Predigt

Gott schaut uns an

Gott freut sich, wenn Menschen zu ihm kommen und mit ihm reden wollen.

PredigttextEpheser 2,4-10 (mit exegetischer und homiletischer Einführung)
Kirche / Ort:Hamburg
Datum:15.08.2021
Kirchenjahr:11. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pastor Christoph Kühne

Predigttext: Epheser 2,4-10 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

4 Aber Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, 5 auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr gerettet –; 6 und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus, 7 damit er in den kommenden Zeiten erzeige den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus. 8 Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, 9 nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. 10 Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.

(Eigene Übersetzung, Christoph Kühne)

4 Der Gott aber, der reich ist an Erbarmen (lat. misericordia), hat durch die viele Liebe (von ihm), mit der er uns geliebt hat, 5 auch uns, die wir Tote durch Sünden sind, zusammen mit Christus lebendig gemacht - durch Gnade seid ihr Gerettete ! -, 6 und er hat uns in Christus Jesus mitauferweckt und hat uns mitgesetzt in die Himmel, 7 damit er anzeige in den kommendenZeiten den über das Maß hinausgehenden Reichtum seiner Gnade in Güte für uns in Christus Jesus. 8 Denn durch Gnade seid ihr gerettet durch Glauben; und dies nicht aus euch - (aus) Gott ist die Gabe, 9 nicht aus Werken, damit nicht einer sich rühme. 10 Denn sein Gebilde sind wir, Geschöpfe in Christus Jesus, zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit in ihnen wir wandeln.

Erste Gedanken beim Lesen des Predigttextes

Ein gewaltiges Glaubensbekenntnis. Konzentrierte Deutung des Todes Jesu Christi mit unbedingtem Bezug zu uns Menschen. Eine Botschaft, der man sich nicht entziehen kann. Voller Schönheit, Entschlossenheit und Liebe. Und wieder der Hinweis, dass wir uns „den Himmel“ nicht verdienen können. Dass niemand mit seinem „Himmelssitz“ angeben könnte. Und wieder können wir nachdenken über das paulinische „aus Gnade“. Der Schlusssatz (V 10) ist irritierend:

- Wir Menschen sind sein Werk- geschaffen zum Tun von guten Werken- die Gott allerdings bereits in uns angelegt hat- Gleichwohl die Ermahnung, in dieser Spur zu bleiben- als hätten wir dennoch einen eigenen Willen- Brauchen wir dann diese „Gnade“?

Anmerkungen zur Perikope

Der Verfasser ist nicht Paulus, obgleich er sowohl den Namen verwendet wie das paulinische en Christoo. Ausserdem kennt er die Gemeinde in Ephesus nicht. Dagegen hat der historische Paulus 3 Jahre in dieser Stadt gelebt. Der Verfasser gebraucht als paulinische Termini die „Rettung durch Gnade“ wie auch die Ablehnung der Werkgerechtigkeit.

Möglicherweise ist Eph - weniger ein Brief als eine brieflich eingekleidete theologische Abhandlung - in Kleinasien geschrieben worden. Er betont die Einheit der Kirche aus Juden und Heiden „in Christus“. Eph ist ca. 80-100 nC verfasst worden.

Anders als Paulus schreibt der Verfasser, dass die (getauften) Christen - aus Judentum und Heidentum - bereits IN CHRISTUS lebendig (V5), dass sie schon auferweckt (V6) und gerettet seien (V8). Ja, sie sind IN CHRISTUS eine neue Schöpfung (V10 - vgl. 2Kor 5,17).

Leitgedanken des Predigttextes

Gott handelt an den Adressaten. Er vollzieht eine neue Schöpfung an den Christen. Diese neue Schöpfung geschieht aus „Erbarmen“ und „Gnade“ und ist ausschließlich die „Gabe“ Gottes. Eine Mitarbeit des Menschen ist ausgeschlossen. Der Gedanke „Und führe uns nicht in Versuchung“ liegt in den Zeilen, wenn „Paulus“ davon spricht, ein Mensch könne sich seiner „Rettung“ und Neuschöpfung „rühmen“. Die neue Schöpfung geschieht „in Christus“ und ist wohl unmittelbar mit der Taufe verbunden. „Paulus“ sagt, dass diese Schöpfung des Getauften nur „gute Werke“ zulässt, weil Gott selber diese guten Werke in den Christen implantiert habe. Wir Christen können also gar nicht anders, als in diesen guten Werken zu „wandeln“. Oder liegt auch in dieser Formulierung ein kleiner Zweifel angesichts der Willensfreiheit des Menschen? Ist „Homo deus“ (Yuval Harari) doch eine menschliche Option, die Gott gefährlich werden könnte? Ein Restrisiko, ein Residuum der (vergangenen) Sünden? Denn durch „Sünden“ waren wir Christen „tote“ Menschen, rettungslos verloren.

Durch die Taufe sind wir „mit Christus lebendig gemacht worden“. Diese Neuschöpfung schenkt uns Gott mit einem „über das Maß hinausgehenden Reichtum seiner Gnade in Güte“. Ist der Mensch so mächtig, dass Gott seinen ganzen Kronschatz aufwenden muss, um den Menschen zu seinem Glück zu führen? Und was ist dieses Glück? Dass Gott uns „in Christus Jesus mitauferweckt und uns mitgesetzt hat in die Himmel“. D.h. Christen sind „auferweckt“, wach und leben bei Gott „in den Himmeln“. Der Tod ist ein Fremdwort. „In Christus“ ist wahres, „ewiges“ Leben, schreibt „Paulus“ der Gemeinde in „Ephesus“.

Anmerkungen zur jetzigen Zeit

Die Gedanken zu E 2,4-10 entstehen in Zeiten eines Lockdowns angesichts der Corona-Pandemie. Die Folgen sind noch nicht abzusehen. Zu rechnen ist mit Phänomenen wie Angst, Nähe-Verlust, Misstrauen auch gegen vertraute Menschen. Ausserdem sind viele Menschen von wirtschaftlicher Not betroffen. Welchen Stellenwert haben (Präsenz-) Gottesdienste, welchen mediale Verkündigung? Können Beziehungen und Kommunikation zwischen den Menschen wieder „normal“ werden? Gibt es neue Formen des Miteinander? Welchen (neuen) Werten folgen wir?

Literatur: Margaret Moers Wenig, Gott ist eine Frau - und sie wird älter; Predigt am Jom Kippur 2013

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