„Da berühren sich Himmel und Erde …“
Sehnsuchtsort Himmel – Heimkehr und Leben bei Gott
Predigttext: Offenbarung 1,4-8 (Übersetzung nach Martin Luther)
4 Johannes an die sieben Gemeinden in der Provinz Asia: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind,
5 und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Fürst der Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut
6 und uns zu einem Königreich gemacht hat, zu Priestern vor Gott und seinem Vater, dem sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
7 Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um seinetwillen alle Stämme der Erde. Ja, Amen.
8 Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.
Wunderbar! – Heute, an „Christi Himmelfahrt“ nehmen wir gemeinsam in großer Runde den Himmel in den Blick! Wir starren als Christen nicht mit hängenden Köpfen auf den Boden und beklagen, was alles kirchlich nachgelassen hat, sondern wir feiern in einem fröhlichen Gottesdienst die gewachsene christliche Gemeinschaft in unserer Region und richten miteinander den Blick nach oben, gen Himmel.
Ich liebe den Himmel! – Den irdischen Himmel als Raum über der Erde, dem Globus und den religiösen Himmel als Sehnsuchtsort, die himmlische Heimat, die uns niemand und nichts in der Welt nehmen kann. Ich liebe das Blau des irdischen Himmels über uns, getaucht in die göttliche Farbe. Ich liebe die mannigfaltigen Wolkenbilder, die den Blick in den Himmel nie gleich sein lassen. Kleine Schäfchenwölkchen ziehen langsam und träge dahin in lauer Frühlingsluft; mächtige Wolkengebirge bauen sich dunkel auf, wenn eine Gewitterfront naht. Ich liebe den klaren Sommerhimmel, in dem die Mücken tanzen; und den klaren Winterhimmel über einer hell gleisenden Schneedecke. Ich liebe die frühe Morgen- und die Abenddämmerung mit ihrer Ruhe und ihrem Frieden. Ich liebe den glühenden Himmel, wenn das Christkindchen Plätzchen backt. Und mit einer Tasse warmem Tee oder einer heißen Schokolade lässt sich auch ein dunkler Regentag mit wolkenverhangenem Himmel gut aushalten, ohne dass er auf unser Gemüt schlägt. Und schließlich: ich liebe den Nachthimmel mit seinen Sternenbildern – immer da, aber nicht immer zu sehen.
Was wären wir ohne den Himmel über uns? Was wäre die Erde ohne den Himmel über ihr? „Da berühren sich Himmel und Erde“, haben Bläser und Chor vorhin miteinander intoniert. Und an beidem haben wir Menschen Anteil: am irdischen Himmel als Teil der wunderbaren Schöpfung Gottes und am religiösen Himmel, wo wir bildlich und symbolisch gesprochen unseren Ort bei Gott verorten, unsere himmlische Heimat. Mit dem Wort „Himmel“, dieser biblischen Metapher, meinen wir im religiösen Sinne mehr als eine Beschreibung für Wetterphänomene oder die Sphäre der Raumfahrt, die die Astronauten erkunden und in dem die TV-und Radiosatelliten die Erde umkreisen.
Natürlich ist Gott überall, denn Gott wäre nicht Gott mit seiner Schöpferkraft, wenn man ihm einen bestimmten Platz auf der Erde zuweisen könnte. Darum sprechen wir in religiöser Sprache vom Himmel als seinem Reich, das nicht von dieser Welt ist. Wir können das Himmelreich zwar vergleichen mit innerweltlichen Dingen, so wie es Jesus tut in manchen seiner Gleichnisse, z. B. mit einem Schatz oder einer kostbaren Perle. Aber das sind immer nur Bilder für das, was an Fülle, an Reichtum und Schönheit in der Kraft und Macht Gottes liegt. Der Himmel, religiös gesprochen, ist für die Menschen immer schon Sehnsuchtsort für die Liebe in Fülle und den ewigen Frieden, wo kein Leid und kein Schmerz mehr sind, wie es in der Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel heißt.
