Brot, Brocken, Sauerteig

Nahrung für Seele und Körper

Predigttext: Markus 8,1-9
Kirche / Ort: Epiphanias-Kirche / Mannheim-Feudenheim
Datum: 04.10.2020
Kirchenjahr: Erntedankfest
Autor/in: Pfarrerin Dorothee Löhr

Predigttext: Markus 8,1-9 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

Die Speisung der Viertausend

1 Zu der Zeit, als wieder eine große Menge da war und sie nichts zu essen hatten, rief Jesus die Jünger zu sich und sprach zu ihnen: 2 Mich jammert das Volk, denn sie harren nun schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen. 3 Und wenn ich sie hungrig heimgehen ließe, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind von ferne gekommen. 4 Seine Jünger antworteten ihm: Woher nehmen wir Brot hier in der Einöde, dass wir sie sättigen? 5 Und er fragte sie: Wie viele Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben. 6 Und er gebot dem Volk, sich auf die Erde zu lagern. Und er nahm die sieben Brote, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, dass sie sie austeilten, und sie teilten sie unter das Volk aus. 7 Sie hatten auch einige Fische; und er sprach den Segen darüber und ließ auch diese austeilen. 8 Und sie aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll. 9 Es waren aber etwa viertausend; und er ließ sie gehen.

Hinweis zum Gottesdienst

Aus den bekannten Gründen sind unsere Gottesdienste im Augenblick kurz und knackig, sogar an Erntedank. Trotzdem soll es etwas Besonderes geben: einen Dialog zum Gleichnis vom Sauerteig. Er ist ursprünglich für die Übertragung im Altenheim entstanden, soll aber der Gemeinde nicht vorenthalten werden. Und das Lesen im Dialog erfreut auch die Ältesten.

Wir haben uns für ein Agape-Mahl entschieden, das schon an den ausgezählten Plätzen gedeckt ist: ein Papier-Backförmchen mit einem Stück Brot und einer einzelnen Traube darin, das wir dann zeitgleich an den Plätzen essen können. Bei gutem Wetter werden wir im Freien feiern, und dann auch aus vollem Herzen singen. Ansonsten singt ein kleiner „Corona“-Chor.

Lieder

"Wir pflügen ..." (EG 508)
"Dank sei dir Vater" (227)
"Herr, die Erde ist gesegnet" (512)

zurück zum Textanfang

Sammlung

In ein paar Tagen haben wir wieder Bethel-Kleidersammlung. „Brockensammlung“ nannte Friedrich von Bodelschwingh seine Sammlungen für Bethel und knüpfte damit an das Doppelwunder der Speisung an:

Nicht nur, dass Jesus mit Hilfe seiner Jünger in der Wüste viertausend Menschen satt machte, obwohl nur sieben Brote und einige Fische da waren, ist erzählenswert. Auch, dass nach der Speisung so viele Brocken übrig blieben, ist wundervoll – die Fischreste wurden offenbar nicht gesammelt, aber sieben Körbe voller Brocken! „Sie aßen aber und wurden satt und sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll.“ Die Mangel-Gesellschaft von damals und auch unsere Überfluss-Gesellschaft von heute erscheinen in Jesu Gemeinschaft in einem neuen Licht. Gemeinschaftsspeisung und Brockensammlung in der Wüste – das ist ein erstaunlich nachhaltiges Doppel-Wunder.

Speisung

Das ist anders als bei der Wüstenspeisung mit Manna – Manna, das Himmelsbrot, das jeden Morgen neu vom Himmel kam und nicht gehortet werden sollte. Bei der Speisung in Jesu Namen konnten Vorräte angelegt werden: Sieben Körbe voller Brocken. Es ist ein Zeichen des schöpferischen Überflusses und die Aufforderung nichts wegzuschmeißen. Jesus gibt nachhaltig. In diesem Geist wollen wir uns auch dieses Jahr wieder an der Betheler Brockensammlung beteiligen.

Die Auslegungsgeschichte hält viele Erklärungsmuster für das Doppelwunder der Speisung bereit. Mir gefällt besonders die Botschaft, dass offenbar in der Gegenwart Jesu keine Konkurrenz auftaucht zwischen Nahrung für die Seele und Nahrung für den Körper. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, so lautet Jesu Wüstenerkenntnis, aber verhungern soll der Mensch auch nicht. Ja, das fröhliche Essen mit Sündern war offenbar an Jesus so bemerkenswert, dass er als „Fresser und Weinsäufer“ bekannt wurde.

Wenn das Brot, das wir teilen …”

„Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“ – dieses Sprichwort von Bertolt Brecht passt aber trotzdem nicht für ihn und seine Jünger, eher das Lied: „Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt!“ oder „Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht“.

Jesus, das Wort Gottes in Person, war als  Erzähler der Gleichnisse vom Himmelreich schnell bekannt. Dem „Brot für die Welt“ geht bei Jesus das „Wort für die Welt“ voraus, beides gehört in seinem Wirken untrennbar zusammen. Das Wort-Brot des Lebens und die Brockensammlung danach – beides ist geistvoll.

