“Bei euch soll es nicht so sein …”
So leben, dass es allen gut geht
Predigttext: Philipper 1,3-11 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)
3 Ich danke meinem Gott, sooft ich eurer gedenke,
4 was ich allezeit tue in allen meinen Gebeten für euch alle, und ich tue das Gebet mit Freuden,
5 für eure Gemeinschaft am Evangelium vom ersten Tage an bis heute
6 und ich bin darin guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird’s auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu.
7 Wie es denn recht und billig ist, dass ich so von euch allen denke, weil ich euch in meinem Herzen habe, die ihr alle mit mir an der Gnade teilhabt in meiner Gefangenschaft und wenn ich das Evangelium verteidige und bekräftige. 8 Denn Gott ist mein Zeuge, wie ich nach euch allen verlangt nach Herzensgrund in Christus Jesus.
9 Und ich bete darum, dass eure Liebe immer noch reicher werde an Erkenntnis und aller Erfahrung,
10 so dass ihr prüfen könnt, was das Beste sei, damit ihr lauter und unanstößig seid für den Tag Christi,
11 erfüllt mit Frucht der Gerechtigkeit durch Jesus Christus zur Ehre und zum Lobe Gottes.
(Predigt im Familiengottesdienst mit Kinderchor
Per What’sApp erfuhr ich zum ersten mal davon, als die Nachricht geteilt wurde in unserer What’sApp-Konfirmanden-Gruppe. Wahr oder nicht wahr, Realität oder fake, so diskutierten wir dort eine Weile. Am nächsten Tag sah ich es schon in den Schlagzeilen der Bildzeitung: Killer-Clowns! Ich las im Internet nach. Zuerst tauchten sie vereinzelt und dann immer häufiger in Amerika auf, dann in England, Schweden und den Niederlanden: Menschen, die sich eine Clownsmaske anziehen, so dass man sie nicht erkennt, dann gehen sie los und erschrecken andere, tun ihn vielleicht sogar Gewalt an. Inzwischen hört man von ihnen auch in Deutschland.
Menschen kriegen Angst: Können wir überhaupt noch alleine auf die Straße gehen, nachts vor allem? Die Polizei sagt: Bisher gibt es nur ganz ganz wenige Fälle von solchen Killer-Clowns. Schlimm genug! Genauso schlimm aber: Im Internet, auf Facebook und anderen sozialen Medien werden haufenweise Nachrichten über solche Killerclowns verbreitet! Die meisten von ihnen sind gar nicht wahr – glatt gelogen. Damit wird gerade eine richtige Hysterie erzeugt und Angst und Schrecken verbreitet. Clowns – die sind doch eigentlich fröhlich, die sollten doch Witze machen, damit die Leute fröhlich werden. Statt dessen jagen sie anderen einen Schrecken ein. Einfach so,.Leuten, die ihnen gar nichts getan haben. Das ist doch verrückt! Wieso tun die so etwas? Haben ihren Spaß daran, fühlen sich cool auf Kosten anderer! Und wieso schreiben andere solchen Unsinn in den sozialen Netzwerken? Einfach nur weil sie Aufmerksamkeit wollen – auch auf Kosten anderer?
Wieso können Menschen nicht einfach in Frieden miteinander leben? Gute Frage, nächste Frage, könnte man sagen. Und sich aufregen kann man sich natürlich immer. Nur nützt das wenig. Aber ich verstehe jetzt ein bisschen mehr, warum es in der Bibel manchmal heißt: Bei euch soll es nicht so sein. Nicht so wie in der Welt. Bei euch Christenmenschen in der Gemeinde soll es anders sein. Macht da nicht mit. Heute will ich so eine Stelle aus der Bibel vorlesen und bin ganz dankbar dafür, dass ich sie gerade heute vorlesen darf. Denn da wird nicht gejammert und nicht herum philosophiert, sondern schlicht und einfach anders gemacht. So gemacht, wie es bei uns zugehen soll. Da schreibt nämlich einer einen Brief an die Gemeinde. Er fängt damit an, dass er einfach danke sagt zu den Leuten. Danke, dass es euch gibt. Ich danke meinem Gott, sooft ich eurer gedenke, schreibt Paulus, was ich allezeit tue in allen meinen Gebeten für euch alle, und ich tue das Gebet mit Freuden.
