Bleibende Sehnsucht nach Liebe und Frieden

"Man muss etwas merken nach Weihnachten, dass man die Christgeburt gefeiert hat ..."

Predigttext: Titus 3,4-7
Kirche / Ort: 66989 Nünschweiler
Datum: 25.12.2015
Kirchenjahr: Christfest (1)
Autor/in: Pfarrerin Anke A. Rheinheimer

Predigttext: Titus 3,4-7 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

4 Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands,
5 machte er uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit - durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist,
6 den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland,
7 damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung.

Exegetische und homiletische Anmerkungen

In Titus 3 begegnen uns eine Reihe von Ermahnungen zu einem mitmenschlichen Verhalten, das unsere Antwort auf Gottes Geschenk der Seligkeit sein soll, die er uns in Jesus Christus, seinem Sohn, geschenkt hat. Dieser paränetische Lehrtext mit seiner Auflistung von Lastern und Fehlern (v.a. Tit 3,3) wirkt inmitten des weihnachtlichen Festglanzes der Feiertage zunächst spröde und widerständig, trägt aber gerade in V.4-7, dem Predigttext, einen eindrucksvollen Kern in feierlicher, geradezu hymnischer Sprache in sich, der die strengen Forderungen an das Verhalten der Christen heilsgeschichtlich und soteriologisch begründet. Gottes Güte und Menschenfreundlichkeit motivieren zu einem Verhalten im zwischenmenschlichen Bereich, das der erfahrenen Barmherzigkeit Gottes entspricht. Dabei stellt der Titusbrief das Verhalten „früher“, in glaubensloser Zeit, und „jetzt“, in der Heilszeit, mit der überwältigenden Christuserfahrung im Glaubensgepäck, gegenüber.

Wendepunkt ist die unverdiente göttliche Liebe, die den fehlerhaften Menschen aufschließt, ihn gnadenhalber gerecht macht und erneuert in der Kraft des heiligen Geistes durch das „Bad der Wiedergeburt“, womit formelhaft die klassische Taufterminologie anklingt. Auf die Taufthematik wird in der vorliegenden Predigt jedoch nicht weiter eingegangen, vielmehr liegt deren Fokus auf der Motivation zu einem mitmenschlichen Verhalten der Christen heute, das – dem Duktus des Predigttextes folgend – rekurriert auf die Erinnerung an die Erfahrung der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes. Denn das feiern wir an Weihnachten, dem Geburtsfest Jesu Christi, den Gott uns zum „Heiland“ gemacht hat.

Darum sollen wir „weihnachtliche“ Menschen werden, d.h. liebevolle, freundliche, friedliche Menschen und so als Christen Gottes Menschenfreundlichkeit wiederspiegeln in einer Welt, in der Lieblosigkeit, Unfrieden, Krieg und Gewalt an der Tagesordnung sind. Aufhänger für diese Einladung zur Erneuerung im weihnachtlichen Geist, der in unseren Alltag hineinwirken soll, ist ein Gedanke aus einer Weihnachtspredigt des heiligen Franziskus, die als Predigteinstieg dient: „Man muss etwas merken nach Weihnachten, dass man die Christgeburt gefeiert hat.“ Für die PredigerIn ist davon auszugehen, dass sich am ersten Weihnachtsfeiertag vermutlich die bürgerliche Kerngemeinde zum Gottesdienst versammeln wird, an die sich die vorliegende Predigt richtet, die in 3 Teile gegliedert ist.

Literatur: Brox, N., Die Pastoralbriefe (RNT, 7/2, 1975.- Maaß, H., Christfest 1: Tit 3,4-7, in: Predigtmeditation im christlich-jüdischen Kontext. PR II, hg. v. W. Kruse, 2003, S. 32-35.- Schnelle, U., Einleitung in das NT, 1994.

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Was bliebt von der Feier der Christgeburt?

