Bindung
Gott will das Leben, nicht das Opfer - Umgang mit Verlust, mit unverständlichem Leiden - vollständige Hingabe unter den Willen Gottes
Predigttext: 1. Mose / Genesis 22, 1 – 13 ( Übersetzung nach Martin Luther)
Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich! Und er (Gott) sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du liebhast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde. Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte. Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne und sprach zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen. Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die Beiden miteinander. Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er (Isaak) sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; Wo aber ist das Schaf zum Brandopfer? Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ausersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander. Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete. Da rief ihn der Engel des Herrn vom Himmel und sprach: Abraha! Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Er sprach: lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts, denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen. Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hängen und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes Statt.
Hinführung zum Predigttext und Überlegungen
Eine der dunkelsten und schwerverständlichen Passagen der Bibel liegt vor. Wie den dunklen Gott aushalten, der unverständlich bleiben muss in seiner entsetzlichen Forderung, das eigene Kind, den Sohn der Verheißung, zu opfern, ja ihn sogar als Ganzopfer (Korban) Gott hinzugeben? Auf die ganze Problematik der Opfertheologie im Christlichen als auch im jüdischen Kontext einzugehen, erscheint als kaum zu bewältigende Aufgabe. Zu sperrig ist den heutigen Predigthörern ohnehin der Begriff des Opfers, Wem und warum soll ein Opfer gefallen?
Welches Gottesbild verbirgt sich (sic) hinter der Vorstellung, Gott verlange Opfer? In der christlichen Tradition und Dogmengeschichte wird der Begriff des Opfers zu häufig missbräuchlich zum Aushängeschild eines verdunkelten Gottesbildes, gar einer quasi dunklen Folie eines alttestamentlichen (Rache-)Gottes. Vor dieser Folie glänzt dann umso heller der scheinbar neue Gott des Neuen Testaments, der Gott der Liebe. Das Opfer Jesu, seine Verherrlichung im Altarsakrament, führte zu theologischen Abwegen bis hin zur „Gottesvergiftung“ (Tilman Moser), die auf Christen eher abschreckend wirkte oder sich krankmachend äußerte. Diese Art Opfervorstellungen, auch eine vorschnelle Gleichsetzung von Genesis 22, 1- 13 mit der Passion Jesu, gilt es in der Predigt zu vermeiden.
Wohl aber spricht die alte, mythische Erzählung eine existenzialistische Wahrheit aus: der Umgang mit Verlust, mit unverständlichem und sinnlosen Leiden, dem Tod. Sören Kierkegaard arbeitete sich ein Leben lang an diesem Mythos ab, Gerhard von Rad warnt regelrecht: „Wer sich auf Genesis 22 einlässt, muss darauf gefasst sein, dass er immer wieder wie vor einem Abgrund zurückschaudert“. Diese existenzialistische Wahrheit gilt es ernst zu nehmen, ohne daran zu verzweifeln.
Gott will das Leben, nicht das Opfer. Welche Rolle der Widder in der Erzählung eingenommen hat, ob er zum ursprünglichen Text gehörte oder ein späterer – opfertheologischer Einschub ist – müsste eine ausführlichere Exegese zeigen als sie mir im Zusammenhang dieser Predigtvorbereitung tatsächlich möglich ist. Zu erinnern ist an Herrmann Gunkel, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts in Genesis 22 eine Auseinandersetzung mit im Umfeld des frühen Israel üblichen Kinderopfern vermutet. Anstelle des Menschenopfers tritt das Tieropfer in der Zeit des Tempels. Jüdischerseits entwickelt sich, auch, aber nicht nur, aus Genesis 22 die Vorstellung, dass das ganze Leben der Gläubigen ein Opfer sei, eine vollständige Hingabe unter den Willen Gottes. Unter dem Willen Gottes ist es möglich, Gutes zu tun und zu leben, gerecht zu sein. Die „Bindung“ Isaaks (Akeda) meint nicht nur das Fesseln zum Opfer, sondern die Bindung an Gottes Gesetz.
Interessant und der Erwähnung wert ist die Rezeption von Genesis 22, 1 – 13 in die jüdische Liturgie des Neujahrsfestes: Das Weiterleben Isaaks ist als eine Neuschöpfung zu verstehen, um die Gott am Neujahrstag gebeten wird. So kommt alles Leben, alle Zeit aus Gottes Hand und mündet wieder in Gottes souveräne Ewigkeit ein. Im muslimischen Kontext wird am Opferfest des Gehorsams Ismaels/ Isaaks als vorbildhaft für den gläubigen Muslim erinnert.
