Gottes mütterlicher Trost
Lernen, sich von Gott trösten zu lassen
Predigttext: Jesaja 66, 10-14 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
10 Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid.
11 Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an ihrer vollen Mutterbrust.
12 Denn so spricht der HERR: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Da werdet ihr saugen, auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen.
13 Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.
14 Ihr werdet's sehen und euer Herz wird sich freuen, und euer Gebein soll grünen wie Gras. Dann wird man erkennen die Hand des HERRN an seinen Knechten und den Zorn an seinen Feinden.
Zur Sprache und Exegese des Predigttextes
Das Volk Israel lebt nach dem Babylonischen Exil wieder als Gemeinschaft im angestammten Land. Dem Volk wird die Hauptstadt Jerusalem als Mutter und Trösterin empfohlen. Der Textumfang der Perikope ist in sich schlüssig. Die zuvor stehenden Verse Jes 66, 7-9 thematisieren die zentrale mütterliche Perspektive mit den beiden Begriffen „Jerusalem“ und „Zion“, die für die „Mutter“ stehen, die ihr Volk gebiert. Diese Verse sind nicht so ohne Weiteres selbsterklärend, wie die folgenden Verse 10ff., in denen der Gegensatz zwischen der angekündigten Freude der „Knechte“ Gottes und dem schlimmen Ergehen der Gottesfeinde deutlich gemacht wird.
Der hymnische Charakter der Anfangszeilen muss beachtet werden: Freude verändert sich in der Gottesrede zu liebevoller, zärtlicher Tröstung, diese Grundstruktur des Textes kann auch in der Lesung des Predigttextes vielleicht im Wechsel von zwei Stimmen aufgenommen werden. Damit würden den Hörern auch Zuversicht und Freude der Botschaft des dritten Jesaja deutlich werden (Prophetenstimme V. 10-12a und 14ab, Gottesstimme V. 12b-13).
Der Text steht im letzten Kapitel des dritten Teils des Jesajabuches, der auch als „Tritojesaja“ bezeichnet wird und die Kapitel 55-66 umfasst. Er ist nach dem Babylonischen Exil entstanden (ca. 520 v. Chr.) und in einer Zeit anzusetzen, in der sich das Volk Israel nach den Jahrzehnten des Exils wieder im eigenen Land eingerichtet hat. Doch es handelt sich nicht mehr um einen eigenen Staat, sondern um die Glaubensgemeinschaft der Israeliten, die nun unter persischer Oberhoheit leben muss. Diese Zeit erfordert Ermutigung: Nach der zunächst begeistert vollzogenen Rückkehr aus dem Exil ist im Volk mittlerweile eine gewisse Ernüchterung eingetreten. So scheint die erwartete Heilszeit auch angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Situation des Landes in weite Ferne gerückt. Darum versucht der dritte Jesaja seine Mitbürger aufzumuntern, nicht zu verzagen, weil er davon ausgeht, dass diese Heilszeit auf alle Fälle kommen wird. Jerusalem und der Gottesberg Zion mit dem Tempel sind die Konstanten und das Zentrum dieser Verheißung.
Das Motiv der Freude über Jerusalem, das schon in den Kapiteln 60-62 thematisiert wird, wird in Kap. 66 wieder aufgenommen. Der Wechsel von Trauer zu Freude lässt Verbindungen zu Klagelieder 1 sichtbar werden. Denn auch in den Klageliedern 1 ist Jerusalem Frau und Mutter, allerdings durch das Exil verlassen und kinderlos geworden. Dagegen gebiert in Jes 66 „Mutter Zion“ ihr Volk, und die Trauernden werden zur Freude aufgerufen.
Die Bezüge zu Jesaja 40 lassen die Erinnerung an die Verheißungen wach werden, die bereits erfüllt sind, weil Israel aus dem Exil ins gelobte Land zurückgekehrt ist. Gleichzeitig wollen die Verse verdeutlichen, dass sich an Gottes mütterlicher Fürsorge nichts geändert hat. Diese Fürsorge Gottes kann das Volk Israel nunmehr, seit es wieder im Land ist, am „Zion“ erfahren. Mit bewegenden Worten wird das Volk mit Säuglingen und Kleinkindern verglichen, die von Gott genährt und umarmt werden. Es handelt sich um einen Vergleich, in Wirklichkeit sind Erwachsene gemeint (vgl. V. 13), denn in diesem Vers, wo es eben nicht um das Bild „Kleinkind“ geht, wird davon gesprochen, dass Gott sein Volk tröstet wie eine Mutter einen Mann.
