Brot vom Himmel

Was stärkt und sättigt?

Predigttext: Johannes 6, 47-51
Kirche / Ort: Pauluskirche / 76275 Ettlingen / Ev. Landeskirche in Baden
Datum: 10.03.2013
Kirchenjahr: Lätare (4. Sonntag der Passionszeit)
Autor/in: Pfarrerin Kira Busch-Wagner

Predigttext: Johannes 6, 47-51 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Christus spricht:  Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben.  Ich bin das Brot des Lebens.  Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben.  Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Weigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.

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Zum Verständnis der Perikope ist einerseits der Zusammenhang des ganzen 6. Kap., zum anderen die Konnotationen der tragenden Stichworte hilfreich und nötig. Den Predigenden sei auch geraten, in die eigenen oder in fremde Arbeiten zu schauen (zum So. Lätare vor 2 Jahren, wo die Anschlussverse auszulegen waren und Vorgeschichte und Zusammenhang vielleicht ausführlich berücksichtigt wurden). Der Himmel/ die Himmel: biblisch Synonym für die Gegenwart Gottes, sein (Be-)Reich, Raum seines Wirkens. Das Fleisch: biblisch Synonym für die vergängliche Schöpfung, für irdisches Leben, Kreatürlichkeit. Im Licht biblischer Tradition wird die Gratwanderung deutlich zwischen Vergötzung des Fleisches (dazu lässt sich fast jede Glamour-Zeitschrift heranziehen) und seiner Abwertung. Das Brot: Noch bevor man die eucharistische Dimension aufgreifen muss, sind die Speisungswunder Alten und Neuen Testaments zu bedenken, den Lebenserhalt und die Sendung, die Gott damit schenkt (z.B. Elia, der von den Raben versorgt wird), Rettung, Gemeinschaftlichkeit und nährende Kraft, die damit verbunden ist. Hier ist der Sitz im Leben auch für jede eucharistische Bedeutung.

Das Leben: Der biblische Gott ist Lebensschöpfer schlechthin, er erhält und bewahrt Leben. Leben ist Nähe zu Gott (und Tod entsprechend Distanz und Gottesferne). Auferstehung und (Neu-)Schöpfung hängen unmittelbar zusammen, decken und bestätigen einander. Dem entspricht der Sonntag als Tag eins der Schöpfung und der Auferstehung.

Lieder

„Liebster Jesu“ (EG 161)
„Dein Wort, Herr, nicht vergehet“ (EG 295, 4)
„Korn, das in die Erde“ (EG 98, Wochenlied) oder „Jesu, meine Freude“ (EG 398, WL)
“Er ist das Brot“ (EG 228)
„Gott hat das erste Wort“ (EG 199)

 

 

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Mittendrin in der Passionszeit sind wir, mittendrin in der Fastenzeit. Manche nehmen sich vor zu fasten an Fernsehen oder Handybenutzung oder Alkohol oder Autofahren, an Lästern oder Vorurteilen. Mittendrin sind wir zwischen Aschermittwoch und Palmsonntag, sind mit Jesus auf dem Weg nach Jerusalem, auf dem Weg, der zur Kreuzigung führt. Dementsprechend auch unsere Predigtabschnitte in diesen Wochen, die uns auf verschiedene Weise von der Hingabe Jesu erzählen wollen. Von seinem Leiden in der Welt, seinem Leiden an der Welt. Die auch erzählen können von den Irritationen und Missverständnissen, die diesen Weg begleiten.

(Lesung des Predigttextes)

