„Ach, bleibe doch, mein liebstes Leben…"
Im Himmel - Aufgehoben bei Gott
Predigttext | Lukas 24, (44-)50-53 |
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Kirche / Ort: | Hamburg |
Datum: | 18.05.2023 |
Kirchenjahr: | Christi Himmelfahrt |
Autor: | Pastor Christoph Kühne |
Predigttext: Lukas 24, (44-)50-53
Gedanken beim ersten Lesen
Es ist wie in einer Schulklasse: der Lehrer erklärt den Schülern, worum es geht – und die Kinder verstehen. Es ist geballte Theologie, die wir da lesen. Es ist die Aussendung der Jünger, die allerdings erst noch in Jerusalem bleiben und auf „die Kraft aus der Höhe“ warten sollen.
Und dann führt Jesus seine Jünger hinaus – bis nach Bethanien, etwa 2,7 km südöstlich von Jerusalem, an der Ostseite des Ölbergs. Ist dieser Ort ein Zufall? Dort wohnten die Geschwister Maria, Martha und Bruder Lazarus, den Jesus „auferweckt“ hat. Vielleicht ist Jesus dort von Johannes getauft worden.
Jesus hebt die Hände auf und segnet seine Jünger. Und in diesem Augenblick „schied er von ihnen“. Eine Variante spricht von einer „Himmelfahrt“. Die Jünger beten ihn auf den Knien an. Haben sie das vorher schon einmal getan? Erwarten würde ich jetzt Trauer über den Abschied. Aber das Gegenteil geschieht: Sie sind fröhlich und kehren wieder nach Jerusalem zurück. Dort sind sie „allezeit“ im Tempel, wo sie Gott preisen. Warum? Weil Jesus nicht mehr da ist?
Anmerkungen zum Predigttext
47 Koinä, latt: (dass verkündigt wird) Buße UND Sündenvergebung; Text: P75, B (s. Mk 1,4) 48 Koinä: ihr SEID Zeugen; im Text redet Jesus die Jünger schon als Apostel an; sie werden es nicht erst jetzt; Text: P75, B 49 Gegenüber der Koinä, P75 schickt Jesus die „Verheissung des Vaters“ aus sich heraus D (Bezae V/VI), P75 bezeichnen die Verheissung Jesu und nicht des Vaters 51 nur D: Scheidung Jesu von seinen Jüngern – statt sich entfernen; nur bei Luk Koinä, P75, lat: und er wurde aufgenommen in den Himmel; wörtliches Zitat aus 2 Kön 2,11 (Himmelfahrt des Propheten Elia); auch Mk 16,19 – mit Erweiterung sedes dextera; Text: Sinaiticus, D 52 Koinä, P75, lat fügen hinzu: sie fielen vor ihm auf die Knie; übernommen aus Mt 28,17? (Proskyese sonst nicht bei Luk); Text; D (Bezae V/VI) 53 D ersetzt das Benedictus der Jünger durch „Gott loben“ – vgl Halleluja; Koinä, lat fügt dieses Loben der Eulogie bei; Text H (auch Sinaiticus IV)
Leitwörter
44 Es ist notwendig, dass alles, was im Tanach steht, „erfüllt“ wird 47 „Umkehr zur Vergebung der Sünden“ ist nach Mk 1,4S der Inhalt der johannäischen Taufe; wer „umgekehrt“ und getauft ist, ist aus dem Gefängnis der Sünden entlassen; dabei geht es JohBapt um die Erfüllung des Gesetzes – Jesus dagegen um die Nachfolge 49 „Die Verheißung meines Vaters“ oder (Var:) Meine Verheißung; „Verheißung“ bei den Synoptikern nur hier und in act, sonst ein wichtiger Begriff des Paulus Apg 13,32 wandelt Paulus die Verheißung (epangelia) in das Evangelium (1. Missionsreise) 50 Bethanien = Armenhaus; Bethanien südöstlich von Jerusalem, an der Ostseite des Ölbergs, etwa 15 Stadien (ca. 2,7 km) von Jerusalem entfernt (Joh 11,18), ist der Heimatort der Geschwister Maria, Martha und Lazarus (Joh 11,1). Aus Bethanien stammte der Esel, auf dem Jesus in Jerusalem einzog. Auch übernachtete Jesus dort (Mk 11,1). In Bethanien lag auch das Haus Simon des Aussätzigen (Mt 26,6). Mit der Auferweckung des Lazarus ist die „Auferstehung“ Jesu vorbereitet. 51 „sich entfernen“ – nur hier und Act 27,28: Jesus ist „weg“; dies wird verstärkt durch „und er wurde in den Himmel aufgehoben“ – fehlt in vielen Texten; Zitat aus 2 Kön 2,11: Himmelfahrt des Propheten Elia, der als Vorläufer des Messias gilt. 51+52 Segnen = benedicere, hebr barakh: „mit heilvoller Kraft begaben“ (LNT III 1120), gegen die zerstörerische Kraft des Fluchs. Hier ist weder der priesterliche Segen noch der Erbsegen der Vätererzählungen gemeint sondern der Abschiedssegen. „Der Inhalt des Segens ist das Mitsein des Erhöhten mit seiner Gemeinde, wie es das bei Mt an entsprechender Stelle stehende Wort exakt zum Ausdruck bringt: „Ich bin bei euch alle Tage …“ (Mt, 28,28; vgl. Gen 26,3)“ (LNT III 1125).