Zur Liturgie
Eingangsgebet
Du, unser Gott, warum musste dein Sohn so viel leiden? Warum hast du ihm sein schweres Los nicht erspart, bist nicht dazwischengefahren, als er gequält wurde bis aufs Blut; hast nicht vor aller Augen verhindert, dass er ans Kreuz geschlagen wurde? Diese Fragen treiben uns immer wieder um und es fällt uns schwer zu begreifen, dass Liebe die Antwort ist. Aus Liebe bist du, lebendiger Gott, selbst mit Jesus in den Tod gegangen und hast dich, Allmächtiger, öffentlich an die Seite aller Opfer menschlicher Bosheit gestellt. Mit Liebe hast du, unser Heiland, den Kreislauf von Gewalt und Rache überwunden. Du hast das Kreuz von einem Ort des Sterbens
zu einem Zeichen des Lebens gemacht, das uns deine Liebe eröffnet. Gott, hilf uns, dieses Geheimnis des Glaubens zu fassen
und lass uns in allen Fragen und Zweifeln festhalten an dir!
Fürbittengebet
Wie leicht wird alles sein, wenn du uns ansiehst, Gott, dein Blick gewendet wieder auf unser flüchtiges Dasein, auf die Wahrheit des Todes und die größere Wahrheit des Lebens, das du ewig gibst.
Du hast dich ein wenig verborgen, nun sieh auf Menschen, die im Lichte der Macht stehen, die auf Stärke setzen, von Großreichen träumen oder von Rache, die sich selbst in den Himmel heben, erbarme dich, mit ewiger Gnade, du, unser Erlöser.
Du hast dich verborgen, nun sieh auf Menschen, die oft Arbeitsnomaden sind, mobil und haltlos, flexibel und fremd sich selbst im Tun und Lassen, erbarme dich, mit ewiger Gnade, du, unser Erlöser.
Du hast dich ein wenig verborgen, nun sieh auf die zahllosen Opfer an der Front des Kapitalismus, auf die neuen Sklaven in Asien und Afrika und all diejenigen ohne Arbeit, auf die Näherinnen und Färber, auf die Lagerarbeiter und die abhängigen Kinder in Plantagen und Rodungen, kleine Rädchen, rotierend auf Verschleiß in der Profitmaschinerie globaler Konzerne, erbarme dich, mit ewiger Gnade, du, unser Erlöser.
Du hast dich ein wenig verborgen, nun sieh auf alle, die gerade an diesen Tagen an Wendepunkten stehen, die ihr Leben ändern wollen, die neu anfangen, die Altes und Vertrautes hinter sich lassen müssen, sieh auf Kranke, Sterbende und Trauernde in ihren Abschieden, erbarme dich, mit ewiger Gnade, du, unser Erlöser.
Du hast dich ein wenig verborgen, nun sammle dein Volk, führe deine Kirchen zusammen, hab keine Vorbehalte mehr gegen uns, sondern sprich zu uns, damit wir deine Wege erkennen, erbarme dich, mit ewiger Gnade, du, unser Erlöser.
Wie leicht wird alles, wenn du uns ansiehst, Gott, und der Tod sich in Leben wandelt, wenn der Bund deines Friedens uns begleitet und trägt. Dir vertrauen wir uns an, auch in dieser von Corona geprägten Zeit und zu allen Zeiten unseres Lebens. Amen.
Texte der Gegenwart
Altes Rezept
Nimm das Dasein als Bewährungsfrist
Ohne Klagen, ohne Fragen.
Schweigend steig hinauf die dunklen Treppen,
Weil es immerhin noch leichter ist,
Sein Kreuz zu tragen,
Als es zu schleppen.
(In: Mascha Kaléko, Die paar leuchtenden Jahre, hg. v. Gisela Zoch-Westphal, München 2003, 58)
Das Kreuz des Jesus Christus
durchkreuzt was ist
und macht alles neu
Was keiner wagt, das sollt ihr wagen
was keiner sagt, das sagt heraus
was keiner denkt, das wagt zu denken
was keiner anfängt, das führt aus
Wenn keiner ja sagt, sollt ihr’s sagen
wenn keiner nein sagt, sagt doch nein
wenn alle zweifeln, wagt zu glauben
wenn alle mittun, steht allein
Wo alle loben, habt Bedenken
wo alle spotten, spottet nicht
wo alle geizen, wagt zu schenken
wo alles dunkel ist, macht Licht
Das Kreuz des Jesus Christus
durchkreuzt was ist
und macht alles neu
(In: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht, Mainz, 3. Auflage 2002, 125)
Du - weit und vielgesichtig
Brunnen und Brot,
Milch und Honig,
Ölzweig und Segen,
Tempel und Senfkorn.