„Wahrlich, wahrlich …“, so beginnt es, und das ursprüngliche „Amen, Amen“, das hier in Jesu eigener Sprache steht mitten im griechischen Text, ist uns schon übersetzt, weil nicht alle auf dem Stand sind, wie die Konfirmanden es sind, die längst gelernt haben: „Amen“, das heißt eben nicht: „Schluss, aus, Ende“, sondern: „so sei es“, „ja wirklich“, „ganz und gar fest und richtig ist es“, „dran will ich festhalten“, oder eben, wie hier wiedergegeben, „wahrlich, wahrlich“. Dann spricht Jesus ein kleines Stück aus einer großen Rede. Eine große Rede? Lassen Sie uns ein Stück zurückschauen, was vorher geschah. Eben haben ihn noch welche zum Brotkönig machen wollen, weil die wunderbare Speisung so hervorragend ausgefallen war. Allein 5000 Männer wurden erreicht, Frauen und Kinder mit ihren halben Portionen nicht mitgerechnet. Jesus aber besteht darauf, dass es auf die Speisung, auf die Quote, auf das Wunder, doch gar nicht so ankomme. Das sei doch ein Zeichen! Ein Zeichen, das auf Gott verweist. Wie Gott in ihm, Jesus, Gutes schenkt. Dass nun Gott ins Spiel kommt, dass in Jesu Handeln Gott handle, das wiederum ist den Leuten zu viel. Quotenkönig des Brotes, ja, Brotzauberer, ja, aber Verweis auf Gott? Was ist das? Ein gutes Stichwort! Denn schon einmal, so erinnert Jesus, hat man im Volk Israel gefragt: Was ist das? Ma-na? Man konnte das Ma-na essen, es war süß und weiß und lecker, eine Gottesgabe in der Wüste. Nur dort. Nicht zum Anbauen, nicht zum Aufheben, ein leckeres Brot und Gottesgeschenk in der Zeit des Übergangs, zwischen der Sklaverei Ägypten und dem von Gott gelobten, dem von Gott fest zugesagten Land. Ma- na? Vielleicht gibt es darauf wirklich keine knappe, kurze Antwort: Was ist das? Leben aus der Hand Gottes. Brot vom Himmel. Na dann, her damit, sagen die Leute zu Jesus. Mehr davon. Dauernd. Sie vergessen, dass das schon in der Wüste nicht so einfach geklappt hat. Wer Mana an sich raffte, dem hat es über Nacht zu stinken begonnen. Und jetzt? Mehr davon? O bitte, aber: Ich bin das Brot des Lebens, sagt Jesus nach dem Zeugnis des Evangelisten Johannes. Ich bringe Leben aus der Hand Gottes. Ich bin Antwort auf die Frage: Was ist das, was hat’s mit Gott auf sich? Was hat’s mit dem Leben auf sich. Daran beißen sich nun manche die Zähne aus. Das ist ihnen denn doch zu harte Kost. Die Stimmung kippt und andere Rufe werden laut: Was will der? Ist das nicht der Sohn von Josef? Was kann mit dem schon viel sein? Lebensbrot? Gotteskind? Damit sind wir bei dem heutigen Predigtabschnitt

Ja, wirklich, wahrhaftig, sagt Jesus. Genau so ist es. Wer vertraut, hat das ewige Leben, Leben bei Gott. Ich bin Lebensbrot. Denkt an das Mana in der Wüste. Lebensbrot und Himmelsbrot für die Zeit der Wanderung, für die Zeit in der Wüste. Lebensbrot aus Gottes Hand. Damals geschehen mit Wirkung bis heute. Die Väter sind gestorben. Nun bin ich da. Lebensbrot, Himmelsbrot. Zeichen Gottes in dieser Welt. Zeichen ewigen Lebens, Lebens mit und bei Gott. Solche Botschaft muss man erst einmal durchkauen, wirklich ganz und gar. Schließlich ist es nicht die einfachste Kost. Dieses Brot ist mein Fleisch, sagt Jesus. Das ist paradox, vor allem in der deutschen Sprache. Fleisch ist Brot? Wer sich aber schon einmal an der Bibel festgebissen hat, kann sich erinnern: Fleisch meint das Leben, Leben in seiner Vergänglichkeit und Normalität. Fleisch, das sind die Kreaturen schlechthin, Tiere und Menschen. Die Älteren unter uns mögen sich entsinnen: Früher hieß der Wortlaut des Glaubensbekenntnisses: Wir glauben die Auferstehung des Fleisches. Man hat das geändert, um nicht die falsche Vorstellung zu nähren. Auferstehung des Fleisches hieß – über die Auferstehung der Menschen hinaus – neues Leben, Erlösung für alles, was auf Erden lebt. Eine gewaltige Sache. Gottes Wort ist Fleisch geworden, heißt es am Anfang des Johannesevangeliums, hat Fleisch angenommen im Leben Jesu. Mitten in Israel. Unter den Menschen. Dazu gehört eben auch, was die Kritiker Jesu beanstanden: Jesus ist Josefs Sohn, man kennt die Familie. Er ist einer von ihnen. Hat ein Leben in den Grenzen des Fleisches, des Alltags, in den Grenzen von Anfang und Ende. Und Jesus hier im Johannesevangelium: Genau so wird Gottes Wort lebendig. Die wunderbare Speisung, das Brot für 5000 Menschen, sei uns das Zeichen, dass das Fleisch, das ganze Leben Jesu, dafür da ist, zur Stärkung und Sättigung für viele, für alle, für das Leben der Welt. Stark zu machen und satt, wenn durch Jesus die Freundschaft Gottes zu uns deutlich wird. Dass er uns anspricht, jede und jeden einzelnen. Brot, uns stark zu machen und satt, damit wir frei werden und unabhängig von allen und von allem, was uns auszehren will, kümmerlich machen, zurückwerfen will hinter das, was Gott uns zugesprochen und geschenkt hat. Das Leben Jesu, seine Hingabe, sein Heilen – das sei uns Stärkung und Sättigung, um davon zu zehren, wenn wir schwach sind und müde, Zuspruch brauchen und neue Hoffnung. Es sei uns Stärkung und Sättigung, um schwere Wege zu gehen. Das Wirken Jesu sei Stärkung und Sättigung für alle, die nach Gerechtigkeit hungern. Sie dürfen sich des Segens Gottes gewiss sein.