Stellt euch mal vor, was das für ein tolles Gefühl ist: Wenn ich weiß, da gibt es jemanden, der sagt jeden Abend: Danke, lieber Gott, dass es die Frau Krumm gibt. Der kann es zwar nur dem lieben Gott sagen, weil er gerade ganz weit weg von mir ist. Aber ich weiß, dass er es tut. Und er tut es mit Freuden, sagt er, das heißt er freut sich und ich freue mich – Danken schenkt doppelte Freude! Danke dass es dich gibt – ich finde, das sagen oder beten wir viel zu selten. Obwohl es so gut tut und so fröhlich macht. Kommt, wir probieren es einmal aus! … Tut gut, nicht wahr? Und jetzt kommt noch mehr! Paulus, der diesen Brief schreibt, der sagt auch: Danke für eure Gemeinschaft am Evangelium. Also, dafür würdet ihr jetzt nicht unbedingt danken, oder?
Was soll denn das sein – Gemeinschaft am Evangelium? Na ja, stellt euch vor, ich sage: Danke für eure Gemeinschaft an der Musik! Danke, dass ihr so gerne singt und jede Woche in den Chor geht und immer weiter übt, bis ihr das Lied könnt! Eure Musik, Musik überhaupt ist etwas, was die Welt heller und die Menschen fröhlicher machen kann. Und da macht ihr mit! Toll! Danke! Evangelium, das ist auch so eine Art Musik. Das ist Gottes Musik für die Welt. Jesus hat sie gespielt und vorher ein paar andere danach auch wieder – alle Menschen, die die Musik von Jesus in ihr Herz hinein lassen. Paulus sagt eigentlich genau das: Danke, dass ihr da mitmacht! Danke, dass ihr so viel Freude an der Musik von Jesus habt – an seiner Friedensmusik und Heilemach-Musik. Paulus sagt: Wenn ihr damit einmal angefangen habt und die Musik euch Freude macht, dann sorgt der liebe Gott dafür, dass ihr diese Musik ganz gut üben werdet und immer besser singen könnt. Ich bin darin guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird’s auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu.
Gott selber freut sich, wenn Menschen seine Musik spielen. Ja, vielleicht spielt Gott sogar selbst seine Musik in uns, und wir sind nur das Instrument,du zum Beispiel eine Geige und du eine Flöte und du eine Trommel … Aber was heißt nur? Ohne Instrument könnte die Musik nicht erklingen. Wir sind für Gottes Musik also sehr sehr wichtig! Komisch eigentlich, dass Paulus so schöne Sachen sagt. Denn eigentlich hat er gar keinen Grund fröhlich zu sein. Er sitzt nämlich im Gefängnis! Nicht weil er etwas Schlimmes gemacht hat. Er hat einfach von Jesus erzählt, und manche Leute fanden das nicht gut. Dann haben sie ihn verpetzt, und dann kamen Soldaten und haben Paulus ins Gefängnis gesteckt. Schlimm schlimm. Aber für Paulus gar nicht schlimm! Er sagt: Dafür danke ich Gott auch! Das ist eine Gnade, also das ist ein besonders schönes Geschenk Gottes, dass ich hier im Gefängnis sitze. Spinnt der jetzt? Nein, er sagt: Daran sehen viele Menschen, wie wichtig die Jesusmusik ist, dass Leute dafür sogar freiwillig ins Gefängnis gehen! Paulus fühlt sich richtig gut dabei! Und zu den Christen sagt er: Wenn ihr an mich denkt und für mich betet, dann teilen wir sozusagen dieses besonders schöne Geschenk. Wie es denn recht und billig ist, dass ich so von euch allen denke, weil ich euch in meinem Herzen habe, die ihr alle mit mir an der Gnade teilhabt in meiner Gefangenschaft und wenn ich das Evangelium verteidige und bekräftige. Denn Gott ist mein Zeuge, wie ich nach euch allen verlangt nach Herzensgrund in Christus Jesus.