Du,
Sturm und Stern,
Perle und Eckstein,
Weg und Wort,
Dornbusch und Weinstock.
Du,
Flügel und Flut,
Arche und Zelt,
Lamm und Zorn,
Quelle und Wolke.
Du,
Kind und König,
Wahrheit und Licht,
Gebärende und Hauch,
Erdbeben und Feuer.
Du - weit und vielgesichtig.
(Aus: Jacqueline Keune, Von Bedenken und Zusagen. Texte für liturgische Feiern, Mainz 2005, 81)
Meditation zu Psalm 34,8: Fürchtet euch nicht!
Der Engel Gottes lagert sich um die her, die ihn fürchten, und hilft ihnen heraus.
Engel.
Sie lagern um uns herum.
Sie breiten ihre Flügel aus oder ihre Arme – je nach dem.
Sie schützen nicht vor dem Virus.
Aber vor der Angst.
Das können sie:
Uns die Angst nehmen.
Und die Panik vor dem, was uns beunruhigt.
Engel wiegen uns nicht in falscher Sicherheit.
Aber sie können die verängstigte Seele wiegen.
In ihren Armen oder Flügeln – je nach dem.
(In: Gottesdienstinstitut der Nordkirche. Gottesdienstkultur in Corona-Zeiten. Gebete und Meditationen, 2020)
Literatur:
Alexander Deeg, Andreas Schüle, Die neuen alttestamentliche Perikopentexte. Exegetische und homiletisch-liturgische Zugänge, Leipzig 2018, 203-209; Peter Höffken, Das Buch Jesaja. 2. Kapitel 40 - 66 (NSK.AT), Stuttgart 1998; Klaus Koenen, Ethik und Eschatologie im Tritojesajabuch. Eine literarkritische und redaktionsgeschichtliche Studie (WMANT 62), Neukirchen-Vluyn 1990; Wolfgang Lau, Schriftgelehrte Prophetie in Jes 56-66. Eine Untersuchung zu den literarischen Bezügen in den letzten elf Kapiteln des Jesajabuches (BZAW 225), Berlin / New York 1994; Leszek Ruszkowski, Volk und Gemeinde im Wandel. Eine Untersuchung zu Jesaja 56-66 (FRLANT 191), Göttingen 2000; Seizo Sekine, Die tritojesajanische Sammlung (Jes 56-66) redaktionsgeschichtlich untersucht (BZAW 175), Berlin / New York 1989; Odil Hannes Steck, Studien zu Tritojesaja (BZAW 203), Berlin / New York 1991.
Lätare – Freut euch
Lätare – freut euch, so heißt der heutige Sonntag. Können wir uns an diesem Sonntag tatsächlich freuen, wo wir doch das ganze Gemeindeleben heruntergefahren haben: keine Gottesdienste, keine Andachten, kein Konfirmandenunterricht, keine Klein-Kindgruppen, keine Kita … Von Freude ist da wenig zu spüren. Vielleicht haben sich die Israeliten damals im 6. Jahrhundert vor Christus ähnlich gefühlt in der Babylonischen Gefangenschaft, denn sie hatten den Krieg gegen die Babylonier verloren, waren aus ihrer Heimat verschleppt worden, weit weg in ein fremdes Land, unter fremde Menschen, in eine fremde Kultur. Kein Zuhause mehr, kein König mehr, keinen Tempel mehr, und – wie viele glaubten – auch keinen Gott mehr.
Viele klagten: Unseren Gott Jahwe? Den gibt’s nicht mehr. Der ist mit unserem Tempel untergegangen, mit Jerusalem und mit unserem Heimatland. Nach den furchtbaren Auswirkungen des verlorenen Krieges, der Gefangennahme und der Wegführung ins Exil erbarmt sich Gott und macht seinem Volk durch das Wort des Propheten wieder Mut, schenkt ihnen Aussicht auf eine neue und herrliche Zukunft. Das hört sich gut an. Und tröstlich. Aber wer sagt uns, dass Gott sich nicht längst wieder abgewandt hat? Von uns? Spricht er noch mit uns?
Lätare, freut euch – eine seltsame Aufforderung in Zeiten des Corona-Virus und all den Folgen, die seine rasend schnelle Verbreitung für unseren Alltag und auch in den Kirchengemeinden bedeutet.
