestrebt und kunstvoll dargestellt. Der Traditionsbruch ist nicht zu übersehen: der moderne Mensch (wer auch immer der ist), sieht nur die spekulative Seite der Theologie, die das Leben nicht angemessen abbildet bzw. die Realität verliert.

Die Gottesfrage „allein“ gilt schon als schwierig – wie viel schwieriger die Behauptung, Gott sei „dreifaltig einer“. Das interreligiöse Gespräch mit der jüdischer Theologie, dann auch mit dem Islam beispielsweise gerät schon seit Jahrhunderten ständig an seine Grenzen. Viele Predigten spiegeln auch im Gottesdienst die Hilflosigkeit wider. Glauben Christen an die Trinität? Und was glauben sie dann?

Auffällig ist, dass sprachlich wie denkerisch in unserem Kulturkreis ständig „Dreisätze“ formuliert werden – vielleicht weil alles nur trinitarisch sagbar ist? Ein Satz, eine Bemerkung, eine These reichen nicht – mit dreien kommt man der Wahrheit näher. Lässt sich ein Sachverhalt so angemessener darstellen? Ist dann selbst eine Abwägung abgewogener? Ein Ganzes fassbarer? Ein Lesehinweis: Klaus Hemmerle, Thesen zu einer trinitarischen Ontologie, 1992 (nur noch antiquarisch erhältlich), ders., Glauben – wie geht das? Wege zur Mitte des Evangeliums, 1976, dazu: Thorsten Obst, Das Heilige und das Denken: Untersuchungen zur Phänomenologie des Heiligen bei Klaus Hemmerle, 2010

Text

Es ist der Schluss des 2. Korintherbriefes, der uns an Trinitatis in diesem Jahr anvertraut und zugemutet wird. Der Brief selbst ist ein Dokument heftiger Auseinandersetzungen und polemischer Zuspitzungen. Paulus ist umstritten, sein Führungsanspruch alles andere als akzeptiert. Umgekehrt scheut sich Paulus nicht, die Trennlinien zu benennen und auf Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen. Der Brief ist auch argumentativ und rhetorisch ein Kunstwerk – für eine anspruchsvolle und diskussionsfreudige Gemeinde. Von einer wohlwollenden Distanz kann keine Rede sein, eher von einem großen Ringen. Korinth ist ein Schmelztiegel, gesellschaftlich wie sozial, religiös wie wirtschaftlich. Die kleine Gemeinde ist schnell in Zerreißproben geraten. Sie ist auch in der Gefahr, sich zerreißen zu lassen und dabei auch noch mitzuhelfen. Die drei Schlussverse geben dem Brief einen versöhnlichen Klang und führen die Gemeinde aus Krisen und Engen heraus.

Neben einer – letzten – Ermahnung stehen der Gruß der Heiligen und der Segenswunsch des Apostels. Die Ermahnung lässt zwar manches noch einmal sichtbar werden, aber das letzte Wort hat der Gott der Liebe und des Friedens – dazu passt dann auch der „heilige Kuss“. Diese Schlusspassage korrespondiert dem Briefanfang: „Paulus, ein Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, an die Gemeinde Gottes in Korinth samt allen Heiligen in ganz Achaja: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus“ (1,1f.) . So sehr 2. Kor.1,2 und 13,13 Belegstellen für eine sich bildende Trinitätstheologie geworden sind – sie entziehen sich der Dogmatik gleich wieder. Einer konkreten Gemeinde in ihren konkreten Herausforderungen wird ein Segen zugesprochen. 2. Kor. 13,13 beschließt zwar den Brief, öffnet ihn gleichzeitig aber auch für neue Erfahrungen.

Während dogmatisches Denken von Einzelfällen abstrahiert und zeitlose Sätze zur Welt bringen möchte, die gleichsam für die Ewigkeit formuliert werden, ist der Brief des Apostels Paulus (nur) eine Gelegenheitsschrift, die eine Gemeinde aus Engen herausführt in die Weite der Liebe Gottes, die allem vorangeht (2. Kor. 1,3ff.) . Edmund Schlink hat – als Dogmatiker – von der liturgischen Dignität des Dogmas gesprochen.

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Heinz Janssen
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