Predigt

Einladung

Chancen wahrnehmen

PredigttextLukas 14, (15)16-24
Kirche / Ort:26603 Aurich
Datum:14.06.2015
Kirchenjahr:2. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pastorin Theda Frerichs

Predigttext: Lukas 14, (15)16-24 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

15 Als aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu Jesus: Selig ist, der das Brot isst, im Reich Gottes! 16 Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein. 17 Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist alles bereit! 18 Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 19 Und der zweite sprach: Ich habe fünf Gespanne Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 20 Und der dritte sprach: Ich habe eine Frau genommen, darum kann ich nicht kommen. 21 Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Armen herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. 23 Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde. 24 Denn ich sage euch, dass keiner der Männer, die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.

Vorbemerkungen zu Predigttext (I.) und Predigt (II.)

(I.) Das Thema des 2. Sonntags nach Trinitatis ist die Einladung Gottes zum Heil. Schon im Wochenspruch wird dieser Ruf Gottes in Jesus Christus in seiner ganzen Deutlichkeit und Herzlichkeit laut: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“ (Mt 11,28).

In der Lesung aus dem AT Jes 55,1-3b wirbt der Prophet Jesaja geradezu euphorisch, in den Bund Gottes, in den Bund der Gnade einzutreten, in dem die ganze Fülle, wo Gutes und Köstliches den Menschen erwartet. Hier wird aber auch kritisch in V2 hinterfragt, warum die Menschen ihr Geld für Wertloses ausgeben, ihren Verdienst für Nahrung, die nicht satt macht. Dagegen gibt es bei Gott alles im Überfluss- und das ganz umsonst! “Kommt her!“ wirbt der Prophet. „Hört auf mich, dann werdet ihr leben!“ Wichtiger Impuls für die Predigt: Was heißt Leben? Wofür setze ich meine Energie ein? Was und wo übersehe ich die wirklich nahrhafte Quelle für mein Leben?

In der Epistellesung Eph 2,17-22 wird im Rückblick entfaltet, wie Jesu Einladung an Juden und Heiden erging und in der Folge die frühe Christen keinen Gaststatus im Haus Gottes besitzen, sondern Gottes Hausgenossen sind. Nicht mehr Fremde sein, sondern zur Familie Gottes gehören. Enger kann man die Zugehörigkeit kaum beschreiben.

Die Wochenlieder EG 250„Ich lobe dich von ganzer Seelen“ und EG 363 „Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn“ betonen, dass Gott bis heute Menschen zu sich ruft. Zunächst steht die Fülle, die Gott bereit hält, im Vordergrund: Sünden werden vergeben, Schaden wird geheilt. Doch auch das wird deutlich: Das Leben wird vom Ende her gesehen. Gesundheit, Reichtum, alle Kunst ist doch umsonst, wenn der Mensch nicht bereit ist, dem Ruf Gottes zu folgen, solange noch Zeit ist (EG 363,5). Die Perikopen Lk 14,15-24 par Mt 22,1-14 haben ihre Vorlage in der Logienquelle. Während der Text vom Evangelisten Matthäus stark im Sinne eines umfassenden Abrisses der Heilsgeschichte von den alttestamentlichen Propheten bis zu Jesus ausgeformt wurde, bleibt Lukas näher an der Vorlage. Doch auch er arbeitet redaktionell. Aus dem Menschen (V16), der das Gastmahl gibt, wird bei Lukas der Kyrios (V21). Die mehrfache Einladung von Menschen (V21b-23) nach den Absagen der Erstgeladenen versteht Lukas im Sinne einer judenchristlichen (V21b-22) und heidenchristlichen Mission (V23).

Nach Lukas erzählt Jesus das Gleichnis im Haus eines Pharisäers (Lk 14,1), worin das besonders kritische Potential des Gleichnisses deutlich wird. Die Oberen und Führer des Volkes Israel werden sich sofort als die Eingeladenen verstehen. Zumal sie das große Mahl vom Propheten Jesaja als Metapher für das endzeitliche Festmahl kennen (Jes 25,6ff). Doch, so die erstaunliche Wende des Gleichnisses, niemand von denen, die von langer Hand eingeladen waren, kommt zum Fest. Der Hausherr ist zornig über die Absagen. Doch das große Fest lässt sich nicht aufhalten. Jetzt muss es schnell gehen! Er lädt durch seinen Knecht andere ein: Menschen, die im sozialen Abseits des Volkes Israel stehen, die Armen, Blinden, die Krüppel, die Lahmen, und diese nehmen die Einladung an. Als das Haus immer noch nicht voll ist, wird der Kreis um Menschen erweitert, die anfangs noch gar nicht im Blick waren: jetzt werden die Zäune und Grenzen überschritten. Die Einladung gilt auch denen, die nicht zum Volk Israel gehören. Auch das wird schon in Jes 55, 5 vorhergesagt: Heiden, die Gott nicht kennen, werden zu ihm laufen. Andere, die Gott schon lange kennen oder auch zu kennen meinen, schließen sich selbst aus.

