„Du hast mich gerettet …“
Vertrauen - feste Zuversicht, dass da eine Hand ist, die mich hält und mir hilft, meinen Weg zu finden
Predigttext | 1. Joh 3,1-2 ( mit Einführung) |
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Kirche / Ort: | Sinsheim / Ev. Landeskirche in Baden |
Datum: | 25.12.2021 |
Kirchenjahr: | Christfest (1) |
Autor: | Dekanin Christiane Glöckner-Lang |
Predigttext: 1. Johannes 3,1-2 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
Seht, welche Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum erkennt uns die Welt nicht, denn sie hat ihn nicht erkannt. Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
Einführende Sätze/Stichworte
Weihnachten ist die Zeit der Kinder. Als Erwachsene erinnern wir uns an die Weihnachtsfeste der Kindheit.
Im 1. Johannesbrief werden wir an die Verheißung Gottes erinnert: Ihr seid Gottes geliebte Kinder! Was bedeutet dies für unser Leben heute möchte ich fragen, gerade auch vor dem dunklen Hintergrund der Pandemie. Anhand der Eigenschaften eines Kindes soll der hochtheologische Text entfaltet werden.
Exegetische Überlegungen
In der Predigt konzentriere ich mich auf die Verse 1-2. VV 3-5 stehen fakultativ in der Perikopenordnung, setzen aber noch einmal eigene Akzente und entfalten besonders den ethischen Aspekt der Gotteskindschaft.
Was bedeutet die johanneische Gotteskindschaft? Interessant ist zunächst im 1. Johannesbrief die Verwendung des Begriffs „teknon“ für das Kind, was auf den Vorgang der Zeugung und Geburt, also auf die Abstammung hinweist. Auch die Formulierung „sperma tou theou“ (3,9) zeigt den Vergleich mit der naturhaften Zeugung. Zugleich aber wird deutlich, dass diese Redeweise eine übertragene ist: Das Gotteskind ist nicht der Same Gottes, vielmehr bleibt Gottes Same in ihm (Schnackenburg). Dennoch kann festgehalten werden: Das Verhältnis ist kein bloß juristisches (Adoption) oder moralisches, sondern ein Seinshaftes.
Rudolf Schnackenburg arbeitet in seinem Kommentar heraus, dass der 1. Johannesbrief vermutlich die Taufe als Ort der Zeugung voraussetzt. Die Zeugung aus Gott wie sie in Mysterienkulten bekannt wird, sieht er eher nicht als Vorstellung im Hintergrund.
Die Gotteskindschaft hat Auswirkungen auf unser Sein im Hier und Jetzt. Der Text erhält jedoch durch die Verben in der Zeitform des Futur klar auch eine Ausrichtung auf die Zukunft hin („Was wir sein werden“ „ihm ähnlich sein werden“, „ihn sehen werden“).
In der Regel wird die Ähnlichkeit der Christen mit Christus in den Auslegungen benannt. Auch der Fortgang des Kapitels 3 legt das nahe, wenn ausdrücklich vom Sohn Gottes gesprochen wird. Allerdings betonen die Verse 1-2 eher den Vater (V1) und daher die Ebenbildlichkeit mit Gott, wie sie sie bereits in der Schöpfung angelegt ist.
Nie werden - im Gegensatz zu Paulus - im johanneischen Schrifttum die Christen als Söhne und Töchter Gottes bezeichnet (Schnackenburg). Dies ist allein Christus vorbehalten.
Die Gottesschau ist der Grund der Gottähnlichkeit (Klauck). Dies erinnert an die gnostische Lehre von der Verwandlung durch Schau. Allerdings steht die endgültige, direkte und unverhüllte Schau Gottes für Christen noch aus. Dennoch hat die Gottähnlichkeit schon jetzt und hier ihre Auswirkungen auf unser Leben.
„Kinder Gottes“ ist demnach weit mehr als ein Name – es bedeutet eine neue Identität, die zu einem Leben nach dem Vorbild Jesu Christi drängt.
Literatur
Göttinger Predigtmeditationen, Vierte Reihe. 1. Advent bis Estomihi, Göttingen, 2021
Theo Heckel, Die Briefe des Jakobus, Petrus, Johannes und Judas, NTD, Göttingen, 2019
Hans-Josef Klauck, Der Erste Johannesbrief, EKK XXIII/1 Zürich, Braunschweig, Neukirchen-Vluyn, 1991
Rudolf Schnackenburg, Die Johannesbriefe, Herders Theologischer Kommentar zum Neuen Testament, Herder, Freiburg, Basel, Wien, 1984