Verkündigung, Unglaube und Glaube, das sind die Worte, die diesen Predigttext aus dem letzten Kapitel des Evangeliums nach Markus prägen. Zuerst verkündet eine Frau, Maria, was sich so Unglaubliches zugetragen hatte. Sie wird vom Evangelisten Markus genau zugeordnet. Es muss wohl nötig gewesen sein, dass er den Menschen damals erklärt, wer diese Frau war: Maria von Magdala, einem Dorf am Westufer des Sees Genezareth. Sieben böse Geister hatte Jesus von ihr ausgetrieben, die sie krank machten. Es war eine seiner großen Heilungen, und die Magdalenerin wurde darauf seine Begleiterin, wahrscheinlich seine Vertraute. Ihr erschien Jesus zuerst, als er auferstanden war. Wundert es euch, dass er gerade ihr erschien – und dass sie sagte: Er lebt? Seid ihr wie die anderen Jünger und Jüngerinnen, die ihr nicht glaubten?
Der Evangelist erinnert daran: Die, die damals ebenfalls mit Jesus unterwegs waren und durch seinen Tod in tiefe Trauer versanken, glaubten Maria nicht, als sie ihnen verkündete, dass Jesus lebe und sie ihn leibhaftig gesehen habe. Wie sollten sie auch. Es war damals mit dem Glauben nicht anders als heute. Keine Beweise, das reicht nicht, um zu überzeugen. War ihre Verkündigung umsonst? Sie war Zeugin, aber das war nicht genug. Zudem war die Gesellschaft ganz männlich orientiert. Zwar hatten sie erlebt, dass Jesus ein Mann war, der partnerschaftlich mit Frauen umging, mit ihnen diskutierte, sich von ihnen überzeugen ließ und seine Meinung ändern konnte. Aber wie schnell fallen Menschen in alte Muster zurück und zertreten solch neue Pflänzchen, die wie Samen aus der Lehre Jesu aufgingen. Ist es heute anders? Wann glauben wir eigentlich etwas? Was könnte uns neu überzeugen? Welche Verkündigung wäre nötig? Ist dass nicht eine der großen Fragen in unserer Kirche? Erinnern wir uns daran, wie schwer es war und es immer noch in einigen Schwester-Kirchen ist, Verkündigung von Frauen ernst zu nehmen?
In der Bibel hören wir: „Danach offenbarte er (Jesus) sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie über Land gingen. Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber auch denen glaubten sie nicht“. Wieder offenbarte sich Jesus. Er begegnete zweien von ihnen – auffallend, der Evangelist Markus beschreibt sie nicht näher. Wir wissen vom Evangelisten Lukas mehr: Er berichtet von zwei Jüngern, die auf dem Nachhauseweg von Jerusalem nach Emmaus waren. Jesus gesellte sich zu ihnen und beteiligte sich am Gespräch. Erkannt haben sie ihn auf dem Weg noch nicht. Erst als er bei ihnen zu Hause das Brot nahm, dankte, es brach und es ihnen gab , wurden ihre Augen geöffnet. Sie gingen ebenfalls und verkündeten, was sie erlebt hatten. Der Evangelist Markus sagt klar, auch ihnen, ihren Mit-Jüngern, glaubten sie nicht. Es ist, als würden wir heute uns nahe stehenden Menschen nicht glauben, was sie sagen. Hier geht es um Vertrauen. Die beiden Männer erleben dieses Nicht-ernst-genommen-werden nach einer außergewöhnlichen Erfahrung, die sie nicht für sich behalten können.Auch ihr Weltverständnis ist wie auf den Kopf gestellt, gilt doch: Tot ist tot! Und jetzt: Der Tote lebt?Gibt es etwas „Ver-rückteres“ als so etwas zu verkünden?Normalerweise gibt man sich damit der Lächerlichkeit preis, damals wie heute. Ob die Beiden, nachdem Jesus noch am gleichen Abend ihr Haus verließ, zunächst zweifelten, ob die Begegnung mit Jesus Traum oder Wirklichkeit war? Wir wissen es nicht. Aber Eines können wir mit Sicherheit sagen: Es waren drei Personen, die aufbrachen und verkündeten: Der für immer tot geglaubte Jesus lebt, er ist unter uns. Hatte nicht Jesus selbst einmal gesagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“?