„Was nützt es, wenn ihr Weihnachten feiert, eure Geschenke aufrechnet und für ein paar Stunden gerührt seid? Ich habe euch die Krippe nicht zum Anschauen geschenkt, sondern zum Anfassen. Man muss das Kind auf seinen Händen tragen. Man muss etwas merken nach Weihnachten, dass man die Christgeburt gefeiert hat. Und man wird sich auf den Weg machen müssen, um an Epiphanias seine eigenen Gaben zu bringen. Nein, sich selbst.“

Dieses Zitat stammt aus einer Weihnachtspredigt von Franz von Assisi. Der Heilige Franziskus, nach dem sich auch der gegenwärtige Papst benannt hat, ist einer der größten und bekanntesten mittelalterlichen Prediger, der der Legende von der Vogelpredigt nach sogar mit Tieren sprechen konnte. Obwohl er aus reichem umbrischem Kaufmannsgeschlecht stammte, entschied er sich nach einer radikalen Lebenswende für ein Leben in Armut und wurde zum Gründer des Ordens der Franziskaner. Noch heute zeugt die imposante Klosteranlage im italienischen Assisi von seinem Wirken. Franz von Assisi lag es auch am Herzen, die Weihnachtsgeschichte vom Stall und von der Krippe für die Menschen seiner Zeit sichtbar und erlebbar zu machen. Von ihm stammt auch die Idee, die Geschichte für das Volk zu spielen und so den Menschen seiner Gemeinde in leibhaftigen Personen das Geschehen von Bethlehem vor Augen zu führen.

In Assisi und Umgebung wurden dazu von den Brüdern die ersten Weihnachtskrippen aufgestellt und die ersten Krippenspiele aufgeführt. Aber Franziskus mahnte die Menschen: „Ich habe euch die Krippe nicht zum Anschauen geschenkt, sondern zum Anfassen. Man muss das Kind ‚auf seinen Händen‘ tragen.“ Eine Mahnung, die heute aktueller ist denn je: Es reicht nicht, Weihnachten nur wie ein Rührstück an sich vorbeiziehen zu lassen, ein paar Stunden Zuckerguss und heile Welt. Es reicht nicht, die Krippe nur anzuschauen, sondern die Weihnachtsbotschaft soll uns innerlich als Menschen verändern; sie ist uns Verheißung und Auftrag zugleich.

Ich weiß nicht, wie genau die Menschen im Mittelalter Weihnachten gefeiert haben, aber offensichtlich gab es damals in Italien auch schon den Brauch des Geschenketauschs, allerdings erst an Epiphanias, dem Drei-Königstag, dem Erscheinungsfest der Heiligen drei Könige. Und schon damals scheinen die Menschen über dem Geschenketauschen die wahre Botschaft von Weihnachten vergessen zu haben. Aber „Was nützt es, wenn ihr Weihnachten feiert, eure Geschenke aufrechnet und für ein paar Stunden gerührt seid?“ So auch heute: Weihnachten soll sich nicht in Konvention und ein paar Stunden Rührseligkeit erschöpfen; Weihnachten ist mehr, wie Franzislus sagt:

„Man muss etwas merken nach Weihnachten, dass man die Christgeburt gefeiert hat.“ Weihnachten soll Spuren in unserem Leben hinterlassen, so dass wir uns als Christen immer wieder von Christus, dem Kind in der Krippe, verwandeln und erneuern lassen und versuchen, mit unserem Leben seiner Botschaft gerecht zu werden, ihm „seine eigenen Gaben zu bringen. Nein, sich selbst“, wie Franziskus sagt. Wir sollen weihnachtliche Menschen werden, Menschen, die sich in ihrem Leben von der Weihnachtsbotschaft bestimmen lassen – und das nicht nur zu Weihnachten und an den Festtagen, sondern auch an den Werktagen, mitten im gewöhnlichen Alltag.

Gott im Kind in der Krippe

„Merken, dass man die Christgeburt gefeiert hat“. Wie kann das auch bei uns, hier und heute, geschehen? Sich weihnachtlich verwandeln zu lassen, bedeutet, dass wir versuchen, gütige und sanftmütige, liebevolle und freundliche, friedliche und ausgeglichene Menschen zu sein – und das nicht nur in der gehobenen Stimmung des Weihnachtsfestes, sondern auch sonst in unserem Alltag. Denn als Christinnen und Christen leben wir mitten in der Welt, nicht daneben, in einem abgetrennten, heiligen Bereich. Dort, im Alltag der Welt, soll und muss sich unser christlicher Glaube bewähren. Und das ist schwer genug. Schaffen wir das? Wenn ja, was hilft und motiviert uns dazu? Schauen wir dazu auf unseren Predigttext aus dem Titusbrief, der uns heute, am 1. Weihnachtsfeiertag, aufgegeben ist.