Gedanken zur Predigt
- (Jerusalemer Bibel:) „Es wird der Eindruck erweckt, dass sich alles am gleichen Tage, am Auferstehungstag, abgespielt habe“ (zu Luk 24,44ff)
- S. Bach formuliert in seinem Oratorium den Schmerz des Abschieds (3. Rezitativ Bass) und die sehnlichste Bitte, Jesus möge bei den Jüngern bleiben (4. Aria Alto, die an die H-Moll-Messe erinnert); der Schmerz über die Trennung ist übergroß (7b Rezitativ Alto), aber der Jünger weiß, dass „ich doch beständig …, Jesu, deine Gnadenblicke … sehn (kann)“; denn „deine Liebe bleibt zurück, dass ich mich hier in der Zeit an der künft´gen Herrlichkeit schon voraus im Geist erquicke, wenn wir einst dort vor dir stehn“ (so die Aria Soprano); und die Gemeinde singt: „Du Tag, wann wirst du sein, dass wir den Heiland grüßen, dass wir den Heiland küssen? Komm, stelle dich doch ein!“ So wandelt sich der Abschiedsschmerz in sehnsüchtiges Erwarten des „Heilands“
- V 46: „So stehts geschrieben, kein Text erklärt explizit, dass der Messias leiden müsse, und Luk zitiert auch keine spezielle Bibelstelle (NT – jüdisch erklärt 179).
- V 47 Buße zur Vergebung der Sünden: „im Judentum wurde geglaubt, dass Gott immer bereit ist, dem Reumütigen zu vergeben“ (aaO 179); hier schlägt die Verkündigung von dem Täufer Johannes durch (Mk 1,4) und damit die (christliche) Taufvorstellung von Luk.
- (V 50-53) eulogein: Christus segnet die Jünger, und die Jünger „antworten“ mit ihrem Lob Gottes – in cod D mit einem eigenen Wort versehen (aineoo). eulogein zeigt die Verbindung vom Auferstandenen und den Jüngern: Christus: Ich bin bei euch alle Tage (Mt 28,28, vgl. auch Gen 26,3), und die Gemeinde „lobt“ ihn dafür.
Literatur
Hg. von Breitkopf, J.S. Bach, Himmelfahrtsoratorium (1735?). - Hg. Lothar Coenen, Theologisches Begriffslexikon zum NT, 3. Aufl. 1972. - Eugen Drewermann, Dass alle eins seien, Zürich 1997 – bes. „Zu Christi Himmelfahrt“ S. 22-26. - E. Drewermann, Tiefenpsychologie und Exegese Teil II, 2. Aufl. 1986 – bes. „Die Himmelfahrt des Elisa“ S. 423-435. - Hg. Wolfgang Kraus u.a., Das Neue Testament – jüdisch erklärt, Stuttgart, korrigierter Druck 2022.
Lieder
Weil wir von Hilfe leben, Text: Eckart Bücken, Melodie: Peter Janssens EG 153 Der Himmel, der ist, Text: Kurt Marti, Melodie: Winfried Heurich Unfriede herrscht auf der Erde, Text und Melodie: Zofia Jasnota