Predigt

Den glimmenden Docht nicht auslöschen

Christsein im Alltag - das Schwache stärken

PredigttextJesaja 42,1-4(5-9)
Kirche / Ort:Auferstehungskirche / Lübeck
Datum:12.01.2014
Kirchenjahr:1. Sonntag nach Epiphanias
Autor:Pastor i.R. Heinz Ruβmann

Predigttext: Jesaja 42,1-9 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

1 Siehe, das ist mein Knecht – ich halte ihn – und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht unter die Heiden bringen. 2 Er wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen. 3 Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus. 4 Er selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen, bis er auf Erden das Recht aufrichte; und die Inseln warten auf seine Weisung. 5 So spricht Gott, der HERR, der die Himmel schafft und ausbreitet, der die Erde macht und ihr Gewächs, der dem Volk auf ihr den Odem gibt und den Geist denen, die auf ihr gehen: 6 Ich, der HERR, habe dich gerufen in Gerechtigkeit und halte dich bei der Hand und behüte dich und mache dich zum Bund für das Volk, zum Licht der Heiden, 7 dass du die Augen der Blinden öffnen sollst und die Gefangenen aus dem Gefängnis führen und, die da sitzen in der Finsternis, aus dem Kerker. 8 Ich, der HERR, das ist mein Name, ich will meine Ehre keinem andern geben noch meinen Ruhm den Götzen. 9 Siehe, was ich früher verkündigt habe, ist gekommen. So verkündige ich auch Neues; ehe denn es aufgeht, lasse ich's euch hören.

Exegetische -Überlegungen

Der zweite Jesaja, Deuterojesaja genannt, von dem die Kap. 40-55 des Jesaja-Buches stammen, gilt als der „Evangelist im Alten Testament.“ Nach Gerhard von Rad hat durch seinen Mund Gott „in Worten von bisher nie gehörter Großartigkeit und zugleich betörender Lockung gesprochen.“ Für die verbannten Landsleute in Babylon hat er vor 538 v. Chr. Trost-und Verheißungs- Sprüche geschrieben, aber auch Streit- und Scheltreden u.a. Er verkündete neue Hoffnung ja Gewißheit auf eine Rückkehr der verbannten Juden aus Babylon in ihre Heimat nach Jerusalem. Dabei erinnert er an den Auszug aus Ägypten. Gott wird als Schöpfer und Herr der Geschichte dabei neu herausgestellt. Gottes Kommen steht unmittelbar bevor. Vor allen Völkern wird er seine Macht offenbaren indem er sein Volk befreit und begleitet. Tatsächlich ist ja vieles durch das Kyros-Edikt erfüllt worden. - Besonders wichtig sind die vier Gottesknechts-Lieder, die von Christen als Verheißung auf Jesus gesehen werden (z.B. wird Kapitel 53 am Karfreitag gepredigt).

Der Predigttext steht in einem der vier Gottesknechts-Lieder. Jahwe stellt seinen Gottesknecht vor , wie ein König seinen Vasallen öffentlich neu beauftragt. Der Bevollmächtigte soll vor dem Hintergrund des neuen Auszugs auch glimmende Lichter trösten und Gerechtigkeit bringen. Deutlich ist, dass der Gottesknecht leise und nicht marktschreierisch auftritt. Vor allem hilft er und heilt er. - Wer der Gottesknecht ist und was er genau tun wird, gibt den Exegeten manche Rätsel auf: Ist es der namenlose Prophet selbst oder das Volk Israel, ein Anonymer in Babylon , der Perserkönig Kyros oder ein zukünftiger Messias , für Christen Jesus . Auf jeden Fall sprechen nach Gerhard von Rad die Gottesknechts-Lieder von der Bedeutung des Knechts, die weit über Israel hinausgeht, - Exegeten sind sich recht einig, dass die Verse 5-9 ein späterer Konkretisierungs-Versuch der ersten vier Verse sind. Die ganze vorgeschlagene Predigtperikope von V.1-9 ist so dichterisch und intensiv, dass ich empfehle, nur über den ersten Teil, d.h. die V.1-4, zu predigen. Dabei möchte ich besonders thematisieren: Jesus löscht glimmendes Lebenslicht nicht aus! Die mit Abstand tiefsinnigste Interpretation des Gottesknechtes und von Deutero -Jesaja finde ich bei Gerhard von Rad : Theologie des AT , Bd. 2. 248ff. Großartig ist auch die Auslegung von Eugen Drewermann: Tröstet, tröstet mein Volk!,S.388 ff.

Zu der Problematik und der Dialektik der Starken und Schwachen in der Natur und Gesellschaft möchte ich gern hinweisen auf Pierre Teilhard de Chardin siehe meinen Aufsatz: Die Stufen der Evolution nach Teilhard de Chardin -Heinz Rußmann unter Google-Suchwort oder Wikipädia-Link

Predigt-Überlegungen: Im Anschluss an Epiphanias sollte man am ersten Epiphanias-Sonntag konzentriert predigen über Jesus, das Licht der Welt: 1. Er wird als Gottesknecht, Beauftragter, Bevollmächtigter „den glimmenden Docht nicht verlöschen“ 2. Er selbst wird nicht ausgelöscht werden bis er seinen Auftrag erfüllt hat. Die Außenseiter- und Randsiedler-Problematik sollte in einer Themen-Predigt im Zentrum stehen.

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Die mit exegetischen Impulsen, Gebeten und einem Essay zu "Exegese und Homiletik" verbundenen Auslegungen wissen sich in einer weltweiten Communio, die "aus den Quellen des Heils" schöpft (Jesaja 12,3)... mehr lesen

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Heinz Janssen
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