Lätare, freut euch – Schulen und Hochschulen geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, Ausgangssperren nicht mehr ausgeschlossen, falls die Menschen ihr Verhalten nicht ändern, „Soziale Distanz“ zu den Mitbürgern, damit die Verbreitung des Virus nicht noch weiter voranschreitet und es wie in Italien Tausende Tote gibt. Risikogruppen definiert, Verhaltensmaßnahmen festgelegt, alles Maßnahmen, die die Verbreitung des Virus stoppen oder zumindest verlangsamen soll. Damit will man verhindern, dass das Gesundheitswesen unter einer allzu großen Anzahl von Corona-Patienten zusammenbricht.
Lätare, freut euch – ist sie nicht eher trostlos, diese bewegende Zeit? Und wir fragen uns: Wie können wir unseren Mitmenschen dennoch Gottes Menschenfreundlichkeit nahebringen, wenn wir keine Hausbesuche, Krankenbesuche oder Besuche im Alten- und Pflegeheim mehr machen dürfen? Wenn wir den Gottesdienst nicht mehr miteinander feiern oder nach dem Gottesdienst zum Kirchenkaffee zusammenbleiben dürfen? Wenn sich KonfirmandInnen nicht mehr regelmäßig treffen und vielleicht auch die im Mai 2020 vorgesehenen Konfirmationen nicht feiern können.
Lätare, freut euch – gerade an diesem Sonntag, der gern als kleines Osterfest in der Passionszeit bezeichnet wird, kommt uns dieser Anfang des Predigttextes fremd vor.
(Lesung des Predigttextes mit zwei SprecherInnen)
Trostbedürftigkeit
Der kleine Paul kommt weinend in die Küche gerannt, weil er von einer Biene im Garten gestochen wurde. Die Mutter nimmt ihn in die Arme, tröstet ihn und Paul beruhigt sich wieder und hört auf zu weinen. Vielleicht hat die Mutter dann auch noch eine Salbe oder ein anderes Hausmittel auf den Stich gegeben. Aber dem kleinen Paul genügt es zunächst, einfach die Nähe und Umarmung der Mutter zu spüren, die beruhigenden und tröstenden Worte zu hören. Und genau in diese Richtung ist auch der Vers 13 aus unserem Predigtwort zu verstehen: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet (Jes 66,13). Gott verspricht uns durch den Propheten Jesaja: „Wie eine Mutter ihr Kind tröstet, so tröste ich euch.“ Wir sind zwar keine kleinen Kinder mehr, und doch brauchen auch wir immer wieder Trost, gerade in dieser scheinbar trostlosen Zeit des Corona-Virus.
Es gibt genügend Situationen in unserem Leben, in denen wir Schmerz erfahren, körperlichen oder auch seelischen Schmerz. Es gibt genügend Situationen, in denen wir traurig sind, weil wir Verlusterfahrungen machen mussten so wie die Menschen, die jetzt durch Corona einen lieben Menschen verloren haben. Und gerade da will Gott selber uns trösten, so wie eben eine Mutter ihr Kind tröstet.
Was ist eigentlich Trost? Was meint dieses für manche Zeitgenossen vielleicht sogar altertümliche Wort? Wenn man sich über die Herkunft informieren will, dann schauen heute meist jüngere Menschen ins Internet und lesen dort, dass das Wort „Trost“ sprachlich mit dem indogermanischen Wortstamm „treu“ zusammenhängt und „innere Festigkeit“ bedeutet. Das griechische Wort für Trost (parägoria) bedeutet „Ermutigung“ im umfassenden Sinn und „Trost“ zukommen lassen.
Der einzige Trost
Trost will uns also innerlich aufrichten und stärken. Trost will uns ermutigen und aufbauen; Trost will uns auch konkret helfen und unsere jetzt manchmal schwierige oder traurige Situation verändern. Darum dürfen wir in Not, in Schmerz, in Traurigkeit, in Verzweiflung, in Not wie ein Kind zu Gott kommen, um von ihm getröstet werden. Gott ist wie eine gute Mutter. Der Begriff Trost steht darum auch in der reformierten Katechismus-Tradition, wie z.B. im Heidelberger Katechismus (1563), ganz oben an. Denn zu Beginn dieser reformierten Bekenntnisschrift steht die Frage nach dem einzigen Trost: „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ (Frage 1) In klarer Weise wird von Zacharius Ursinus, dem Verfasser dieses Katechismus, die Antwort gegeben:
„Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.“ Im Neuen Testament, im Johannes-Evangelium kommt der Begriff „Trost“, „Tröster“ einige Male an herausgehobener Stelle vor. In der Abschiedsrede an seine Jünger spricht Jesus vor seinem Tod vom Tröster und meint damit den Heiligen Geist, den er den Gläubigen senden wird. Im Heiligen Geist ist Gott der Tröster, durch den Heiligen Geist lässt Gott uns Trost zukommen. Und wie ist der Zusammenhang von Gott und Mutter zu verstehen?
