Predigt

Die Kraft des Glaubens

Die Ängste verschwinden nicht, wir sehen sie sogar klarer, aber sie verlieren an Macht über uns

PredigttextJohannes 16,23b-28 (29-32)33
Kirche / Ort:Petersgemeinde / 60318 Frankfurt a.M.
Datum:10.05.2015
Kirchenjahr:Rogate (5. Sonntag nach Ostern)
Autor:Pfarrer Andreas Hoffmann

Predigttext: Johannes 16,23b-28 (29-32)33 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984) Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben. Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei. Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Zeit, dass ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin. Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater. Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Einführung zum Predigttext

Jesus steht kurz vor seiner Verhaftung in Gethsemane (Abschiedsreden). Jesus bereitet seine Jünger auf seine Passion vor. Sie werden Angst und Schrecken erleben. „Angst lehrt beten“ heißt es. Gebet ist eine starke Waffe gegen die Angst, das wissen auch Menschen, die sonst nie beten. Was kann man da erwarten? Jesus gibt eine Garantie der Gebetserhörung: „Wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bittet, wird er es euch geben“. Damit wird Gott zum Wunschautomat. Die Aussage über die Gebetserhörung ist ärgerlich, provokativ und führt zur Krise im Glauben. Das ist eine Anfrage an die persönliche Gebetspraxis sowie an eine Theologie des Gebetes. Warum sprechen wir Fürbitten? Für was können wir beten im Gottesdienst, für was nicht? Um gutes Wetter? Die Worte im Predigttext sind im Kontext zu bewerten. Jesus will den Jüngern die Angst nehmen. Beten geht auch direkt zu Gott, ohne Jesus als Fürsprecher.

Jesus bereitet seine Jünger auf das Alleinsein vor. Allein sein und doch nicht allein sein. Jesus macht es vor. Die Jünger werden ihn verlassen. Glauben gegen die Angst des Alleinseins trägt und tröstet. Jesus wird zum Vorbild und Coach. Beten gegen die Angst. Hier bekommen wir alles was wir brauchen, die Grundlage für unser Leben, damit wir nicht in unseren Ängsten versinken und die Angst uns lähmt. Doch Gebet dürfen wir nicht zu einfach sehen. Es ist das Vertrauen darauf, dass Gott uns geben wird, worum wir bitten, aber nicht so wie wir es erwarten und wie wir denken. Gebet kann einen wieder auf die Spur bringen, wenn man aus der Bahn geworfen wurde, aber es kann mich auch völlig aus der Bahn werfen. Gebet ist aber auch nur Hingabe an das, was ist. Gebet ist Kontakt suchen zum Leben und zum Heiligen. Die Begegnung mit dem Heiligen ist nicht unbedingt harmlos. Gebet kann auch Erschrecken und Erschaudern bedeuten (Rudolf Otto „Das Heilige“), also selbst Angst machen, weil es uns mit uns selbst konfrontiert.

Jesus fordert auf, Ängste anzuschauen und mit Ängsten zu leben. Glauben beginnt mit dem Erschrecken, mit dem existentiellen Schock und mit den Abgründen. Sören Kierkegaard hat dies grundlegend beleuchtet („Der Begriff Angst“). Er betont, dass der Mensch erst lernen muss sich richtig zu ängstigen, damit man über die Auseinandersetzung mit der Angst zu sich selbst und zu Gott finden kann. Die Angst als Endlichkeit zu entlarven, führt zum Getröstetsein der Unendlichkeit. Der Umgang mit der Angst gibt Auskunft über das Christsein. In der Kunst hat Christoph Schlingensief die „Church of fear“ begründet. Diese Kunstaktion startete 2003 in der Biennale in Venedig und lief dann an vielen Orten. Sich seinen Ängsten zu stellen hat erlösende Kraft. Schlingensief musste dies dann auch in persönlicher Betroffenheit durchexerzieren als er an Lungenkrebs erkrankte und daran starb (Christof Schlingensief: „So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!“). Wenn wir unsere Ängste im Licht des Glaubens betrachten, ist Erlösung bereits im Gang, weil Christus die Welt überwunden hat.

Vgl. meinen Predigtimpuls im DtPfrbl 4/2015, S.217.

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Heinz Janssen
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