Predigt

Einladung

Was heißt, einladende Kirche zu sein?

PredigttextMatthäus 22,1-14
Kirche / Ort:Magdeburg
Datum:25.06.2017
Kirchenjahr:2. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Dr. habil. theol. Günter Scholz

Predigttext: Matthäus 22,1-14 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

1 Und Jesus fing an und redete abermals in Gleichnissen zu ihnen und sprach: 2 Das Himmelreich gleicht einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete. 3 Und er sandte seine Knechte aus, die Gäste zur Hochzeit zu rufen; doch sie wollten nicht kommen. 4 Abermals sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit! 5 Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf seinen Acker, der andere an sein Geschäft. 6 Die Übrigen aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie. 7 Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an. 8 Dann sprach er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Gäste waren's nicht wert. 9 Darum geht hinaus auf die Straßen und ladet zur Hochzeit ein, wen ihr findet. 10 Und die Knechte gingen auf die Straßen hinaus und brachten zusammen, alle, die sie fanden, Böse und Gute; und der Hochzeitssaal war voll mit Gästen. 11 Da ging der König hinein zum Mahl, sich die Gäste anzusehen, und sah da einen Menschen, der hatte kein hochzeitliches Gewand an, 12 und sprach zu ihm: Freund, wie bist du hier hereingekommen und hast doch kein hochzeitliches Gewand an? Er aber verstummte. 13 Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn in die äußerste Finsternis! Da wird sein Heulen und Zähneklappern. 14 Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.

Exegetische Bemerkungen zum Predigttex

Das Gleichnis vom großen Festmahl gehört in den vv 1-5.9-10 zur Q-Überlieferung. Der Q-Form gehören die vv 6-8 nicht an. V 7 ist deutlicher Reflex auf die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 und deren matthäische Deutung, dass der Weinberg anderen Pächtern gegeben werde (Mt 21,41b.43). Vv 6 und 8 liegen im Lichtkegel von v 7. „Böse und Gute“ in v 10 ist redaktionell. V 11ff ist Sondergut, welches die generelle Einfügung „Böse und Gute“ durch ein spezielles Sondierungskriterium (berufen – auserwählt) zu erklären versucht.

Matthäus kennzeichnet das Gleichnis als Himmelreichsgleichnis. „So verhält es sich mit dem Himmelreich …“ alias „mit dem Reich Gottes“. Reich-Gottes-Gleichnisse beantworten die Frage nach Gott. „So verhält es sich mit Gott …“ Gott ist nicht zu denken ohne Bezug zu meinem Leben. So geht es in diesem Gleichnis zugleich um mein Leben, um verfehltes oder gelingendes Leben. „Du kannst das Himmelreich auf Erden haben – wenn du willst.“ Bei Matthäus ergeht eine doppelte Einladung an die gleiche Zielgruppe („die Geladenen“ v 3 und v 4), bevor eine letzte Einladung an eine andere Zielgruppe („die auf der Straße“ v 9) ergeht (Bei Lukas sind es drei Einladungen an drei verschiedene Zielgruppen [v 17ff; v 21f; v 23].). Die Mt-Version zeigt deutlich den werbenden Charakter des „Königs“/Gottes (Extraeinladung!) und darin auch die Freiheit, die Gott dem Menschen gibt, auf sein Werben zu reagieren. Die Freiheit ist Gott wichtig. Aber der Mensch trägt auch die Konsequenzen seiner Entscheidung. Hast er kein Interesse, wird Gott sich anderen zuwenden.

Somit ergibt sich auf matthäischer Ebene folgende – weitere – theologische Aussage: Du kannst das Himmelreich hier und jetzt haben. Lass dich einladen, höre Gottes Ruf. Du bist berufen. Du bist frei zuzusagen oder auch nicht. Folgst du nicht, schließt du dich aus dem Himmelreich selbst aus. – Du bist berufen. Zeig das auch. Gib dem Freuden- und Lebensspender die Ehre durch dein anschaubares Leben. – Tust du es nicht, verwirkst du dein Dabeisein. Gott bleibt frei in seiner Auswahl. Aber wisse auch: Er ist nicht willkürlich. Durch dein Ja und durch deine innere Einstellung hast du eine Vorentscheidung getroffen. Homiletische Überlegungen Welchem theologischen Skopus soll die Predigt folgen: Das werdende Christentum als das wahre Israel (Mt)? Dein Leben sei ein Fest mit Gott; lass dich einladen(Q)? Deine Freiheit und Gottes Freiheit (Mt)? Ich entscheide mich für den Q-Skopus. Er steht für „einladendes Evangelium“, „einladende Kirche“. Das will ich verkündigen, das will ich sein. Zugleich aber will ich die Mt-Perikope textlich nicht auf Q reduzieren, sondern ganz zur Geltung kommen lassen. Meine Predigt kann nichts anderes sein als die Einladung Gottes weiterzugeben, die Einladung, unser Leben mit ihm zu feiern. Darin stehe ich in der Nachfolge Jesu. Was ich über die Einladung hinaus noch von mir aus sagen kann, ist dies: Lass dich darauf ein, auf die Einladung, auf das Fest, auf das, was dich erwartet. So und nur so wirst du Gott erfahren – und dich neu.

Was erfahre ich, wenn ich mich darauf einlasse? Es ist so wie bei jeder Einladung zu einem Fest: Es gibt viel Überraschendes, was nicht vorhersagbar ist. Das muss als Antwort über allem stehen, und das gilt auch für mich als Prediger. Könnte ich einen Erfahrungsbericht geben, dann wäre das Fest ja für mich schon gelaufen; ich bin selbst aber mitten drin bzw. möchte es sein. Aber immerhin: Ein bisschen leuchtet durch von dem, was ich auf dem Fest erleben werde, wenn ich mich denn darauf einlasse.

Trotz „einladendem Evangelium“ enthält der Mt-Text, dem ich mich ja in seiner ganzen Länge stellen will, ärgerliche Anstöße: Stadtzerstörung und Rauswurf des underdressed man. Auch sie werde ich benennen und zugeben, dass ich mit ihnen meine Probleme habe. Überginge ich sie, wären sie ein Störfaktor in den Köpfen der Zuhörer, der mein „einladendes Evangelium“ ungebührend überlagerte. Ich werde auch eine Lösung anbieten, ohne die Anstöße zum Zentrum meiner Predigt werden zu lassen. Liedvorschlag: Leben im Schatten, Sterben auf Raten (Gott lädt uns ein zu seinem Fest!)

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