Beim ersten Lesen stutzt man, denn was uns hier, am Tag nach Heiligabend, am Tag nach der bildhaften Weihnachtsgeschichte mit Stall und Krippe, Ochs und Esel, Hirten und Königen dargeboten wird, das klingt wie ein nüchternes theologisches Traktat. Einen Lehrtext haben wir in Titus 3 vor uns mit allerlei Empfehlungen und Warnungen: „Erinnere sie daran, dass sie der Gewalt der Obrigkeit untertan und gehorsam seinen, zu allem guten Werk bereit, niemanden verleumden, nicht streiten, gütig seien, alle Sanftmut beweisen gegen alle Menschen“, so heißt es unmittelbar vor unserem Predigtabschnitt als Mahnung, die auf Verhaltensänderung zielt. Grund und Basis dieser eindringlichen Mahnung aber sind die folgenden Verse, unser Predigttext, der von einer Seligkeit spricht, die Gott uns gnadenhalber durch Jesus Christus geschenkt hat: „Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit …“

Mitten in all den mahnenden Worten finden wir also einen wahren Hymnus, ein Lied, das Gottes Freundlichkeit und Menschenliebe besingt, die uns zu „Erben des ewigen Lebens“ macht – aus Barmherzigkeit, nicht „um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten.“ Gottes Güte und Menschenfreundlichkeit, auf Griechisch „chrestotes“ und „philanthropia“, werden hier, im Titusbrief, als wichtigste Eigenschaften Gottes benannt, die er uns in Jesus Christus, dem Kind in der Krippe von Bethlehem, zeigt. Das ist das eigentliche Geschenk, das wir an Weihnachten feiern. Weihnachten heißt nichts anderes als: Gott hat uns in Christus seine Freundlichkeit und Menschenliebe erwiesen, damit wir durch sie verändert und erneuert werden in unserem Denken, Fühlen und Handeln.

Unser Predigttext nennt es mit Anspielung auf die Taufe etwas verklausuliert „das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist.“ So zeigt sich die Grenzenlosigkeit von Gottes Liebe paradoxerweise in einem Kind, dem göttlichen Kind als winzigem Neugeborenen im ärmlichen Stall von Bethlehem, das Gott ausersehen hat, für uns, als geistlich bestimmte Menschen, im Glauben Errettung und Erneuerung zu erwirken. Gott ist ein „Philanthrop“; der hat uns Menschen so sehr lieb, dass er uns ganz nahe kommen will in Jesus Christus, seinem Sohn. Wir dürfen und sollen uns von dieser Liebe Gottes verwandeln und erneuern lassen.

Unser Glaube soll Auswirkungen in unserem Leben haben, er soll eben nicht nur ein isoliertes Feiertagsthema sein und sich erschöpfen in Tradition und Konvention, sondern sich in unserem Leben manifestieren. Unser Glaube hat Bedeutung für unseren Umgang miteinander und sogar mit dem, was Titus „die Obrigkeit“ nennt. Anders gesagt: Das Weihnachtsereignis soll uns auch im Alltag der Welt zu weihnachtlichen Menschen machen, die von der Liebe Gottes bewegt werden. So soll unser Leben ein Spiegel der Güte und Menschenliebe Gottes sein, die er uns in Jesus Christus gezeigt hat. Im Licht von Weihnachten, im Licht der Menschenfreundlichkeit Gottes, sollen wir selber andere werden, mit Christus „wiedergeboren“ werden, wie der Titusbrief es formuliert, indem wir versuchen, die Botschaft von Weihnachten in unserem Leben umzusetzen. Was heißt das? Es bedeutet, freundlicher, liebevoller, gütiger und gnädiger miteinander und mit uns selbst umzugehen. Weihnachtliche Menschen sollen wir sein, in denen sich etwas von der Freundlichkeit und Menschliebe Gottes spiegelt – und zwar an allen Tagen im Jahr, eben nicht nur an Weihnachten!

