Heute, am letzten Sonntag nach Epiphanias, handelt der Predigttext vom Licht, ein zentrale biblisches Thema des Ersten und des Zweiten Testamentes. Im Schöpfungsbericht am Anfang der Bibel schafft Gott als Erstes das Licht: „Und Gott sprach: Es werde Licht – „und es ward Licht“.
I
Drei der vier Evangelien erwähnen an ihrem Anfang das Licht, das durch Jesus in die Welt und zu den Menschen gekommen ist. Nach dem Matthäusevangelium (4,16) erfüllte sich mit Jesus die Verheißung des Propheten Jesaja: „Das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen im Land und Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen“. Indem Jesus das Himmelreich predigt, geht den Menschen Licht auf. Am Anfang des Lukasevangeliums finden wir, verbunden mit der Geburt Jesu, drei prägnante Gesänge, die auch als feste liturgische Bestandteile im Stundengebet der Kirche einen Platz gefunden haben: Das Benedictus, der Lobgesang des Zacharias, wird dort jeden Morgen gebetet, das Magnifikat, der Lobgesang der Maria, jeden Abend und das Nunc dimittis, der Lobgesang des Simeon, zur Nacht. In zweien von diesen drei Gesängen wird von dem Licht gesprochen, das mit Jesus in die Welt gekommen ist. So betet Zacharias: „Durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, wird uns besuchen das aufgehende Licht aus der Höhe, auf dass es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“. Und Simeon betet: „Herr, … meine Augen haben deinen Heiland gesehen, ... , ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Herrlichkeit für dein Volk Israel“. Im Prolog des Johannesevangeliums hören wir: „In ihm, Jesus, war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen“.
So beginnen beide Hauptteile unserer Bibel mit der Ankündigung: Licht kommt in die Finsternis, Licht für die geschaffene Erde und Licht für das menschliche Herz und die menschlichen Beziehungen. Denn Licht ist für das Leben elementar wichtig. Das gilt zunächst für das biologische Leben von Pflanzen, Tieren und Menschen und gilt ebenso für gelingendes Leben der Menschen. Im Licht zu leben heißt, in Gerechtigkeit zu leben, wie der Prophet Micha vom Gottesvolk spricht (Micha 7,9): „Der Herr wird mich ans Licht bringen, dass ich meine Freude an seiner Gerechtigkeit habe“. Licht ist auch wichtig, um Irrtümer und Täuschungen zu vermeiden oder um sie aufzuklären. So sprechen wir davon, dass man Licht in eine Sache bringen muss, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen und Hintergründe und Zusammenhänge zu erkennen. So haben wir es auch im Evangelium des heutigen Sonntags gehört: Die drei Jünger sahen Jesus in neuem Licht, verklärt mit Mose und Elias. Das half ihnen, Jesus, ihren Meister in der Herrlichkeit Gottes und sein Auftreten in einer Reihe der großen Propheten ihres Volkes zu sehen. Gott bringt hilfreiches Licht in eine Situation. Der Prophet Elisa bittet Gott um sehende Augen (2 Kön 6,16 f.)
II
„Gott hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben“, schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korint. Gott lässt in uns eine neue Schöpfung aufleuchten. Wir werden zu einer neuen Schöpfung, wie es im nächsten Kapitel nach unserem Predigttext heißt (5,17): „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung“. Im Angesicht Jesu Christi erkennen wir die Herrlichkeit Gottes. Damit können wir aus der Epiphaniaszeit in die Vorpassions- und Passionszeit hinübergehen. Wir sind mit der erforderlichen Spannkraft ausgestatte, um Entbehrungen und Schwierigkeiten durchleben zu können. Paulus spricht von äußerer Bedrängnis. Jeder Mensch erlebt es, bedrängt zu werden. Aber Gott hat uns einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, darum verzagen wir nicht.
Bedrängnis und Ratlosigkeit sind Folgen der Finsternis in unsere Welt. Aber Gott gibt uns seine machtvolle Herrlichkeit in Jesus Christus erkennen. Jesus hatte auf Erden immer wieder Gottes Herrlichkeit gezeigt, indem er hilfreiche Lösungen für unsere menschlichen Probleme hatte. Ob bei einer Hochzeit der Wein ausging oder ob zwei Schwestern der Bruder verstorben war oder bei anderen Gelegenheiten. Johannes schreibt von Jesus (Johannes 1,14): „Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“. Wenn das Licht in unseren Herzen scheint und so unser Denken und Handeln prägt, bringt es in unserem Alltag Frucht. Die Frucht des Lichtes ist, so hören wir im Epheserbrief (5,9), „lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit“. Also keine panischen Kurzschlusshandlungen, keine Stressreaktionen, kein ungerechtes Agieren, sondern souveränes Handeln aus einem tiefen Vertrauen auf Gottes Kraft und Wirken.
III
Im letzten Vers unseres Predigttext geht Paulus schon sehr weit: „Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leibe, auf dass auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde“. Paulus schreibt dies aus den Verfolgungssituationen heraus, in denen er und die Christen der Urgemeinde immer wieder standen. Auch heute erleben viele Christen weltweit Verfolgungen. Uns, die wir hier in Glaubensfreiheit leben dürfen, können die Worte des Apostels an unsere Taufe erinnern. Paulus schreibt im Römerbrief (6,4): Durch das Untertauchen im Wasser sind wir mit Christus begraben, und durch das Auftauchen sind wir mit ihm aus den Toten auferweckt worden durch Gottes Herrlichkeit. Schon jetzt haben wir durch den Glauben Anteil an seinem Auferstehungsleben. Wir brauchen also selbst den Tod, die schlimmste mögliche Konsequenz feindlichen Handelns, nicht fürchten.
Unser äußerer Mensch verfällt zwar, wie es dann einige Verse später heißt, der innere Mensch wird jedoch Tag für Tag erneuert, unser tägliches kleines persönliches Epiphaniasfest. Wie dieses im praktischen Alltag aussehen kann, wird bei jedem verschieden sein. Aber im Herzen haben wir alle Gottes hellen Schein. So erleuchtet werden wir anders denken, planen und handeln. Unsere menschliche Prioritäten verschieben sich. Neue Wege öffnen sich, neue Perspektiven/ „Durchblicke., Hoffnung leuchtet auf. Die Erfahrungen, die wir so im Laufe der Zeit mit der erneuernden Kraft Gottes sammeln dürfen, lassen uns Jesus Christus immer besser erkennen. Dieser Erfahrungsschatz hilft uns, wenn wir vom Leben bedrängt und herausgefordert werden. Wir lernen, aus dem Vertrauen auf die überschwängliche Kraft Gottes zu leben, und wir gehen so unseren Weg im hellen Schein des Lichtes Gottes in unseren Herzen.