Predigt

„Aber Gott gedachte es gut zu machen …“

Begegnung auf Augenhöhe

Predigttext1. Mose / Genesis 50,15-21 (mit exegetischen Hinweisen und Gestaltungsideen)
Kirche / Ort:Schriesheim b. Heidelberg
Datum:27.06.2021
Kirchenjahr:4. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrerin Susanne Best

Predigttext: 1. Mose / Genesis 50, 15-21 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

15 Die Brüder Josefs aber fürchteten sich, als ihr Vater gestorben war, und sprachen: Josef könnte uns gram sein und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben. 16 Darum ließen sie ihm sagen: Dein Vater befahl vor seinem Tode und sprach: 17 So sollt ihr zu Josef sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, dass sie so übel an dir getan haben. Nun vergib doch diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters! Aber Josef weinte, als man ihm solches sagte. 18 Und seine Brüder gingen selbst hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte. 19 Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes statt? 20 Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. 21 So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.

Exegetische Vorüberlegungen zum Predigttext

Die Josephsgeschichte in Genesis 37-50 ist eine von Anfang bis zum Ende in sich organisch zusammenhängende Geschichte im Sinne einer Novelle und enthält sowohl jahwistische als auch elohistische Passagen. Sie ist der biblischen Weisheitsliteratur zuzuordnen und wurde vielfach rezitiert, am bekanntesten durch Thomas Mann.

Gerhard von Rad resümiert in seinem Genesiskommentar, 360: „Das Walten Gottes zum Heile der Menschen durchzieht kontinuierlich alle Lebensbereiche und es umgreift sogar das Böse der Menschen, indem es die Planungen des Menschenherzens, ohne sie zu hemmen oder sie zu entschuldigen, seinen göttlichen Zielen dienstbar macht.“

Die Geschichte verweist das Handeln Gottes in eine radikale Verborgenheit, Ferne und Unerkennbarkeit, die in Gen.genhöhe50, 20 in die bekannten Worte zielen: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“

Unser Textabschnitt ist dem Abschluss der Josephsgeschichte zuzurechnen. Voran geht der Tod Jakobs und sein Begräbnis in Kanaan. Mit dem Tod des Erzvaters kommen alle angeblich geordneten Verhältnisse und Sicherheiten wieder ganz neu ins Wanken. Die Brüder schicken zunächst einen Boten vor, bevor sie sich selbst unter die Augen Josephs trauen. Sie gehen vor Joseph auf die Knie, wodurch sich die Träume von Joseph aus Gen.37 erfüllen.

Joseph zeigt Emotion. Er weint! Warum bleibt unklar! Viele Ausleger, Exegeten und Predigten thematisieren Schuld und Vergebung in diesem Textabschnitt aus Gen.37. In dieser Predigtmeditation soll Gen 37,20 im Sinne eines Resümées und ganz neuen Bewertung des Vergangenen auf der Grundlage eines tiefen, vertrauensvollen Verhältnisses und Glaubens an einen liebevollen Gott und Vater betrachtet werden. Das Verb „chaschaw“ von „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen“ wird noch einmal, aber in neuer Bedeutung, nämlich, im Sinne von „umdenken“ verwendet, wenn es heißt: „aber Gott gedachte es gut zu machen.“ Damit wird am Ende der Geschichte das Handeln Gottes in ganz neuer Perspektive betrachtet.

Ideen zur Gestaltung

- Glaubensbekenntnis von Dietrich Bonhoeffer mit der Passage: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann und will…. .“

- Martin Luther King: „Wenn unsere Tage verdunkelt sind und unsere Nächte finsterer als tausend Mitternächte, so wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt eine große, segnende Kraft gibt, die Gott heißt. Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er kann das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln – zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit.“

- Paulus in Röm.8,28: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.“

- Sprichwörter: Gott schreibt auch auf krummen Linien gerade. / Der Mensch denkt – Gott lenkt!

- Liedruf und Kanon während Fürbittgebet: „Du verwandelst meine Trauer in Freude, Du verwandelst meine Ängste in Mut. Du verwandelst meine Sorge in Zuversicht! Guter Gott, Du verwandelst mich!“

Weiterführende Literatur

Gerhard von Rad, Das erste Buch Mose. Genesis, in ATD 2-4, Göttingen und Zürich, 1987.

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Heinz Janssen
Heidelberger Predigt-Forum