Predigt

"Ehre sei Gott durch Zeiten und Welten…"

Israelsonntag in einer besonderen und elenden Situation - Erinnerung an Gottes Treue

PredigttextRömer 11,25-32
Kirche / Ort:Paulusgemeinde / 76275 Ettlingen
Datum:24.08.2014
Kirchenjahr:10. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrerin Kira Busch-Wagner

Predigttext: Römer 11:25-32 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Ich will euch, liebe Brüder, dieses Geheimnis nicht verhehlen, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet:Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, so lange bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist; und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht (Jesaja 59,20; Jeremia 31,33): »Es wird kommen aus Zion der Erlöser, der abwenden wird alle Gottlosigkeit von Jakob. Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde. « Im Blick auf das Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen; aber im Blick auf die Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen. Denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. Denn wie ihr zuvor Gott ungehorsam gewesen seid, nun aber Barmherzigkeit erlangt habt wegen ihres Ungehorsams, so sind auch jene jetzt ungehorsam geworden wegen der Barmherzigkeit, die euch widerfahren ist, damit auch sie jetzt Barmherzigkeit erlangen. Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.

Exegetische und homiletische Überlegungen

Der Israelsonntag 2014 ist überschattet von den zahlreichen Kriegshandlungen im Nahen Osten, insbesondere von denen im Gazastreifen und in Israel. Vielen sind die Entscheidungen der israelischen Regierung ein Elend. Neben der Predigt stehen Fürbitte für die Leidenden und Trauernden. Zugleich ist ohne Abstriche festzuhalten an den exegetischen und systematischen Erkenntnissen und Ergebnissen der letzten Jahrzehnte. Keine Politik irgendeiner Regierung, keine Entscheidung einzelner Personen, Parteien oder Gruppierungen kann die besondere christlich-jüdische Verbundenheit infrage stellen.

Zu Recht schreibt Papst Franziskus im Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“: „Als Christen können wir das Jundentum nicht als eine fremde Religion ansehen …“ und: „Der Dialog und die Freundschaft mit den Kindern Israels gehören zum Leben der Jünger Jesu.“. Die Perikope aus dem Römerbrief zum Israelsonntag fasst noch einmal alles zusammen, was Paulus in den Kapiteln 9 bis 11 aus den biblischen Quellen erhoben hat: Gott ist treu.

Paulus’ Gotteslehre widerspricht den (nur früher?) häufigen Fehlverständnissen christlicher Theologie: Die Bundesschlüsse, die Gott eröffnet, lösen einander nicht ab, sondern bestätigen einander. Ein neuer Bund hebt den alten nicht auf. Gerade darin zeigt sich die Treue, die Liebe und das Erbarmen Gottes. Darum kann auch die Kirche Israel im Bundesverhältnis nicht ablösen. Das hieße, die Treue Gottes infrage zu stellen. Erwählung ist menschlicher- wie göttlicherseits ein Akt der Liebe dessen bzw. derjenigen, wer erwählt. Biblische Erwählung zu diffamieren hieße Gottes Handeln zu diffamieren und seine Liebe zu bestreiten.

Für Israel ist die göttliche Erwählung durch die Geschichte hindurch eine große Aufgabe gewesen und die damit verbundenen Aufgaben oftmals eine große Belastung geworden. Es entspricht weder biblischem Zusammenhang noch historischen Tatsachen, in die biblische Rede von der Erwählung angemaßte Überlegenheit hinein zu lesen. Mit der Festigkeit, nicht Jesus als den Christus zu bekennen, beschreibt Paulus Jüdinnen und Juden eben nicht etwa als Feinde Gottes (so übersetzt bedauerlicherweise die Einheitsübersetzung), sondern als - den Völkern der Welt zugute! - feindlich gegenüber dem Evangelium. Geliebt sein von Gott bleibt davon unberührt. Wenn der Gedanke der Rechtfertigung gilt, dann eben auch hier. Ausdrücklich möchte ich verweisen auf die entsprechende Fürbitte im (regulären) Karfreitagsgebet der römisch-katholischen Kirche: „Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und inder der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will.“

Liturgische Überlegungen

Psalm 74 (EG 740) ist orientiert an der Thematik „Zerstörung des Heiligtums“. Demgegnüber ließe sich Ps 100 (EG 753) oder Psalm 95 (EG 749) einleiten mit Worten wie: Lasst uns in Israels Worte einstimmen, wenn es bekennt...

Übersetzung (im wesentlichen nach der "Bibel in gerechter Sprache"):

Ich möchte, dass ihr die verborgene Wirklichkeit kennt, Geschwister, damit ihr die Dinge nicht nur nach euren Maßstäben beurteilt: Über einen Teil Israels erging eine Verhärtung. Sie wird so lange anhalten, bis die (Welt-)Völker vollzählig hinzugekommen sind. Auf diese Weise wird ganz Israel gerettet werden, wie es aufgeschrieben ist: Aus Zion wird die Rettung kommen, sie wird Jakobs Trennung von Gott aufheben. Und dieses ist mein Bund mit ihnen, wenn ich das von ihnen begangene Unrecht wegnehme. Im Blick auf die Freudenbotschaft sind sie feindlich gesinnt – um euretwillenIm Blick auf die Auserwählung sind sie Geliebte, auf Grund ihrer Mütter und Väter. Denn Gott bereut es nicht, in freier Zuwendung Geschenke gemacht und Menschen gerufen zu haben. Das gilt unwiderruflich. Einst habt ihr nicht auf Gott gehört, jetzt! aber habt ihr Barmherzigkeit erfahren, weil sie sich weigerten, auf Gott zu hören. Jetzt! sind sie es, die nicht auf Gott hören, weil euch Barmherzigkeit geschenkt wurde. Dies geschieht, damit auch sie Barmherzigkeit erfahren. Gott hat alle in ihrem Starrsinn eingeschlossen, um allen Barmherzigkeit zu schenken.

Lieder

"Mit ist Erbarumung widerfahren" (EG 355) "Man lobt dich in der Stille" (EG 323) "Gott liebt diese Welt"(EG 409)

Neuigkeiten

Aus den Quellen schöpfen

Die mit exegetischen Impulsen, Gebeten und einem Essay zu "Exegese und Homiletik" verbundenen Auslegungen wissen sich in einer weltweiten Communio, die "aus den Quellen des Heils" schöpft (Jesaja 12,3)... mehr lesen

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Heinz Janssen
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