Elie Wiesel, einer der herausragenden Zeitzeugen und Chronisten des Holocaust, war derjenige, der den jüdischen Begriff des Opfers, des Brandopfers mit der Menschheitstragödie des Mordes an über 6 Millionen Juden in Europa in Zusammenhang brachte. In der griechischen Umschreibung nennt er das Brandopfer „Holocaust“. Aber es war auch Elie Wiesel, der genau diesen Begriff später nicht mehr verwendet sehen wollte, weil das jüdische Volk eben nicht(!) geopfert, sondern ermordet worden ist. Mord kann nicht religiös überhöht werden. So bevorzugt er später den Ausdruck „Shoa“ (Katastrophe/ großes Unheil).
Im Jahr der Reformation liegt es nahe, an Martin Luthers Unterscheidung des dunklen und des offenbarten Gottes zu erinnern. Dies bitte im existenzialistischen, nicht dogmatischen Sinne! Wann immer sich Luther, bedrängt durch eigene psychische Abgründe, von der dunkeln, der unverständlichen Seite Gottes im Glauben angefochten sah, empfahl er sich selbst und anderen, sich der hellen Seite Gottes, in der annehmenden Liebe Gottes in Jesus Christus zuzuwenden. Die dunkle Seite ist und muss unverständlich bleiben, der Glauben aber findet Trost und Leben in Jesus Christus.
Den Ausblick auf das Leben, das Gott will, soll auch Ziel der Predigt sein. Nicht Tod, nicht – sinnloses – Opfer will Gott, wohl aber Hingabe des eigenen Lebens in der Gerechtigkeit. Befreit zum Leben, das ist der Ausblick in der Passionszeit 2017.
„Adieu Emile, ich sterbe nun. Es ist schwer, wenn man im Frühling stirbt, du weißt. Ich geh mit Frieden in der Seele.“ Ein inzwischen bereits angejahrtes Chanson des großen Jaques Brel, in der deutschen Übersetzung des inzwischen auch nicht mehr jungen Klaus Hoffmann, lässt einen jungen Mann Abschied nehmen von seinem besten Freund, seiner geliebten Frau, vom Pfarrer, den er nicht verstehen will und kann, auch von seinem hinterhältigen Pseudofreund, ja, von seinem ganzen Leben. „Der Todgeweihte“, „Le Moribond“, heißt das Lied vom ehrlichen, zugleich harten wie wehmütigen Abschied. Jaques Brel war noch ein recht junger Mann von Anfang Dreissig, als er das Lied vom Abschied schrieb, den er sich so vorstellte: „Ich will Gesang, will Spiel und Tanz, … wenn man mich unter’n Rasen pflügt“ (Übersetzung: Klaus Hoffmann). Das Lied ist nicht lustig, ganz und gar nicht, eher bitter und zeigt, wie schwer der stirbt, der sich als Andenken Gesang und Tanz, die ganze junge Lebensfreude wünscht. In diesem herrlichen Frühling Abschied nehmen zu müssen von allen und allem, ist die letzte große Prüfung im Leben. Brel selber starb, noch nicht fünfzigjährig, bereits im Jahr 1979.
Auf den Tod zugehen: das verlangt Mut. Nichts für Feiglinge! Einer der schwersten Wege, sich mit dem bevorstehenden Tod auseinander zu setzen, ist der Predigttext für diesen Sonntag Judica, mitten im Frühling, mitten in der Passionszeit, der Zeit, sich mit Leiden und Tod Jesu befasst. Ein Vater und sein Sohn, gehen, bereit, sich dem Willen Gottes zu beugen, so unfassbar und unverständlich es auch erscheinen mag. (Lesung des Predigttextes) „Mein Gott! Hast Du das denn nötig?“ so möchte ich schreien angesichts dieses Handelns Gottes. “Gott, musst Du Abraham und seinen Sohn so entsetzlich quälen? Und das alles nur, um seinen Glauben zu testen? Hat Abraham denn nicht längst bewiesen, dass er fromm und stark im Glauben ist? Hat er nicht sein Heimatland, seine Herkunftsfamilie, alle Bindungen hinter sich gelassen um allein auf Dein Wort, Gott, hin zu leben? Gott, Du hast ihm Deine Verheißung geschenkt, Stammvater eines großen Geschlechtes zu sein. Und wie lange hat er allein darauf gewartet, Vater eines Sohnes zu werden? Welche Umwege, welche Schuld hat er auf sich geladen, als er die Dienerin Hagar und deren Sohn, seinen illegitimen Nachfolger Ismael, in der Wüste aussetzte? Nein Gott, diese Geschichte gefällt mir nicht, ganz und gar nicht.“ So möchte ich es Gott entgegen rufen, ja empört schreien.