Da lernen wir zwei Sachen über den Frieden. Die eine: Wenn es mir mal schlecht geht, muss ich nicht gleich jammern, sondern kann denken: Vielleicht ist das jetzt ein besonderes Geschenk Gottes an mich – ich muss es nur noch verstehen. Das klappt zwar nicht immer, aber manchmal schon. Für irgendwas ist es gut, dass es jetzt gerade nicht so läuft, wie ich will, ich werde es schon herausfinden! Wer das denken kann, hat gleich eine ganze Portion Frieden mehr in sich. Und das andere: Wir Menschen müssen einfach vielmehr aneinander denken. Das ist so leicht! Das kannst Du einfach zwischendurch mal machen: ganz fest an einen anderen denken.Kommt, wir probieren das auch mal, wir machen einfach eine Minute lang die Augen zu und denken ganz fest an jemand anderen – wir brauchen keinem verraten an wen. Seid ihr bereit? Los geht’s …
Ich finde, das tut auch sehr gut. Und es hilft dem Frieden. Denn wenn man so sich Zeit nimmt und an andere denkt, dann wächst die Liebe. Klar, ich kann auch an jemanden denken und es wächst die Abneigung und sogar der Hass. Aber ich glaube, dann denke ich nicht wirklich an diesen Menschen, sondern mehr daran, was er mir alles Schlimmes angetan hat. Wenn ich aber an ihn denke einfach so, als Mensch, dann versuche ich vielleicht ihn zu verstehen. Jesus wollte, dass wir so aneinander denken. Und er will einfach, dass wir einander mögen und nicht hassen, auch wenn wir einander immer wieder ärgern und weh tun. Aber wenn wir es trotzdem versuchen, sagt Paulus,dann wächst die Liebe. Er schreibt: Darum bete ich darum, dass eure Liebe immer noch reicher werde an Erkenntnis und aller Erfahrung. Das ist jetzt zwar vielleicht etwas mehr für die Erwachsenen, aber das finde ich so toll: Erkenntnis und alle Erfahrung. Die Liebe braucht beides und die Liebe schenkt beides: Erkenntnis und alle Erfahrung.
Eigentlich sagt Paulus gar nicht so schrecklich viel. Aber er spannt einen ganz weiten Bogen. Oder vielleicht anders: Er verfolgt die Bewegung, die die christliche Gemeinschaft durchströmt, wie ein Wasserkreislauf, unendlich, immer in Bewegung: Wenn ich weiß, dass andere an mich denken und für mich dankbar sind, dann brauche ich nicht bei mir selber zu bleiben und für mich selber zu kämpfen und alles nur auf mich zu beziehen oder nur dafür sorgen, dass es mir gut geht, sondern dann bin ich frei, an andere zu denken. Dann wächst die Liebe und wird reich an Erkenntnis und aller Erfahrung.Dann wird die Liebe unser Grundgefühl, sie wird sozusagen unser Betriebssystem. Und auf diesem Betriebssystem laufen alle möglichen Programme, die alles mögliche können. Dieses „alles mögliche“ beschreibt Paulus so: so dass ihr prüfen könnt, was das Beste sei, damit ihr lauter und unanstößig seid für den Tag Christi, erfüllt mit Frucht der Gerechtigkeit durch Jesus Christus zur Ehre und zum Lobe Gottes.
Wer liebt, kann gute und richtige Entscheidungen treffen für sein Leben und auch für andere. Wer liebt, ist nicht parteiisch oder egoistisch, er kann so leben, dass es allen gut geht. Das ist gerecht: So leben, dass es allen gut geht. Am Ziel sind wir damit nie. Aber Gott freut sich, wenn wir es immer wieder versuchen.
Der Anfang der Predigt lässt aufhorchen: Killer-Clowns sind unterwegs! Das beschäftigt die Konfirmanden wie auch viele Zeitgenossen. Und der Terror wird auch noch in den sozialen Medien verbreitet! Angst breitet sich aus! Und dann die (Gretchen-) Frage, warum Menschen nicht einfach in Frieden miteinander leben?
Die Antwort: Befasst Euch nicht mit diese Frage, sondern handelt und redet anders. Dankt z.B. dafür dass es Menschen gibt, die Gemeinschaft am Evangelium, den Chor, die Musik. Seid euch auch bewusst, dass andere an euch denken und dankbar sind, dass es euch gibt! „Dann wächst die Liebe … Dann wird die Liebe unser Grundgefühl, … uns Betriebssystem. Und auf diesem Betriebssystem laufen alle möglichen Programme, die alles möglich können.“ Und „wer liebt, … kann so leben, dass es allen gut geht.“ Dieses Betriebssystem muss besser und effektiver sein als die „Killer-Clownerie“. Gott sei Dank! Eine gute Mutmach-Predigt – nicht nur für Jugendliche!