Im Hebräischen, der ursprünglichen Sprache des Alten Testamentes, ist das Wort „Geist“ grammatikalisch gesehen ein weibliches Wort, ein Femininum. So kann man mit gutem Grund sagen, dass der Heilige Geist, der ja ein Teil, eine Seinsweise des dreieinigen Gottes ist, dass der Heilige Geist gewissermaßen die weibliche und damit auch die mütterliche Seite Gottes darstellt. Gott ist wie eine tröstende Mutter. Und so nehmen wir das Angebot des Jesaja in diesen bewegenden Zeiten an und lassen uns von Gott in die Arme nehmen und uns seinen Trost zusprechen.
Darin besteht die Kraft dieses Jesaja-Wortes: Es verkündet die frohe Botschaft, dass die Welt trotz aller Bedrohung und Gefährdung, trotz der Corona-Epidemie dennoch voller Trost ist, im momentan übertragenen Sinne in den Armen von Müttern und Vätern, von Freundinnen und Freunden, Familien und Nachbarschaften, die uneigennützig helfen und so den tröstlichen Frieden, den Gott den Seinen verspricht, weitergeben.
Mal gehören wir zu den Zweiflern, mal gehören wir zu den Fröhlichen und den Jubelnden. Das kann jedes Mal ein bisschen anders sein. Aber immer haben wir dabei eine Aufgabe: die Sackgassen zu sehen und auszuhalten. Wo bin ich daran beteiligt, dass andere in Sackgassen geraten sind, dass zerbrechlicher Friede zerbricht, dass unsere Schöpfung den roten Faden verloren hat? Wo bin ich mitschuldig, dass Kreaturen, Tiere und Pflanzen sinnlos leiden und vergehen, dass Menschen hungern oder fliehen? Oder in Gefängnissen verzweifelt schreien?
Nur wenn wir die Sackgassen erkannt haben, in die wir gerannt sind oder in die wir getrieben wurden, werden wir auch offen sein für das Wort, das die Mauern durchbricht und uns herausführt. Wir sind noch immer in der Passionszeit. Genau mittendrin. Aber nicht ohne Hoffnung, Trost und Liebe. Einer Liebe, die sogar die augenblickliche Distanz aushält. Dies sollen wir den Menschen, mit denen wir jetzt vielleicht auch mit anderen Kommunikationsmitteln begegnen, erzählen. Dabei kann uns ein Text helfen, den der niederländische Theologe Huub Oosterhuis verfasst hat:
Wie eine Mutter sorgt
Wie eine Mutter sorgt für Kinder, die ihr anvertraut, und einsteht, dass sie leben; So wirkt ein Gott der Liebe, keine Stund verlässt er uns. Nicht mehr verstummt das Wort, das er uns hat gegeben.
In diesen Tagen, in denen eine Pest wie im Mittelter durch unser Land schleicht, sind der Predigttext und die Predigt von Pfarrer Wolandt sehr ermutigend.Es breitet sich ja ( s.die aktuelle Zeitschrift BRIGITTE ) wie früher der Aberglaube aus mit Esoterik, Sterndeutern und Wahrsagern , ja Hexen und Pendlern. Gegen psychologische Beratung können wir gewiss nichts sagen. Aber im Tiefsten hilft uns nur das Gottvertrauen der Bibel auch nach dieser Predigt: Wir können weiter durch Zuwendung Gottes Hilfe weitertragen. Unsere Mütter haben uns getröstet und so tröstet uns Gott durch seine Treue. Durch Umarmung in Gedanken von unserem treuen Bruder und Freund Jesus, dem wir im Leben und Sterben gehören. Wir glauben ja an den Dreieinigen Gott und der Heilige Geist ist nach dem Hebräischen ein weiblicher , mütterlicher Begriff. So wollen wir mit dieser Predigt nach Gottes Wort hoffnungsfroh und getrost diese Prüfung bestehen. Keine Stunde verlässt uns Gott.