Was soll diese, so scheinbar unnötige Herausforderung Abrahams in der Bibel bedeuten? Zeigt sie den unbedingten Gehorsam Abrahams, sich jedem, wirklich jeden Auftrag Gottes zu beugen, ohne eigenes Nachdenken, ohne Widerspruch? Sehr, sehr grausam! Ist das wirklich nötig? Manche sagen (so der Theologe Herrmann Gunkel), diese Geschichte weist auf ganz uralte Auseinandersetzungen im alten Israel und seinen Nachbarvölkern zurück. Damals seien Menschen-, ja insbesondere Kinderopfer üblich gewesen, um finstere Gottheiten zu beruhigen oder eine gute Ernte zu erflehen oder was auch immer. Diese Erzählung, dargestellt in Abraham und seinem Sohn Isaak zeigt auf, dass Gott keine Menschenopfer mehr will, dass er der gnädige, annehmende Herr über alles Leben ist, das er geschaffen hat. Der Engel, also der Bote Gottes, verhindert ja die Tötung des Unschuldigen.
In der jüdischen Tradition gilt diese Erzählung als die letzte und schwerste der 10 Prüfungen Abrahams – über die allerdings Abrahams Frau Sara aus Kummer stirbt. Um der Erzählung den letzten Schrecken zu nehmen wird sie auch nicht als „Opferung“ Isaaks bezeichnet, was sie ja auch nicht ist, sondern „Bindung Isaaks“ genannt. In den alten jüdischen Auslegungen stimmt Isaak, der darin als bereits erwachsener Mann von 37 Jahren vermutet wird, demütig seiner Opferung zu, bevor er gerettet wird. In der muslimischen Tradition übrigens spielt diese Erzählung auch eine große Rolle. Muslime verstehen Abraham, den sie Ibrahim nennen, als genauso gehorsam wie seinen Sohn. Da Araber, also Muslime, sich von Ismael herleiten, ist für sie der gehorsame Sohn der zuerst geborene, also Ismael. In einem großen Fest im Jahr, dem Opferfest, erinnern sie sich an seine Rettung und seinen Gehorsam.
Nun, so viele Gedanken, so viele Annäherungen an diese Geschichte aus der Bibel, die doch nach wie vor so unverständlich bleibt. Wozu das alles? Warum? Ein großer Theologe (Gerhard von Rad) hat einmal gesagt: „Wer sich auf Genesis 22 einlässt, muss darauf gefasst sein, dass er immer wieder wie vor einem Abgrund zurückschaudert”. Immer wieder im Laufe des Lebens wird der Mensch mit schlimmen Todeserfahrungen konfrontiert. Dieser schlimme Abgrund ist hier gemeint.
Wie gehen wir mit dem Tod um? Was hilft uns, den Tod zu ertragen? Können wir Abschied nehmen von geliebten Menschen? Wie finden wir Trost? “Mein Gott, mein Gott!“ So könnte ich schreien. „Warum hast Du mir das Liebste genommen, was ich habe? Warum musste mein Kind sterben?“ Fast auf den Tag genau 2 Jahre ist es her, dass 150 Menschen, darunter 16 Schülerinnen und Schüler, einen sinnlosen Tod starben beim Absturz eines Passagierflugzeuges über den Alpen. Diese Toten hatten Namen, die verlesen wurden, derer gedacht wurde. Gleichzeitig hören wir, ahnungsvoll nur, vom Tod hunderter Flüchtlinge aus Afrika, unzählige Kinder
darunter. Auch ihre Angehörigen bangen und klagen. Im Osten Afrikas wütet eine der schrecklichsten Hungerkatastrophen der letzten Jahrzehnte. Kaum beachtet von uns, doch jeder Verhungerte, Leidende hat Mutter, Vater und Geschwister. Täglich bangen unzählige Eltern in Kliniken um den Tod ihres Kindes, für sie der wichtigste Mensch der Welt. Spiegelt sich all dieses Leiden, dieses ungezählte Leid, die unzähligen Tränen in der biblischen Erzählung? Ist das der „Abgrund“ vor dem man „zurückschaudert“? „Adieu Emilie. Ich sterbe nun. Es ist schwer, wenn man im Frühling stirbt, du weißt. Ich geh mit Frieden in der Seele.“ So singt der Sänger. Hat er, wenn auch vielleicht schwer erkauft, wirklich Frieden gefunden und seinen Abschied abgenommen? Und was ist mit denen, die trauern?
„Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang, nur vor dem Tode derer, die mir nahe sind. Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind? Allein im Nebel tast ich todentlang und lass mich willig in das Dunkel treiben. Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben. Der weiß es wohl, dem Gleiches wiederfuhr; Und die es trugen, mögen mir vergeben. Bedenkt: Den eignen Tod, den stirbt man nur, Doch mit dem Tod der andern muss man leben.“ So beschreibt es die Dichterin Mascha Kaleko. Abraham und sein Sohn Isaak sehen in den tiefsten Abgrund. Natürlich schaudern sie zurück, so wie jeder zurückschaudern muss vor dieser dunkelsten Seite Gottes. Und doch zeigt auch diese Erzählung, dass jeder Weg hin zu Gott, auch durch die dunkelsten Tage und Erlebnisse, durch das dunkle Tal des Todes, das auch Psalm 23 beschreibt, ein Weg hin zu Gottes Gnade ist. Im Äußersten begegnen wir Gott. Abraham und Issaak erleben, dass der Weg zum scheinbaren Ende ein Neuanfang ist. Ein Neuanfang aus Gottes Hand.
Gott hat seine Zusage gegeben. Gott will das Leben, nicht den Tod Gott will, dass Isaak lebt.
Gegen alle Dunkelheiten darf der Mensch glauben, was Gott verheißen hat. Vielleicht liegt darin die tiefe Weisheit dieser abgründigen Erzählung. In der jüdischen Überlieferung wird die Erzählung der „Bindung Isaaks“, also eben nicht der vollendeten Opferung Isaaks, zum Neujahrstag gelesen. Der Anfang des neuen Jahres wird im Judentum nicht als überschäumendes Freudenfest begangen, sondern eher bangend, ob Gott seine Schöpfung zum Ende geführt hat mit dem Ablauf des Jahres, oder ob er einen Neuanfang will. „Lass uns weiterleben, so wie du auch Isaak am Leben gelassen hast.“ So betet die Gemeinde flehentlich an Rosch Haschana, dem jüdischen Neujahr. So wird das neue Jahr als Neuschöpfung begriffen, eine freie Tat Gottes. Nicht der Mensch verfügt über sein Leben, sondern es ist Gottes freies Geschenk. Und so beginnt mit der Rückkehr Abrahams und Isaaks vom Berg Morija neues Leben. Es ist die neue Zusage: Gott will nicht den Tod, er will das Leben!
Im Christentum geht Gott selber durch den Tod. Der Weg Jesu, sein Leiden, sein Kreuz ist der Weg des Lebens. Genesis 22 ist keine vorweggenommene Passionsgeschichte. Isaak verweist nicht auf Jesus. Doch für uns, die glaubenden und hoffenden Menschen zeigt sich derselbe Gott, der das Leben und nicht den Tod will. Wenn der gekreuzigte Gottessohn in seinem Todeskampf schreit: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, schauen wir mit ihm in den tiefsten Abgrund, wie er sich auch Abraham, Isaak und allen gequälten und vermeintlich Gottverlassenen dieser Welt aufgetan hat. Und wir sehen die Neuschöpfung, dass Gott nichts und niemanden auf dieser Welt einem gottlosen Schicksal überlassen hat. Sehen wir die Abgründe des Leidens, des Sterbenmüssens aus der Perspektive Gottes, dann erfahren wir Gnade. „Es ist schwer, wenn man im Frühling stirbt, du weißt“, heißt es im alten Lied des Sterbenmüssens. Schauen wir auf Gott, dann sehen wir: Leben! Gottes Zuspruch kennt nur diese Richtung.
Diese tief bewegende und zugleich tröstende Predigt wird eingeleitet mit Predigtüberlegungen, welche selbst schon eine Art Predigt sind. Mit der Pfarrerin möchte man zu Beginn schreien, warum Gott dem Abraham soviel zumutet? Auch im Exegese-Kreis mit zehn Schriftgelehrten hatte heute jeder dazu existentielle Erfahrungen. Zuerst sollte damals diese Geschichte den Israeliten zeigen, dass verbreitete Menschen- ja Kinderopfer nicht mehr nötig sind für Gott. Für Juden und Muslime ist diese Geschichte eine Prüfung von Abraham und seinem Gottvertrauen. Aber wir schaudern immer wieder zurück vor diesem Bibeltext. Wir gehen wir mit dem Tod um auch unschuldiger Kinder heute bei Unglücken, Krankheiten oder durch Hunger ? Im Äußersten begegnen wir Gott. Es gibt unter Christen die tröstliche Erfahrung, dass uns gerade dort Gott begegnet ist. Alles fängt neu und hoffnungsfroh an danach. So beten die Juden: Lass uns weiterleben, wie du Isaak am Leben gelassen hast! Im Christentum geht Gott selber in den Tod. Wir sehen am Kreuz den tiefsten Abgrund. Und in der Auferstehung die Neuschöpfung. Schauen wir auf Gott und Jesus, sehen wir schon das ewige Leben. Die Pfarrerin tröstet sehr tiefsinnig und bewegend, weil sie Hoffnung verkündet, ohne das Leiden zu vertuschen. Nachdenklich und ermutigt wendet man sich danach getrost wieder Gott und dem Leben zu.