Predigt

Glauben

Zumutung des eigenen Anfangens

PredigttextHebräer 11,8-10
Kirche / Ort:Mannheim-Feudenheim
Datum:16.03.2014
Kirchenjahr:Reminiszere (2. Sonntag der Passionszeit)
Autor:Pfarrerin Dorothee Löhr

Predigttext: Hebräer 11, 8-10 (Übersetzung nach Martin Luther, Rev. 1984)

Durch den Glauben wurde Abraham gehorsam, als er berufen wurde, in ein Land zu ziehen, das er erben sollte, und er zog aus und wusste nicht, wo er hinkäme. Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande wie in einem fremden und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung. Denn er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.

Einführung zum Predigttext

Glauben heißt „gerecht werden“, und das ist kein Zustand sondern eine Bewegung. Gott macht uns gerecht. Wir sind es nicht von selbst. Paulus hat seine berühmte Rechtfertigungslehre also in ganz einfache Worte gebracht:

Glauben heißt Frieden mit Gott finden, Zugang zu Gott finden, Zugang zu Hoffnung und Glauben, zu Gottes Stadt, zu Gott als Zufluchtsort. Diese einfache Botschaft haben wir eben in der Lesung gehört (Röm 5,1-5). Das hilft und bewährt sich auch in Bedrängnis – also in Drang und Enge, der Drang ist vielleicht selbst gemacht in Zeiten von innerem „Sturm und Drang“, die Enge von außen kommend macht uns vielleicht Angst: innerer und äußerer Drang, Drang und Enge = Bedrängnis, ein schönes altmodisches Wort, das beides zugleich sagt.

Paulus aber glaubt auch den Ausgang aus der Bedrängnis: Wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist! Hier ist alles in Bewegung und nichts ist fertig. Der Christ ist in Werden und nicht im Sein. Christsein ist eine Bewegung und kein Zustand! Im heutigen Predigttext kommt noch ein anderer ein biografischer Aspekt dazu:

Glauben ist eine Zumutung egal für welches Alter! Denn Glauben heißt gehorsam und hoffnungsvoll sein gegenüber der Zumutung nicht zu wissen, wo wir schlussendlich landen, das gilt genauso am Ende und am Anfang und in der Mitte des Lebens. Glauben ist und bleibt eine Zumutung! Unsere Lebens-Aufgabe ist es, gehorsam und hoffnungsvoll zu werden gegenüber der Zumutung nicht zu wissen, wo wir hinkommen, wenn wir als befristete sterbliche Menschen anfangen, trotzdem zu leben:

Junge Menschen ziehen von zu Hause aus, oft erheblich später als in früheren Zeiten, als man manchmal schon direkt nach der Konfirmation das Elternhaus verließ, neugierig oder ängstlich, ziehen junge Erwachsene in ein eigenes Leben, vielleicht in eine neue Lebensgemeinschaft, ohne zu wissen, wo sie beruflich oder privat hinkommen werden. Zahllos sind die Gefahren unterwegs, das Medienzeitalter verspricht Orientierung, aber der Kompass funktioniert oft nicht.

Manche haben klare Pläne, die sich zerschlagen, manche haben keine Pläne, die sich auch zerschlagen. Das ist beim Leben wie beim Singen: Es gibt nur zwei Möglichkeiten, richtig singen und falsch singen, nicht singen gibt’s nicht! Umkehren geht immer, aber nur wenn man schon losgelaufen ist. Das ist im Leben so, das ist beim Glaubensleben so. Glauben bleibt ein Wagnis. Glauben ist nicht theoretisch zu haben. Man muss selbst damit anfangen, auch wenn der Zugang schon gebahnt ist, wir sind noch nicht angekommen. Der Zugang zu Gott ist nicht theoretisch zu haben, er ist uns geschenkt, aber es ist wie ein geschenktes Sportgerät, ein Fahrrad z.B. – es kann uns geschenkt werden, aber wir müssen anfangen selbst damit zu fahren, sonst ist das Geschenk nutzlos.

Oder wie ein Musikinstrument, man kann es uns schenken, aber nur, wer darauf übt und es ausprobiert, wird damit Musik machen können. So ist es auch mit dem Glauben, wir müssen selbst gehen und uns in Bewegung setzen und ausprobieren, üben und weitergeben und uns austauschen, sonst passiert nichts, sonst bewegt sich nichts, sonst klingt nichts. Man muss tatsächlich anfangen zu leben, zu lieben und Gott zu glauben. Dieser Zumutung des eigenen Anfangens kann man nicht entkommen, auch wenn das Ende dann noch nicht in Sicht ist. Diese Zumutung trotzdem gehorsam und hoffnungsvoll zugleich anzufangen, das ist Glauben! Gott sei Dank ist das Anfangen und das Üben in jungen Jahren besonders selbstverständlich, sonst würde kein Kind laufen und sprechen und glauben lernen.

Die Zumutung fängt geheimnisvoll schon beim Anfang, bei der Geburt an: ein Baby wird geboren, in großer Bedrängnis, ohne eigenes Zutun, es ist nicht gefragt worden und weiß vorher nicht, wo es hinkommt mit seiner Geburt, ob die Eltern es zu einem kleinen Tyrannen heranziehen, wer oder was noch alles mitprägen wird in seinem Leben, ob es Geschwister vorfindet oder ungefragt dazubekommt. Ob es in wohlgeordnete oder unordentliche Verhältnisse hineinkommt, und das ist bekanntlich unabhängig vom Reichtum oder Lebensstandard der Erziehungsberechtigten. Ob es ein Schreikind wird oder pflegeleicht, ob es von seinen Eltern oder von anderen Menschen geliebt werden wird und selbst lieben lernt, wird sich zeigen, kann nicht im Vorhinein eingekauft werden. Nur eines ist klar: Ein verhütetes Kind wird es nie wissen. Das ist die Zumutung des Lebens. Man muss einen Anfang machen, ohne das Ende zu wissen, man wird geboren, aber man wird nicht gelebt, leben gibt’s nur im Aktiv, da muss man selbst anfangen, selbst lernen von Anfang an!

Lieder

„Befiehl du deine Wege“ (EG 361) „Holz auf Jesu Schulter“ (EG 97) „Korn das in die Erde“ (EG 98) „Kommt sagt es allen weiter“ (EG 225) „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ (EG 83)

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Heinz Janssen
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