Ein Anfang ist gemacht, denn jetzt berichtet der Evangelist Markus: „Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, dass sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen“. Jetzt ist Jesus mitten unter seinen Anhängern. Er spricht ihr verhärtetes Herz an, das Herz als den Ort, in den sie damals, vielleicht wir heute, den Glauben einlassen müssen. Das harte Herz, das kalte Herz, das Herz aus Stein, ist in seiner Auswirkung fatal. Es hindert uns zu erfassen, was mit Liebe und Wärme erfasst werden will. Es hindert den Durchfluss der Lebendigkeit, den guten Strom des Lebens durch Körper und Geist. Unglaube zementiert etwas. Aber folgen wir dem Bericht des Markusevangeliums: Unglaube kann von Unglaublichem verändert werden. Die Jünger erleben es. Ihr Unglaube wird von dem unglaublichen Erscheinen Jesu in Glauben verwandelt. Jesus hat ihre Herzen wieder weich werden lassen, und das bringt ihnen Lebendigkeit, es macht sie wieder sprach- und handlungsfähig. Genau wie Maria von Magdala bekommen sie jetzt einen Verkündigungsauftrag:
„Und er sprach zu ihnen: „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur“, „der ganzen Schöpfung“, so übersetzt die neue Genfer Bibel wörtlich den griechischen Urtext. Eine Aufforderung, die gehört und umgesetzt werden will. In der ganzen Welt wurde und wird das Evangelium verkündet. Ob immer gut? Eine berechtigte Frage, denn wir wissen, dass dem nicht immer so war und bis heute nicht immer so ist. Beschämend für uns, wenn die Verkündigung des Evangeliums mit Gewalt, Zerstörung kultureller Werte, Drohungen mit Fegefeuer und Hölle geschieht. Das hat Jesus nicht gemeint. Jesus wollte nicht „verdammen“, sondern „retten“ (V. 16). Nach dem Evangelisten Markus sollen Jesu Anhänger und Anhängerinnen mit dem weichen Herzen predigen. Ist das Herz voll der Liebe zu den Menschen, wie sie Jesus vorgelebt und gelehrt hat, voll der Überzeugung, dass Jesus mitten unter uns lebendig ist, dann teilen wir einander einladend mit, sagen weiter, was wir von ihm wissen und im Glauben mit ihm erfahren.
Es gibt noch einen Zusammenhang, der wichtig ist. Wie der Evangelist beschreibt, folgt auf die Begegnung mit dem Auferstandenen der Aufruf Jesu, mit dieser Erfahrung hinaus in die Welt zu gehen. Geht hin! Jeder und jede Einzelne! Sage das Evangelium, die „gute Nachricht“, weiter. Mache deinen Glauben öffentlich. Suche mit anderen das Gespräch darüber, was dich berührt, bestärkt und ermutigt – dich etwas überraschend ganz Neues spüren lässt, was der heutige Sonntagsname umschreibt („Quasimodogeniti“): „wie eben geborene (Kinder)“. Lass dein Herz, Mund und Hände „sprechen“. Du wirst Unglauben und Kopfschütteln begegnen, wirst ertragen müssen, als weltfremd, „realitätsfern“, abgestempelt zu werden. Das hat sich seit damals nicht geändert, ebenso wenig, dass Christen bis heute weltweit verfolgt werden. Aber du wirst auch offene Ohren und Herzen erleben, Menschen, die mit dir glauben, den Tod verlachen und dem Lebendigen trauen. Es ist nichts Harmloses, wozu wir eingeladen sind, es ist noch immer etwas unglaublich Aufrüttelndes, aber ungemein Tröstliches, wenn wir einander mit dem österlichen Gruß zurufen: „Christus ist auferstanden – Er ist wahrhaftig auferstanden!“