Den Glauben leben und weitergeben

„Ich bin getauft“ - Dankbar dafür, getauft zu sein

Predigttext: Matthäus 28,16-20 (mit Einführung)
Kirche / Ort: Marienkapelle / Minden-Hahlen
Datum: 11.07.2021
Kirchenjahr: 6. Sonntag nach Trinitatis
Autor/in: Pfarrer i.R. Hartmut Frische

Predigttext: Matthäus 28,16-20 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

16 Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. 17 Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten. 18 Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. 19 Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes 20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

(Neue Genfer Übersetzung)

V.16) Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus für die Begegnung mit ihnen bestimmt hatte. (V.17) Bei seinem Anblick warfen sie sich vor ihm nieder; allerdings hatten einige noch Zweifel. (V.18) Jesus trat auf sie zu und sagte: ‚Mir ist alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben. (V.19) Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (V.20) und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.‘                                                          

Exegetische Vorüberlegungen zum Predigttext

- J. Jeremias übersetzt in V. 19 den ingressiven Aorist mit: „soeben ist mir übergeben worden“, Neutestamentliche Theologie, 1973, S. 294. Jesus hat mit seiner Auferweckung und mit seiner Himmelfahrt seinen Platz zur Rechten Gottes eingenommen. Eine neue Weltzeit hat jetzt begonnen.

- Wie Jesus gelehrt hat, beschreibt Rainer Riesner ausführlich in seiner Dissertation „Jesus als Lehrer“, 1988

- Barths Tauflehre wurde 1967 mitten in meinem Studium veröffentlicht. Die Theologische Fakultät in Bonn diskutierte sie ausführlich. „KD IV,4“ mit dem Titel „Die Taufe als Begründung des christlichen Lebens“ zu lesen, hinterließ bei mir einen bleibenden Eindruck.

- J. Moltmann schreibt zur Stelle: „Sie sprengt die Grenzen einer geteilten Welt. Sie umfasst das Religiöse ebenso wie das Politische, das Private ebenso wie das Soziale, die Lebendigen ebenso wie die Toten.“ Kirche in der Kraft des Geistes, 1975, S. 119

- E. Jüngel forderte in seinem Referat vor der EKD-Synode in Leipzig 1999 zur Einführung in das Thema: „Reden von Gott in der Welt. Der missionarische Auftrag der Kirche“: „Wenn die Kirche ein Herz hätte, ein Herz, das noch schlägt, dann würden Evangelisation und Mission den Rhythmus des Herzens der Kirche in hohem Maße bestimmen.“

Lieder

„Ich bin getauft auf deinen Namen“ (Wochenlied, EG 200)
„Er ist erstanden, Halleluja“ (116, 1.2.4)
„Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen“ (132)
“Herr Christ, dein bin ich eigen“ (204)

 

 

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Am Anfang eine Geschichte zum Schmunzeln: Ein Pfarrer fährt mit seinem Sohn im Auto durch seine Gemeinde. Da fragt der 5-Jährige: „Papa, stimmt das, dass alle, die hier wohnen, für dein Gehalt zahlen?“ Der Papa sagt: „Ja!“ Darauf der Junge: „Hast du dich schon mal dafür bedankt?“ – Nun, die Kirchensteuer ist ein wichtiges Element der Volkskirche, aber nicht das wichtigste. Dafür, dass sie fließt und in den letzten Jahren immer noch gestiegen ist, sollten die Pfarrer/innen und die anderen Mitarbeiter, die davon ihr Gehalt bekommen, dankbar sein. Da hat der 5-jährige Sohn eines Pfarrerehepaares vollkommen Recht. Aber das wichtigste ist die Kirchensteuer nicht. Pointiert hat ein lutherischer Pfarrer zum Wesentlichen zurückgelenkt und gesagt:

„Ein Christ ist derjenige, der es gelernt hat, für seine Taufe dankbar zu sein.“ Dieser Pfarrer hat genau gewusst, wie herausfordernd dieser Satz ist. Er wollte bewusst zum Nachdenken anregen, und das ist nicht falsch. Seit fast 50 Jahren taufe ich. Etwa 330 Menschen werde ich getauft haben, meistens Säuglinge, einige Kinder, eine ganze Reihe Konfirmanden und Konfirmandinnen, auch einige Erwachsene. Bei jeder Taufe hatte und habe ich die Hoffnung, dass für die Beteiligten der Taufgottesdienst ein deutlicher Schritt ist hin zu Gott ist und hinein in seine Gemeinde.