Im Buch des Propheten Jesaja wundert sich der Prophet einmal (Jesaja 55), warum seine Leute viel hergeben für das, was nichts wert ist, und das, was sie umsonst bekommen können, ausschlagen: die Stärkung und Sättigung von Gott her, Ermutigung und Hoffnung, Gerechtigkeit und Liebe, Gottes Bund und seine Gaben. Es ist dieselbe Frage, vor der der Evangelist Johannes und seine Gemeinde stehen. Der Prophet spricht zum Trost sich selbst und denen, die ihm zuhören, ein Gotteswort zu. Gott sagt: Mein Wort, das ist wie Regen und Schnee, der die Erde feucht macht und schließlich die Samen wachsen lässt und das Korn, aus dem schließlich Brot wird. Regen und Schnee sind auch umsonst und haben keinen Marktwert, aber sie wirken. Wirken, dass Menschen gestärkt werden und satt, dass sie frei werden und froh. Mein Wort, sagt Gott bei Jesaja, mein Wort kommt nicht leer zurück. Es hat Wirkung und Sinn. Es tut, was mir gefällt. Wozu ich es sende, das geschieht. Jesu Worte und Taten ringen genau um diese Erfahrung, Jesu Leben zeigen uns Wirkung und Sinn. Der Evangelist Johannes tut alles, um uns das nahe zu bringen. Gottes Wort kommt ins Fleisch, alltäglich und nahe. Gottes Wort zeigt sich unter den Bedingungen menschlichen Lebens. Am Ende ist es grade mal dreißig Silberlinge wert. 30 Silberstücke bekommt Judas für seinen Verrat. Es ist der biblisch bestimmte Preis für den Ersatz eines Sklaven, für Schadensersatz im Falle seiner Tötung. Der Knecht Gottes kommt im Dienst zu Tode. Jesus wird gekreuzigt unter Pontius Pilatus. Das Fleisch geht dahin. Das Weizenkorn fällt in die Erde und stirbt. Doch es wirkt, wozu Gott es sendet. Es bringt viel Frucht. Es bringt Brot des Lebens. Leben mit Gott. In dem wir anerkannt sind und groß als Kinder, als Töchter und Söhne Gottes. Ein Leben mit Gott auf dem Weg der Gerechtigkeit. Ein Leben, in dem wir stark sind, voller Hoffnung und Mut. Und satt sind von der Liebe, die uns gilt. Lassen Sie uns solches Brot immer aufs Neue kauen und essen, lassen Sie uns daran Anteil haben und andere einladen, lassen Sie’s uns sammeln und teilen. Jeden Tag neu – wie Israel es mit dem Mana in der Wüste tat.

 

 

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Ein Kommentar zu “Brot vom Himmel

  1. Pastor i.R. Heinz Rußmann

    In die Mitte der Passionszeit zieht uns diese Predigt. In lebendiger Sprache auch für Konfirmanden und jüngere Hörer erklärt die Pfarrerin, das Zeichen und Symbol, dass Jesus für Christen das Brot des Lebens ist. “Na denn her damit, sagen die Leute zu Jesus.” Sie erinnert, dass das Volk Israel in der Wüste das vergängliche Manna vom Himmel zur Rettung bekam. Jetzt ist Jesus das rettende Lebensbrot, das unvergängliche Himmelbrot zum ewigen Leben.- Die paradoxe und schwierige Aussage des Predigttextes, “dieses Brot ist mein Fleisch”, bringt Pfarrerin Busch-Wagner dem Verständnis der Hörer näher. Im Schlußteil betont die Predigt, dass Gottes Wort nach Gottes Willen duch Jesus wirkt. Im den besonders intensiven Schlußsätzen werden wir aufgefordert, das Brot des Lebens immer wieder zu kauen. – Sehr interessant sind die beiden, mir bisher unbekannten Informationen: Auferstehung des Fleisches bedeutete früher auch die Auferstehungshoffnung für ale Lebewesen, nicht nur der Menschen. Und die dreißig Silberlinge war der übliche Schadensersatz für einen getöteten Sklaven. – Sehr schön finde ich an der Predigt auch die prägnante Sprache und die meist kurzen Sätze.

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