Predigt

Biblische Analysten

In Gottes Auftrag

PredigttextJeremia 20,7-10.11-13 (mit Einführung)
Kirche / Ort: Palmbach b. Karlsruhe
Datum:23.03.2025
Kirchenjahr:Okuli (3. Sonntag der Passionszeit)
Autor:Pfarrerin Kira Busch-Wagner

Predigttext Jeremia 20,7-10.11-13 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

7 HERR, du hast mich überredet und ich habe mich überreden lassen. Du bist mir zu stark gewesen und hast gewonnen; aber ich bin darüber zum Spott geworden täglich, und jedermann verlacht mich.8Denn sooft ich rede, muss ich schreien; »Frevel und Gewalt!« muss ich rufen. Denn des HERRN Wort ist mir zu Hohn und Spott geworden täglich. 9Da dachte ich: Ich will seiner nicht mehr gedenken und nicht mehr in seinem Namen predigen. Aber es ward in meinem Herzen wie ein brennendes Feuer, verschlossen in meinen Gebeinen. Ich mühte mich, es zu ertragen, aber konnte es nicht. 10Denn ich höre, wie viele heimlich reden: »Schrecken ist um und um!«»Verklagt ihn!«»Wir wollen ihn verklagen!« Alle meine Freunde und Gesellen lauern, ob ich nicht falle: »Vielleicht lässt er sich überlisten, dass wir ihm beikommen können und uns an ihm rächen.« 11 Aber der HERR ist bei mir wie ein starker Held, darum werden meine Verfolger fallen und nicht gewinnen. Sie müssen ganz zuschanden werden, weil es ihnen nicht gelingt. Ewig wird ihre Schande sein und nie vergessen werden. 12 Und nun, HERR Zebaoth, der du die Gerechten prüfst, Nieren und Herz durchschaust: Lass mich deine Rache an ihnen sehen; denn dir habe ich meine Sache befohlen. 13Singet dem HERRN, rühmet den HERRN, der des Armen Leben aus den Händen der Boshaften errettet!

Einführung in den Predigtext

Es ist sinnvoll, sich die historische Einbettung Jeremias vor Augen zu rufen: Es sind die 40 (symbolische Zahl?!) Jahre vor dem Ende des Südstaates Juda durch die Eroberung der Babylonier. Das sich anschließende Exil sind jene Jahre, die im Bewusstsein der christlichen Gemeinde wohl am meisten unterschätzt sind, obwohl aus deren theologischen Produktivität Judentum überhaupt entstand und Christentum sich später entwickeln konnte. Diese Entwicklungen haben bekanntermaßen massiv zurückgewirkt auf die bis dahin zusammengekommene Überlieferung, sie bereichert, geformt und weiter in Gang gesetzt.

Die „Jeremiaden“, die „Konfessionen“ (Kap 11; 15; 17; 18; 20), früher als Ausdruck der persönlichen Frömmigkeit und des Ringens mit Leiden dem historischen Propheten Jeremia zugeordnet, werden heute in der Forschung eher als Klagelieder, verwandt den Psalmen oder Gottesknechtsliedern, verstanden. Beides, Geschichte wie Traditionsgeschichte des „Jeremia“, können in einer Predigt natürlich nur insofern benannt werden, wenn sie homiletisch eine Rolle spielen. Die vorliegenden Predigt tut das insofern, als sie eine Gedenk- und Aneignungslinie zieht: von Jeremia über einen Kreis von Tradenten bis zu Jesus (kirchenjahreszeitliche Verbindung!) bis zu uns heute. Die literarische Verwandtschaft des Textes mit anderen biblischen Klageliedern, -psalmen und konfessorischen Texten legt nahe, ein Gottesknechtlied (etwa Jes 50, 6-9) anstelle des Psalms im Gottesdienst zu lesen.

Empfehlungen zu Liedern und Liturgie

EG 384, 1+4 Lasset uns mit Jesus ziehen (zur Passionszeit) 391, 1+4 Jesu, geh voran (auch als Bittlied) 361, 1+3 Befiehl du deine Wege (Paul Gerhard als ein leidender Gottesknecht in der Kirchengeschichte) 65, 2-4+7 Von guten Mächten (Bonhoeffer zum 80. Todestag 9. April) NL 39 Freunde, dass der Mandelzweig … (Schalom ben Chorin – 1935 ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina entkommen).

Weitere Lieder:

EG 171 Bewahre uns Gott 556 Seele, mach dich heilig auf, Jesus zu begleiten NL 29 Du stellst meine Füße auf weiten Raum NL1 An den Flüssen von Babylon

Psalmen: aus Psalm 34 EG 718,2 oder NL 914,2 aus Psalm 25 EG 712 oder 908 (zum Sonntagsnamen) Jes 50, 6-9

Kira Busch-Wagner: Wort zum Sonntag – Badische Woche 14./15 März 2025

Mit Geschichte ist es wie im Krimi: im Nachhinein wird alles klar. Überall gab es Indizien. Im Rückblick kann man wesentliche Ursachen von unwesentlichen Ereignissen unterscheiden. Einige Leute können sagen: darauf habe ich schon immer hingewiesen. Mit der biblischen Prophetie ist es ähnlich. Prophetinnen und Propheten analysieren die Zeitläufte. Nicht alle liegen richtig damit. Wir kennen heftige Auseinandersetzungen. Einer widerspricht da dem anderen mit aller Kraft. Manche arbeiten für eine Regierung. Bileam ist einer, der umgedreht wird, anders spricht, als sein Auftraggeber will. Amos wiederum bestreitet, überhaupt Prophet zu sein - um nicht verwechselt zu werden mit bezahlten Beamten. Amos gehört zu denen, die sich vom Gott Israels berufen sehen, also unabhängig sind von Interessensgruppen und Geldgebern. Im Jeremiabuch erfahren wir von einem Mann, der deswegen hadert: mit sich selbst, mit Gott, mit seinem Auftrag. Er lebt gefährlich. Wird gehasst, verfolgt, verschleppt, es bleibt unklar, wie er endet – vermutlich im Exil.

Uns heute sind nur Worte einer kleinen Zahl solch biblischer Analysten überliefert. Solche, um die sich ein Kreis von Schülerinnen und Schüler bemühte. Wir kennen nicht all deren Namen. Aber sie gaben die Gedanken weiter. Diskutierten. Schrieben auf. Tradierten. Ohne sie hätten wir nichts. Nicht viel anders als heute. Gute Gedanken und Analysen, sogar Gottes Wort und Auftrag, gehen unter ohne Menschen, die sich austauschen. Aufeinander hören. Miteinander reden. Sich damit dann neue Ziele setzen. Wie es sinnvoll weitergehen soll.

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Heinz Janssen
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