Bei Lukas sind beide Gruppen zum einen heilsgeschichtlich, zum anderen sozial zu deuten. Wie o.a. schildert er einerseits den Weg der Mission vom Volk Israel, insbesondere seinen Oberen, über die verlorenen Glieder Israels hin zu einer Öffnung zu den Heiden. Andererseits geht es ihm darum, den Auftrag Jesu, „den Armen das Evangelium zu verkündigen“, den Gefangenen, den Blinden und Zerschlagenen zu predigen (Lk 4,18) in die Tat umzusetzen. Die Menschen, die noch am Rande stehen, die ausgestoßen sind, erleben große Freude (vgl. die Seligpreisungen 6,20ff). Gott selbst sorgt für sie und nimmt sie auf in sein ewiges Reich.

Die Rahmung des Gleichnisses Lk 14,1.12-14.15 macht die Bedeutung des Gastmahls zum einen als eschatologisches Geschehen deutlich, d.h. die Hörenden implizieren ihre Vorstellung von einem endzeitlichen Freudenmahl, ordnet es aber zugleich in die Gegenwart, in die Verkündigung Jesu von der nahenden Gottesherrschaft, der Basileia (vgl. Lk 14,15) ein.

Zukunft und Gegenwart greifen stehen nebeneinander, ja greifen ineinander. So ist dieses Mahl nicht nur endzeitlich zu verstehen, sondern, das soll den Hörenden des Gleichnisses besonders deutlich werden, als ein schon jetzt gegenwärtiges (Heils-)Geschehen, an dem sie selbst durch den Ruf Jesu, bzw. der missionierenden Gemeinde in diesem Augenblick eingeladen sind. Das Mahl wird in jedem Fall stattfinden; die Gottesherrschaft wird sich durchsetzen. Jetzt gilt es, den Ruf zu hören und die Zeit richtig einzuschätzen.

II. Die drängende Endzeit des Gleichnisses ist für die Hörenden heute auf den ersten Blick schwer zu vermitteln. Offensichtlich ist das Reich Gottes ja noch nicht gekommen. Haben wir nicht alle Zeit der Welt? Es kommt auf die Perspektive an.

Bis heute werden wir in Jesus eingeladen, zu Gott zu kommen. Kommt, denn es ist alles bereit! Die wohlvertrauten Abendmahlsworte. Gott ist bereit, diese Welt schon jetzt mit uns in einen Raum der Freude für alle zu verwandeln. Was hält uns zurück? Sind wir zu satt? Zu reich...? Vgl. Lk 6,25 „Wehe denen, die satt sind, werden hungern...“ Oder im Gegenteil, wie die atl Lesung für den Sonntag nahelegt: „Warum zahlt ihr Geld für das, was kein Brot ist und sauren Verdienst (für das), was nicht satt macht?“ (Jes 55,2)

Sich selbst ausschließen vom großen Festmahl. Wie geht das? Tragisch ist: Es gibt ein Zu spät! Manche Menschen leiden ihr Leben lang darunter, dass sie im entscheidenden Moment die Chance ihres Lebens nicht wahrgenommen haben. Es gibt eine Zeit zu leben, zu entscheiden und die ist jetzt! Und nicht zuletzt: Wer sind diese Menschen, die im Gleichnis die Einladung Gottes ohne Wenn und Aber angenommen haben? Arme, Krüppel, Ausgestoßene, Menschen jenseits der Zäune und Mauern sind nicht nur als soziale Gruppierung zu verstehen, auch nicht nur heilsgeschichtlich, sondern stehen, so Lk 7,34 u.a. auch für die „Zöllner und Sünder“, mit denen Jesus oft Tischgemeinschaft gehalten hat, d.h. für Menschen, die in Not sind, verletzt, einsam, ohne Perspektive.

Literatur: J. Becker, Jesus von Nazaret, Berlin 1996. - F. Bovon, Das Evangelium nach Lukas, EKK III/2, Zürich/Düsseldorf 1996. - J. Roloff, Die Kirche im Neuen Testament, Göttingen 1993. - H. Weder, Die Gleichnisse Jesu als Metaphern, 3.Aufl., Göttingen 1984. - H. Weder, Gegenwart und Gottesherrschaft, Neukirchen-Vluyn 1993.

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