Seit vielen Jahren frage ich Eltern im Taufgespräch: „Sie möchten Ihr Kind taufen lassen. Was halten Sie denn von ihrer eigenen Taufe?“ Viele haben mir auf diese zugspitzte Frage eindrücklich geantwortet. Aber etwa ein Drittel der Eltern sagte dann: „Darüber haben wir noch nie nachgedacht.“ In den allermeisten Fällen habe ich dann doch getauft. Aber ich kann mir gut eine Kirche vorstellen, in der diesen Eltern gesagt wird: „Die Taufe ihres Kindes ist jetzt gar nicht dran. Wir laden sie erst einmal zu unserem nächsten Glaubenskurs ein; acht Abende, in denen wir über das „Christ werden – Christ bleiben“ gemeinsam nachdenken. Wir in unserer Gemeinde wünschen es ihnen, dass sie dann wissen, was ihnen ihre Taufe bedeutet. Danach können wir uns gerne über die Taufe ihres Kindes unterhalten.“ Wo erwachsene Menschen wünschen, dass ihr Kind getauft wird, da sollten sie diese Taufe mit Sinn und Verstand erleben. Bei jeder Taufe in unserer Kirche wird dieser Missions- und Taufbefehl Jesu vom Ende des Matthäus-Evangeliums gelesen. Jesus ist nach seinem Leiden und Sterben von Gott auferweckt worden. Er hat seine elf Jünger beauftragt, nach Galiläa zu kommen. Hier trifft er auf sie. Einige fallen vor ihm auf die Knie und beten ihn an; einige aber sind und bleiben von Zweifeln bewegt.

Dies ist erstens eine majestätische Schlussszene. So endet das Matthäusevangelium. Ich habe soeben vorgelesen, wie Jesus gesagt hat: „Mir ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben.“ Ein Ausleger übersetzt genauer: „Mir ist gerade gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Hier spricht derjenige, der dem Tode die Macht genommen hat und der dabei ist, seinen Platz zur Rechten Gottes einzunehmen. Er wurde in der Welt Gottes inthronisiert. Eine neue Epoche der Weltgeschichte ist eingeläutet.

Jesus sucht und sammelt Menschen, die dies glauben und die nun mit diesem neu eröffneten Horizont leben. Es ist zweitens eine Szene, in der die Jünger und Jüngerinnen den Auftrag bekommen: „Geht hin!“ In welcher Weise sind damals nach der Himmelfahrt und nach dem Pfingstfest die Apostel, die Boten Jesu aufgebrochen! In andere Städte Judäas, nach Samarien, nach Syrien und dann in viele andere Länder, um die man damals wusste. Auch heute sollten unsere Gemeinden Orte sein, an denen alte und junge Menschen Missionaren begegnen, die sich haben rufen lassen, hinaus zu gehen in andere Länder und Kontinente. Junge Menschen werden auch in unseren Kirchengemeinden gerufen, sich senden zu lassen, so wie Jesus es gelehrt hat. Aber es kommen auch aus den Kirchen anderer Länder und Erdteile Missionare zu uns. Sie evangelisieren, predigen und lehren unter uns, Menschen in den verschiedensten Hautfarben! Und wir sollten ihnen zuhören, von ihnen lernen und mit ihnen darüber staunen, was Gott heute in der weiten Welt tut. Und wir wollen unsere Augen nicht davor verschließen, dass Menschen in vielen Ländern der Erde, wenn sie Christen werden, unter Druck geraten, misstrauisch betrachtet und bedroht werden. Weil sie an Christus glauben, wirft man sie ins Gefängnis, und manche von ihnen werden verfolgt und getötet.

Und dann heißt es drittens: „Macht die Menschen zu meinen Jüngern.“  Menschen sollen dafür gewonnen werden, dass sie wie die Jünger und Jüngerinnen damals mit Jesus eine Lebensgemeinschaft bilden und sich von ihm in Dienst nehmen lassen. Er will für uns ganz da sein, und wir sollen ganz für ihn da sein. In der neuen Luther-Bibel steht hier und im nächsten Vers das Wort: „lehret“. Aber es geht nicht nur um das Lehren und Lernen von Glaubenssätzen, von Teilen des Katechismus, von Psalmen und Liedern. Vor Jahren hat dies den Unterricht bestimmt, der dann zur Konfirmation führt. Nein, Menschen sollen es lernen, als Jünger Jesu zu leben. Vor kurzem stieß ich auf den Satz von Leo Tolstoi: „Liebe deine Geschichte. Sie ist der Weg, den Gott mit dir gegangen ist.“ Wir sollen uns an die Menschen erinnern, die uns biblische Geschichten erzählt haben. An die Menschen, die uns mit ihrem Christsein beeindruckten. An die Menschen, die uns zeigten, wie wir unsere Fragen an die Bibel und an Gott und an das Leben stellen dürfen. Menschen, die uns gezeigt haben, wie wir Antworten finden und unser Leben danach ausrichten können. Wir dürfen uns an die Menschen erinnern, die .uns Dienste aufgetragen und an die Arbeit gestellt haben – für das Reich Gottes.

