Predigt

Anlass zu staunen

Die Welt braucht nicht unterzugehen – das Leben kann uns aufgehen

PredigttextJohannes 1, 19-28
Kirche / Ort:Lutherkirche / Karlsruhe / Evangelische Landeskirche in Baden
Datum:23.12.2012
Kirchenjahr:4. Sonntag im Advent
Autor:Pfarrerin Ulrike Krumm

Predigttext: Johannes 1, 19-28 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

19 Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden zu ihm sandten Priester und Leviten von Jerusalem, dass sie ihn fragten: Wer bist du? 20 Und er bekannte und leugnete nicht, und er bekannte: Ich bin nicht der Christus. 21 Und sie fragten ihn: Was dann? Bist du Elia? Er sprach: Ich bin's nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein. 22 Da sprachen sie zu ihm: Wer bist du dann? dass wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben. Was sagst du von dir selbst? 23 Er sprach: „Ich bin eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Ebnet den Weg des Herrn!“, wie der Prophet Jesaja gesagt hat. 24 Und sie waren von den Pharisäern abgesandt, 25 und sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Warum taufst du denn, wenn du nicht der Christus bist noch Elia noch der Prophet? 26 Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser; aber er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennt. 27 Der wird nach mir kommen, und ich bin nicht wert, dass ich seine Schuhriemen löse. 28 Dies geschah in Betanien jenseits des Jordans, wo Johannes taufte.

Exegetische und homiletische Einführung

Der Abschnitt ist ein retardierendes Moment innerhalb des ersten Kapitels des Johannesevangeliums; am Sonntag vor dem Heiligabend wirkt er als retardierendes Moment vor dem Weihnachtsfest. Es geht um Johannes, (noch) nicht um Jesus. Johannes muss sich vor Leuten verantworten, die Macht haben, andere, nämlich Priester und Leviten, in die Wüste zu schicken. Diese Macht hatten die Pharisäer (V. 24) zu Jesu Zeit eigentlich nicht. Eher spiegelt sich hier die zunehmend pharisäisch dominierte Restaurationsarbeit nach der Tempelzerstörung 70 n.Chr. und damit der Kontext des Evangelisten. Die Situation wird als Gerichtssituation vorgestellt. Die erste Frage „Wer bist du?“, ist nur scheinbar allgemein. Johannes scheint zu wissen, dass die Priester und Leviten die Gerüchte aufgreifen, die über ihn in der Luft liegen. Getrauen sich die Frager nur nicht, den Christustitel in den Mund zu nehmen, als ob dadurch das Gerede über ihn wahrer werden würde?

„Bekennen“ und „nicht leugnen“ sind starke Worte, die Eindeutigkeit und Vehemenz ausdrücken. Mit dem Propheten ist Mose gemeint; Christus, Elia und Mose sind die prägenden Figuren jüdisch-messianischer Endzeiterwartung, die gemäß der Szene der Verklärung auch die Jüngerschaft Jesu prägte. Fragen und Antworten werden der Form nach immer kürzer. Spiegelt sich darin die Hilflosigkeit der Fragenden wider, die keine ihrer Kategorien in Anwendung bringen können? Oder steckt mehr Erleichterung und damit nachlassendes Interesse dahinter? Schließlich kommen sie auf die gute Idee, den Ja/Nein-Verhörstil zu verlassen und Johannes selbst zu fragen, ihn also als Person überhaupt wahrzunehmen. Auf die Antwort, die er gibt, das Jesaja-Zitat, reagieren sie aber gar nicht. Vielmehr müssen sie sich noch einmal ihres offiziellen Auftrags rückversichern (V. 24), bevor sie ihn nach dem Sinn seiner Taufpraxis fragen.

Die Kontrastierung in der Antwort des Johannes („aber“) ist auf den ersten Blick schwer erklärlich. Verständlicher ist der griechische Text: Johannes tauft „im“ Wasser, Jesus aber steht „in“ der Mitte derer, die ihn fragen. Also kein sicherer Abstand mehr. Keine Freiheit zu entscheiden, ob man hinein steigen will ins Wasser der Begegnung mit dem, den die Pharisäer noch gar nicht kennen, den sie noch gar nicht als mögliches Problem identifizieren konnten, obgleich er anscheinend unendlich bedeutsamer ist als Johannes. Betanien ist als Taufort verwirrend; gemeint ist nicht der Wohnort von Maria und Marta, sondern am wahrscheinlichsten (vielleicht sogar im Sinne einer Falschübersetzung: aus Batanäa wird Betanien) die Landschaft Batanäa östlich des Sees Genezareth am Unterlauf des Jordans.

Literatur: Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext, hg. Studium in Israel e.V., Bände zur V. Perikopenreihe.

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Heinz Janssen
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