Das Geschehen von Bethlehem hat eine innere Bedeutung, die bis heute trägt und Menschen verwandeln kann. Weihnachten in Bethlehem ist nicht nur ein zeitlich und räumlich weit entferntes Ereignis, das wir aus der Distanz anschauen oder uns am Heiligen Abend im Krippenspiel bildhaft vergegenwärtigen. Weihnachten in Bethlehem soll UNSER Weihnachten werden, so wie das der Liederdichter Angelus Silesius einmal ausgedrückt hat: „Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in dir: du bleibst doch ewiglich verloren.“

Bleibende Sehnsucht nach Liebe und Frieden

Es Weihnachten werden zu lassen in unseren Herzen, unsere Gedanken und Handlungen bestimmen zu lassen von der Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, mit der er uns aus Gnade selig gemacht, dazu werden wir also heute, am 1. Weihnachtsfeiertag, durch unseren Predigttext ermuntert. Und diese Ermutigung zu einem mitmenschlichen Verhalten brauchen wir vielleicht umso dringender, weil wir wissen, wie oft wir damit scheitern – feiertags wie alltags! Mit den Feiertagen und dem Beginn des neues Jahres verbinden sich für viele Menschen große Hoffnungen: dass die Familie zusammenfindet und einträchtig beieinander ist, dass sich Probleme lösen lassen, dass sich Besinnlichkeit einstellt, innere und äußere Harmonie. Oft werden diese guten Vorsätze und Wünsche bitter enttäuscht: Der Weihnachtsfrieden wird schnell wieder gebrochen, Konflikte brechen auf, nicht Abgearbeitetes holt uns wieder ein.

Vielleicht haben Sie das selbst schon erlebt. Die weihnachtliche Botschaft von Liebe und Verständnis stößt an die Grenzen unserer Selbstsucht, unserer Kritiksucht, unseres Missmutes, unserer Unzufriedenheit und Ungnädigkeit mit uns selbst und andern. Weihnachten ist dann nur eine kleine Atempause mitten im großen Dauerstreit, ein kleines Aufflackern von Liebe in einer lieblosen Zeit, ein bisschen Gerede vom Frieden in einer ansonsten heillos unfriedlichen, auf Konflikt, Gewalt und Krieg gepolten Welt. Wie oft wird der Weihnachtsfriede gebrochen – im engen Familienbereich, wie in der großen Weltpolitik! Wie oft scheitern wir Menschen daran, Gottes Liebe zu uns gerecht zu werden, d.h. selbst Liebe zu üben, den Frieden zu suchen und nicht den Streit.

Weihnachten – das „Fest der Liebe“? Weihnachten – das „Fest des Friedens“? Davon scheinen wir weit entfernt in diesen lieblosen und unfriedlichen Zeiten. Darum lachen viele nur noch verächtlich über die abgedroschenen Phrasen von Besinnlichkeit und Harmonie, mit der uns die Weihnachtsindustrie vor und an den Feiertagen überschwemmt. Aber wie arm wäre die Welt, wenn wir gar keine Sehnsucht mehr hätten nach Liebe für uns selbst und Frieden unter den Menschen? Wie arm wäre die Welt, wenn es keine Erinnerung mehr gäbe daran, dass wir der Lieblosigkeit etwas Liebevolles entgegensetzen können und Frieden schließen könnten, wenn die Menschen es denn wirklich wollten.

Aber Gott sei Dank – sie ist ja noch da, diese Sehnsucht nach einem gerechten Leben, nach Heil, nach Frieden und Liebe, ja, auch nach Güte und Menschenfreundlichkeit! Nur geben wir dieser Sehnsucht nach einem anderen, besseren Leben meistens so wenig Raum in uns und zu wenig Chancen zwischen uns. Weihnachten ist die jährliche, intensive Erinnerung an dieses andere bessere, gütige und menschenfreundliche Leben, das wir führen könnten, wären wir nicht so sehr verstrickt in unsere Streitereien und Lieblosigkeiten, Aggressionen und Verletzungen, die sich einzelne Menschen, Gruppen und ganze Völker zufügen in dieser Welt.

Weihnachten ist und bleibt der anschauliche Fingerzeig auf die Menschenfreundlichkeit und Barmherzigkeit Gottes, der uns trotz aller unserer Fehler, trotz unseres Fehlverhaltens, unserer Lieblosigkeit, Heillosigkeit, Friedlosigkeit bedingungslos annimmt; der uns zum Guten verwandeln und erneuern will im „Bad der Wiedergeburt“ und „Erneuerung im heiligen Geist“, wie das der Titusbrief nennt. Es ist wahr: Wir bleiben einander und damit Gott vieles an Liebe und Frieden schuldig in unserem Leben, jeder und jede von uns, und doch ist Gott barmherzig gegen uns, allein aus Güte, allein aus Gnade, sola gratia, mit den Worten des Titusbriefes: „… machte er uns selig – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit“ oder im letzten Satz unseres Predigttextes, „damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung.“