Und Jesus, sein Sohn, unser menschlicher Bruder, sein Erdenbote, hat vollen Anteil daran, an dieser Liebe und Fülle, dieser Klarheit und Wahrheit, dieser Hoffnung und dieser Freiheit, an diesem himmlischen Frieden, dem ewigen Frieden. Er ist, wie unser Predigttext, der ebenfalls aus dem Buch der Offenbarung stammt, sagt, der „Christus“, griechisch „christos“, hebräisch der „meschiach“, deutsch der “Messias“, der „Gesalbte Gottes“, von ihm zum Erlöser der Welt ausersehen. Er ist der „treue Zeuge“ für Gott und ebenso der „Erstgeborene von den Toten“, will heißen: er bahnt für die Seele den Weg zu Gott, wenn wir hinübergeben von der irdischen Welt in die himmlische Welt, die Welt bei Gott.
Rückkehr der Seele in die himmlische Heimat, dorthin, wo auch ihr Ursprung liegt. Und auch die Macht und die Kraft, die im Glauben an Jesus Christus liegt ist „nicht von dieser Welt“; sie ist keine innerweltliche Macht wie die von Präsidenten oder Königen; nicht vergleichbar mit der Macht, die ein Mister Trump oder ein verkappter Zar Putin oder ein Pascha Erdogan haben. Sein Reich ist „nicht von dieser Welt.“ Jesus ist so wie alle anderen jüdischen Pilger zum Passahfest an Palmsonntag auf einem Esel in Jerusalem eingeritten, nicht auf einem stolzen, königlichen Pferd. Will sagen: Er war einer aus der Mitte des Volkes, einer von uns. In allem ist er uns gleich geworden, auch in der Not des Sterbens – aber nur, um von Gott viel herrlicher zu sich aufgenommen zu werden als „Herr über die Könige der Erde“, wie unser Predigttext sagt.
Lauter Ehrentitel, theologisch gesprochen ehrenvolle Christusprädikationen, die hier mit Jesus verbunden werden, nachdem er zu seinem und unserem himmlischen Vater gegangen ist. Darin liegt seine Kraft, an der Gott uns im Glauben an Jesus vollen Anteil gegeben hat: an seiner erlösenden, befreienden und rettenden Kraft. Das ist die christliche Auferstehungshoffnung, die uns erhebt über manche Trübsal der Erde und der Angst vor dem irdischen Tod. Christi Himmelfahrt, also der Weg und die endgültige Rückkehr von Jesus zu seinem himmlischen Vater folgt auf Ostern. Hier vollendet sich, was im Licht des Ostermorgens begonnen hat: Heimkehr und Leben bei Gott, umhüllt von der Liebe in Fülle. Diese große Verheißung gilt auch uns als den geliebten Kindern Gottes: Sein bei Gott, Freisein von allem Erdenleid und allem irdischen Schmerz, ewige Ruhe und himmlischer Friede von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Ich liebe das Leben jetzt und hier und heute! Und ich liebe genauso den Himmel! Ich mag den irdischen Himmel über mir und vertraue auf meine himmlische Heimat, die letzte Geborgenheit bei Gott. Und dieses Vertrauen auf Gott, unseren Vater im Himmel, macht mich schon jetzt gelassen und lässt mich heiter und froh unter dem Blau des Himmels hier auf der Erde leben, so lange, bis ich dereinst dort ankommen werde – „Wenn ich in den Himmel komm‘“, was ich natürlich hoffe!
Dieses Jahr erinnern wir an Martin Luther King, den schwarzen Bürgerrechtler aus den USA, der vor 50 Jahren ermordet wurde. Probeweise haben sich auch die schwarzen Sklaven auf den Baumwollfeldern der Südstaaten schon dorthin, in Gottes himmlisches Reich gesungen, was ihnen geholfen hat, trotz Misshandlung und Sklavenarbeit tagtäglich im Leben zu bestehen. Probeweise sind sie in einem ihrer Gospelsongs schon „in den Himmel einmarschiert“, den Ort der inneren Freiheit, die ihnen auch ihre Sklavenhalter auf der Erde nicht nehmen konnten: „Oh Lord, I want to be in that number“ sangen sie damals. „Gott, ich möchte zur Zahl derer gehören“, die einst zu dir kommen. So auch wir: Erde und Himmel gehören zusammen; wir Menschen und unser Gott, auf den wir hoffen und der uns in Jesus Christus, seinem, Sohn, sein menschliches Gesicht gezeigt hat. Als Christinnen und Christen gehören auch wir im Glauben zu ihm, der allen innerweltlichen Mächten und Kräften enthoben ist, von dem wir jetzt gleich singend bekennen werden: „Jesus Christus herrscht als König alles ist ihm untertänig.“
Gemeindelied: „Jesus Christus herrscht als König“ (EG 123)