In dieser Rede Jesu am Schluss seines irdischen Lebens gebietet Jesus dann seinen Jüngern, und dies ist der vierte Punkt: „Taufet die Völker auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Wir haben heute den 6. Sonntag nach Trinitatis, den Sonntag, an dem es um das Gedenken an den Tag unserer Taufe geht. Ich war 27 Jahre alt und machte einige Tage Urlaub in einem Freizeitheim am Genfer See. Dort traf ich auf eine Frau, die war damals – ähnlich wie ich – Sekretärin der Vereinigten Bibelgruppen in der Schweiz. Ganz unvermittelt fragte sie mich: „Seit wann bist du eigentlich Christ?“ Blitzschnell habe ich überlegt: Soll ich jetzt noch einmal davon erzählen, wie ich als fast 14-Jähriger nach einem Jugendabend mit einem Evangelisten gebetet habe? Das war 1960. Damals im September 1973 habe ich  nicht davon erzählt. Ich habe gesagt: „Ich bin Christ, weil unsere Eltern meine drei Brüder und mich in ihr Glaubensleben mit hinein genommen haben.“ Ich hatte den Eindruck: Diese junge Frau war etwas verblüfft. Sie hat nicht weitergefragt. Ich wüsste nicht, wann ich sonst getauft worden wäre. So bin ich dankbar für meine Taufe mit Spree-Wasser einige Wochen nach meiner Geburt am 21. Juli 1946 in Berlin-Prenzlauer Berg. Es geht ganz von Gott aus, dass ich Jünger Jesu wurde. und mich ausbilden ließ, Pfarrer zu werden.

Fünftens: Jesus hat seine Jünger beauftragt, die Menschen, die Jünger werden und die sie getauft haben, zu lehren. Hier steht wirklich das Wort „lehren“. „Lehrt sie  alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.“ Jesus war ein wunderbarer Lehrer. Jemand hat sehr genau herausgearbeitet, wie Jesus nach den Evangelien  einprägsam gesprochen hat. Was er sagte, fiel in das Innerste der Menschen. Und wer ihn öfter gehört hat, der kannte viele seiner Sätze auswendig, viele seiner Gleichnisse und einzelne Worte, die er Menschen persönlich zugesprochen hatte. Wenn es in Apg 2 von der Urgemeinde in Jerusalem heißt: „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel!“, dann war dies der Grundbestand dieser Lehre, das, was sich die Jünger Jesu von seinen Predigten eingeprägt hatten. Natürlich haben sie es auch lebendig ausgelegt, bezogen auf die Menschen, die ihnen zuhörten.      

Und sechstens: Diese kurze Predigt Jesu endet mit dem eindringlichen Versprechen: „Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.“ Nach Apg 1 wurde Jesus von einer Wolke hinweg genommen. Er lässt seine Jünger allein. Aber er ist durch seinen Geist bei ihnen. Als Jesus geboren wurde, da hieß es von ihm: „Sie werden ihm den Namen Immanuel!“ geben.“ (Mt 1,23) Zu Deutsch: = Gott mit uns. Genau dies spricht Jesus am Schluss seines Lebens seinen Jüngern zu. Ich möchte nicht über die Problematik unserer Volkskirche nachdenken, ohne fest darauf zu vertrauen, dass der lebendige Christus an unserer Seite ist. Ich möchte nicht an die Ungerechtigkeiten auf dieser Erde, an die Kriegshandlungen und an die Gefährdung der Schöpfung denken, ohne vor Augen zu haben, dass Jesus selbst zur Rechten Gottes sitzt und die Welt bewahrt und zu Ihrem Ziel führt. Ich wage es nicht, über die Millionen Menschen in den unterschiedlichsten Religionen und Weltanschauungen auf dieser Erde nachzudenken und dann die Begegnung mit Juden und Muslimen, mit Hindus und Marxisten, wer es auch immer sei, zu riskieren, wenn ich nicht darauf vertrauen kann, dass Jesus, der vom Tode auferstanden ist, als der Lebendige mit mir ist. „Seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.“  

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Ein Kommentar zu “Den Glauben leben und weitergeben

  1. Pastor i.R. Heinz Rußmann

    Dieser Text ist quasi der Himmelfahrtstext des Matthäus-Evangeliums und enthält den missionarichen Auftrag der Kirche für den ganzen Erdball. Nach der launigen Einleitung in die Predigt von Pfarrer Frische ist das Thema: Ein Christ ist dankbar für seine Taufe. Bei jeder Kindstaufe müssten die Taufeltern die Bedeutung der Taufe neu und aktuell verstehen. Der Text zeigt die majestätische Schlußszene des Mtatthäus – Evangeliums. Bevor Jesus zur Rechten Gottes zurückkehrt, bekommen die Jünger den Missionsauftrag für alle Volker. Jesus weiß, dass es oft auch gefährlich ist. Aber alle Menschen sollen zu Jüngern und Jüngerinnen Jesu gemacht werden. Wunderbar ergreifend am Ende der Predigt sind die Jesus – Worte für Christen : “Ich bin bei Euch alle Tage bis an der Weltende.” Warmherzig und aktuell fordert die Predigt uns Christen heute auf, wieder mehr zu missionieren für Jesus. Das ist heute das aktuelle Ziel unserer Kirche.

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