Ja, auch wenn wir mal wieder scheitern mit unseren guten weihnachtlichen Vorsätzen, vielleicht auch dieses Jahr. Ja, auch wenn wir merken, wie schwer es uns fällt, freundlich und achtsam miteinander umzugehen: Es ist doch gut, dass Weihnachten die Sehnsucht danach in uns wachhält; uns das Geschenk von Gottes gnädigem Erbarmen anbietet. Aus seinem, aus Gottes Frieden wächst uns Frieden zu, den wir weitergeben können; aus seiner Liebe fließt uns Liebe zu, die wir teilen können. Unverdient bekommen wir das alles als Geschenk, das wir Gottes „philantropia“ verdanken, seiner Barmherzigkeit und Menschenfreundlichkeit, die wir an andere Menschen weitergeben können. Weil uns Gottes Güte erschienen ist, können wir freundlich zueinander sein – wir müssen uns nur dazu entschließen. Wenn wir unsere inneren Werte an Gottes Eigenschaften, seiner unfassbaren Güte und Liebe ausrichten, die er uns in seinem Sohn Jesus Christus gezeigt hat, sind wir auf einem guten Weg dorthin. Als Unterpfand für diese Möglichkeit zum Guten haben wir den heiligen Geist. Aus seiner Kraft der Erneuerung können wir als Christinnen und Christen schöpfen an jedem Tag. Er hilft uns, manche Dinge in unserem Leben anders anzupacken, sie neu anzugehen, gestärkt und gestützt durch Christus, den der Titusbrief hier ganz bewusst mit dem vornehmsten aller Messiastitel belegt: „soter“, d.h. „Retter“, mit Martin Luthers Worten: „Heiland.“

Das kleine, unscheinbare, verletzliche und wehrlose Kind in der Krippe ist der Heiland der Welt. Dieses unschuldige Wesen, das nur Liebe und Frieden ist, ist das Hoffnungszeichen für die lieblose und unfriedliche Menschheit, ist Licht im Dunkel der Welt. Er ist auch unser Halt und Trost, unser Heiland, der uns mit seiner Wärme und seinem Glanz umfängt – nicht nur, aber ganz besonders an Weihnachten. Mit den Worten der letzten Strophe des Liedes, das wir gleich im Anschluss miteinander singen werden: „Drum, Jesu, schöne Weihnachtssonne, bestrahle mich mit deiner Gunst; dein Licht sei meine Weihnachtswonne und lehre mich die Weihnachtskunst, wie ich im Lichte wandeln soll und sei des Weihnachtsglanzes voll.“ (EG 40,5)

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Ein Kommentar zu “Bleibende Sehnsucht nach Liebe und Frieden

  1. Pastor Heinz Rußmann

    Am etwas nüchternen ersten Weihnachtstag predigt Pfarrerin Rheinheimer tiefsinnig und lebendig über den eigentlich etwas spröden und sachlichen Text aus dem Titus-Brief. Ganz originell beginnt sie mit der Weihnachtspredigt des Franz von Assisi. Ihm lag das Kind in der Krippe und das Krippenspiel besonders am Herzen. Er sagte, dass wir das Jesus-Kind auf Händen tragen sollten. Das Gottes-Geschenk von Gottes Gnade an Weihnachten soll uns nachhaltig verändern. Es ist ein Geschenk und der Auftrag zur Nächstenliebe. Weihnachten soll nicht nur ein “Austausch” von Weihnachtsgeschenken unter uns sein. Weihnachtlich verwandelt können und sollten wir uns beim Fest und im Alltag als Christen bewähren. Der Predigttext aus dem Titus-Brief gibt Ratschläge für die christliche Verhaltensänderung. Viele verhöhnen heute in besonders kriegerischer und liebloser Zeit das Sprechen von christlicher Liebe durch Gottes Gnade. Aber wie arm wären wir ohne diese Sehnsucht! Gottes Güte hilft uns heute besonders. Der schöne Schluss: Das Kind in der Krippe ist unser Hoffnungszeichen, Halt und Trost. Jesus ist die Weihnachts-Gnadensonne auch in der Dunkelheit. Passend zum ersten Weihnachtstag, ausführlich und überzeugend predigt Pfarrerin Rheinheimer über die Weihnachtsbotschaft.

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