Predigt

"… dass du seinen Weg bereitest"

Heilvoller und befreiender Gottes-Dienst

PredigttextLukas 1,67-79 (mit exegetischer und homiletischer Einführung)
Kirche / Ort:Fahrnau und Gersbach
Datum:13.12.2020
Kirchenjahr:3. Sonntag im Advent
Autor:Pfarrerin Ulrike Krumm

Predigttext: Lukas 1, 67-79 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

67 Und sein Vater Zacharias wurde vom Heiligen Geist erfüllt, weissagte und sprach: 68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk 69 und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils im Hause seines Dieners David – 70 wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten –, 71 dass er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen, 72 und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an seinen heiligen Bund, 73 an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben, 74 dass wir, erlöst aus der Hand der Feinde, ihm dienten ohne Furcht 75 unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen. 76 Und du, Kindlein, wirst Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest 77 und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden, 78 durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe, 79 auf dass es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.

Exegetische (I.) und homiletische (II.) Einführung

I.

Die Poesie der Übersetzung von Martin Luther, besonders von V. 78f, verlockt mich zur Lektüre des Urtextes. Da fällt mir einiges auf:

V. 68: Parallel und betont am Ende stehen „Israel“ und „sein Volk“. Den sich selbst Entfernten wird ihre eigene Identität wieder zugesprochen: Besinnt euch auf das, was ihr seid. Habt Mut und erlaubt euch, es wieder zu werden!

„Besuchen“ erscheint noch einmal in V. 78 und schafft dadurch einen Rahmen. Besuche sind gerade in diesem Jahr ein belastetes Thema – daran ließe sich anknüpfen. Besuch ist Gegenwart auf Zeit: Der Besucher geht auch wieder und überlässt die Besuchten ihrer eigenen Selbständigkeit!

Wenn Gott zu Besuch kommt, kündigt sich Gutes an: Ein Kind für Sara (Gen 21,1) oder Errettung aus Tyrannei (Ex 3,16: Ich habe mich euer angenommen). Das griechische Wort episkeptomai lässt zudem an den wahren Sinn bischöflicher (Episkopus) Auf-Sicht denken.

Interessant am griechischen Text ist auch die Formulierung „Er hat sich Erlösung (im Sinne von Lösegeld nach Mk 10,45!) gemacht“. Auch in V. 72 heißt es, dass Gott an den Vätern Erbarmen „gemacht“ hat. Der Erbarmer erscheint als der Schöpfer! Erbarmung schafft eine neue Welt mitten in der alten, knüpft an an das Bestehende, aber verändert wesentlich.

V. 69: Die Macht oder das Horn des Heils wird nicht nur aufgerichtet, sondern im griechischen Wortlaut „aufgeweckt“ - wie Jesus von den Toten aufgeweckt wurde! Auch dies deutet völlige Erneuerung an.

Ab V. 72 wird der Satzbau erst recht kompliziert. Gottes Gedenken an seinen Bund und der Eid für die Väter stehen im Griechischen nicht additiv; vielmehr erklärt das zweite das erste: im geleisteten Eid drückt sich der Bund aus. Der Ausdruck „ohne Furcht“ steht so nah bei den „Feinden“, dass er sich inhaltlich auch darauf beziehen kann – selbst wenn syntaktisch an die Verbindung zu „Dienst“ gedacht ist.

Dass man Gott auch „mit Furcht“ dienen könnte oder gar sollte, ist nicht im Blick. Eher vielleicht dies, dass Gott zu dienen in Situationen führen kann, die ihrerseits zum Fürchten sind – Johannes und Jesus haben das erlebt!

V. 75: „Unser Leben lang“ heißt wörtlich „an allen unseren Tagen“. Das ist konkreter: Auch ein einzelner Tag kann zur Herausforderung des ganzen Glaubens werden.

Ab V. 76 wendet sich der Blick von der Vergangenheit in die Zukunft. Der „Weg“, den das Kind vorbereitet, ist der „Weg des Friedens“ aus V. 79!

Tou dounai aus V. 77 entspricht derselben Wendung in V. 73: Durch Johannes' Gabe der Heilserkenntnis realisiert sich die Gabe Gottes, ihm zu dienen. Das scheint die zentrale Funktion des Täufers zu sein: Den Blick zu schärfen für die richtige, d.h. heilvolle und befreiende Art von Gottes-Dienst.

V. 78: Das „herzliche“, d.h. von Herzen kommende Erbarmen Gottes, begründet die Vergebung der Sünden (V. 77) und realisiert sich im Besuch des „aufscheinenden“ Lichtes – wörtlich parallel dazu scheint in Mt 2,2 den Weisen der Stern auf! „Ach du Aufgang aus der Höh“ (EG 450, Str. 4) gibt die substantivische Wendung zutreffend wieder. Man spürt die Bewegung, in die sich Hörende und Lesende hinein nehmen lassen können.

II.

Dass der Advent eigentlich Bußzeit ist, rückt gerade am 3. Advent mit der Zentrierung auf die Person Johannes' des Täufers in den Vordergrund. Aber mitten in zunehmenden Beunruhigung durch die Corona-Pandemie zur Umkehr rufen? Gar anpredigen gegen den letzte verbliebenen Rest Vorweihnachtsseligkeit mit Glühwein und Kerzenlicht? Das sei ferne!

Eher: Positiv in dem Bedürfnis nach Stimmung schon den ersten Schritt der Umkehr erkennen! Wer es sich gemütlich macht, kehrt sich für diesen Moment ab von Stress und innerem Zwang. Wird friedlich, sucht den Frieden in sich selbst und mit anderen. Wie schön, wenn Zeit dafür ist – wenigstens etwas!

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