Eine durch Jesu Geist genährte Seele kann für den Leib des Nächsten sorgen, ein dankbar geteiltes leibliches Mahl nährt auch geistlich, und zwar so nachhaltig, dass die übrigen Brocken noch weitere Verwendung finden und bis heute geradezu verschwenderisch und zukunftsweisend von der Güte Gottes erzählen. In Jesu geistvoller Gegenwart wird keiner ohne Brot und Wort weggeschickt, in seiner Gemeinschaft muss nichts weggeschmissen werden, und keiner muss raffen und hamstern, aus Angst, zu kurz zu kommen.

(Dialog zu Matthäus 13,33: Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter einen halben Zentner Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.)

Hast du schon mal Brot gebacken?
Ja, aber nur mit Hefe, nicht mit Sauerteig.
Wenn man einmal damit angefangen hat, schmeckt einem anderes Brot nicht mehr so gut, man weiß genau was drin ist, und frisch ist es auch. Und ganz besonders ist das Kneten! Ich stelle mir das so vor: Ich knete den Teig, aber Gott knetet dabei gleichzeitig meine Gedanken so richtig durch, und am Ende bin ich wieder aufgeräumt, die Küche duftet und alle wollen etwas abbekommen!
Und jedes Mal staune ich, dass so wenig Sauerteig, so viel Mehl hochheben und groß werden lässt. Kleine Menge, große Wirkung! –
Damit haben wir ja in letzter Zeit weltweit Erfahrungen gesammelt.
Wie meinst du das?
Na, der kleine Corona-Virus hat die ganze Welt verändert.
Stimmt, aber da bleibe ich lieber beim Brotbacken.
Und ich freu mich auch schon aufs Abendmahl, dass wir an Erntedank das Corona-Fasten endlich brechen – in gebührendem Abstand natürlich.
Die katholischen Geschwister feiern es ja auch schon wieder, und wir sind doch der Leib Christi und gehören zusammen, nicht nur wenn wir sein Mahl feiern.
Ja, viele Körner ergeben ein Brot, und viele Glieder einen Leib. Daran muss ich auch immer denken, wenn ich so ein frischgebackenes duftendes Brot aufschneide.
Dass so etwas Alltägliches und eigentlich so Kleines wie ein Brot so wunderbar sein kann!
Das macht irgendwie Mut. Ich denke auch, dass wir Christen damit Erfahrungen haben, dass wenige Jünger gemeinsam einen großen Unterschied machen.
Ja, Ich habe mich auch etwas gewundert, dass jetzt von führenden Kirchenleuten so oft gesagt wird, dass die Menschen aus der Kirche austreten und weniger Kirchensteuern da sind. Sie sollten doch lieber für den Glauben werben und zur Treue ermutigen.
Für den einzelnen Christen verändert sich ja gar nicht so viel, wenn andere austreten. Wir versuchen unserem Glauben treu zu bleiben, egal, wie viele andere sich abwenden. Und in China wächst die Kirche übrigens, obwohl das Leben dort viel schwerer ist als bei uns!
Da fällt mir etwas ein: Wir sind sozusagen der Sauerteig, mit dem Gott etwas Gutes backen will für alle!
Ja, jetzt wo wir alle so durchgeknetet sind durch Corona, ist vieles klarer in den Blick gekommen.
Was denn?
Die neue Wertschätzung des Alltags. Die Leute sind wieder dankbarer und achtsamer in ihrer unmittelbaren Umgebung, dankbar für gute Nachbarn und großzügige Gärten, für freundliche Gespräche und dass einer dem andern hilft bei ganz einfachen Sachen des Alltags.
Ja, Wertschätzung und Dankbarkeit im täglichen Leben – das sind die Zutaten des Himmelreichs! Wir alle können sie untermischen.
Wir können uns einmischen mit unseren Erfahrungen, mit unserem Glauben, mit unserer Liebe und Hoffnung, und der Sauerteig unserer Gesellschaft sein. Wir tragen und heben mit und sorgen dafür, dass gutes Brot gebacken wird, das Brot des Lebens, von dem alle satt werden!
Das kürzeste Gleichnis Jesu fasst es doch sehr gut zusammen:Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter einen halben Zentner Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war”.

 

 

 

zurück zum Textanfang

Ein Kommentar zu “Brot, Brocken, Sauerteig

  1. Pastor i.R.Heinz Rußmann

    Naturwunder wie Brotvermehrung sind schwer zu predigen. Heilungswunder werden seit Drewermann psychologisch- esoterisch erklärt. Deswegen hat Pfarrerin Löhr das Gleichnis vom Sauerteig eingewoben, baut einen Dialog zum Schluss der Predigt ein und feiert in Corona-Zeiten ein Agape -Abendmahl mit Papiertüten und Brotstück und einer Weintraube. – Ihre Predigt beginnt sie mit dem geläufigen Begriff Brockensammlung. Jesu Speisung erinnert an Gottes Manna-Speisung für das Gottesvolk in der Wüste. Das Besondere an Jesus ist, dass es bei ihm keine Konkurrenz zwischen der Speisung der Seele und des Körpers gibt. Dann folgt im zweiten Teil der Predigt ein Dialog über die Speisung Jesu mit dem Sauerteig-Wunder. Zusammenfassend heisst es. dass Wertschätzung und Dankbarkeit durch Jesus für uns Brot des Leben sind. Eine kurze, interessante und prägnante Predigt.

Ihr Kommentar zur Predigt

Ihre Emailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert.