Predigt

„Freut euch, ihr Völker, mit Gottes Volk!“

Israelsonntag, Tag des Gedenkens christlicher Schuld gegenüber den jüdischen Geschwistern – Die Treue Gottes erweist sich zunächst in Treue gegenüber Israel, seinem Volk

PredigttextRömer 9,1-8.14-16
Kirche / Ort:Pauluskirche / Ettlingen
Datum:31.07.2016
Kirchenjahr:10. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrerin Kira Busch-Wagner

Predigttext: Römer 9,1-8.14-16 (Übersetzung nach Martin Luther 1984)

1 Ich sage die Wahrheit in Christus und lüge nicht, wie mir mein Gewissen bezeugt im Heiligen Geist, 2 dass ich große Traurigkeit und Schmerzen ohne Unterlass in meinem Herzen habe. 3 Ich selber wünschte, verflucht und von Christus getrennt zu sein für meine Brüder, die meine Stammverwandten sind nach dem Fleisch, 4 die Israeliten sind, denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und die Bundesschlüsse und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen, 5 denen auch die Väter gehören und aus denen Christus herkommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles, gelobt in Ewigkeit. Amen.

6 Aber ich sage damit nicht, dass Gottes Wort hinfällig geworden sei. Denn nicht alle sind Israeliten, die von Israel stammen; 7 auch nicht alle, die Abrahams Nachkommen sind, sind darum seine Kinder. Sondern nur »was von Isaak stammt, soll dein Geschlecht genannt werden« (1.Mose 21,12), 8 das heißt: nicht das sind Gottes Kinder, die nach dem Fleisch Kinder sind; sondern nur die Kinder der Verheißung werden als seine Nachkommenschaft anerkannt. 14 Was sollen wir nun hierzu sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne! 15 Denn er spricht zu Mose (2.Mose 33,19): »Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.« 16 So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen.

Übersetzung von Klaus Wengst, 2008:

1 Ich sage die Wahrheit im Gesalbten, ich lüge nicht, mein Gewissen legt dabei Zeugnis für mich ab im heiligen Geist: 2 Ich habe großen Schmerz, und mein Herz hat unaufhörlichen Kummer. 3 Ich wünschte nämlich, selbst verflucht und so vom Gesalbten getrennt zu sein zugunsten meiner Geschwister, meiner Landsleute der Herkunft nach. 4 Sie sind ja doch Israeliten, ihnen gehören die Sohnschaft, der Glanz, die Bundesschlüsse, die Gabe der Tora, der Gottesdienst und die Verheißungen, 5 ihnen gehören die Väter, und von ihnen kommt der Gesalbte seiner Herkunft nach. Der über allem ist, Gott: Er sei gesegnet für immer. Amen. 6 Keineswegs aber ist es so, als wäre das Wort Gottes hinfällig geworden. Sind denn nicht alle aus Israel eben Israel? 7 Aber es ist nicht so, dass Nachkommenschaft Abrahams alle sind, die er als Kinder hat. Vielmehr: „In Isaak wird die Nachkommenschaft berufen werden“ (Gen 21,12) 8 Das heißt: nicht die leiblichen Kinder sind Kinder Gottes, sondern die verheißenen Kinder werden zur Nachkommenschaft gerechnet.

14 Was sollen wir nun sagen? Gibt es Ungerechtigkeit bei Gott? Keineswegs. 15 Zu Mose sagt er nämlich: „Ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme, und Mitleid haben, mit wem ich Mitleid habe“ (Ex 33,19). 16 Folglich hängt es also nicht von dem ab, der da will oder läuft, sondern vom erbarmenden Gott.

„Die Güte des Herrn ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende … und deine Treue ist groß.“ Klagelieder 3, 22f Nach vielen Jahren Exegese und Predigt zum Israelsonntag bestätigt sich an Detailfragen ihre andauernde Fruchtbarkeit. Und führt zu dem Wunderbaren, dass Predigt im Horizont des christlich-jüdischen Dialogs Evangelium bedeutet, frohe Botschaft, Hilfe, Seelsorge, Erlösung, Ruf zur Umkehr. Eine Hermeneutik, der die Begegnung mit dem Judentum von vornherein Anliegen ist, löst spürbar manchen exegetischen Knoten. Dazu gehören auch die folgenden Grundsätze. Treue Gottes erweist sich zunächst in Treue gegenüber Israel. Die zu bestreiten, würde die Treue Gottes als solche infrage stellen. Christliche Verkündigung entzöge sich ihren Grund, ihren Inhalt, würde sie die Treue Gottes nicht rühmen. Verheißungen an Israel sind in den Erfahrungen, die sich im Neuen Testament niedergeschlagen haben, nicht erfüllt im Sinne eines Abschlusses oder Endes, sondern erneut bekräftigt und dadurch zukunftswirksam. Überströmendes Erbarmen, ungeschuldete Freundlichkeit Gottes wahrhaft zu bezeugen, führt hinüber in eine Haltung des Dankes und glücklicher Beschämung. Mit ihr ist Umkehr und Neubeginn möglich. Was in der Vergangenheit wahr war, wird heute nicht falsch. Aber Wahrheit hat Kontexte. Sie gilt es wahrzunehmen und zu beachten, um ihr nicht falschen Zungenschlag zu geben. Innerjüdisches Zeugnis, wie wir es an vielen Stellen des Neuen Testaments finden, ist zunächst als solches zu benennen. Analogien sind wie immer mit Vorsicht auszusprechen.

Literatur: Klaus Wengst: „Freut euch, ihr Völker, mit Gottes Volk!“. Israel und die Völker als Thema des Paulus – ein Gang durch den Römerbrief, 2008

Lieder „All Morgen ist ganz frisch und neu des Herren Gnad“ (EG 440) „Lobt Gott, den Herrn ihr Heiden all“ (EG 293) „Nun saget Dank und lobt den Herrn“ (EG 294) „Dein Wort, Herr, nicht vergehet“ (EG 295,4)

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