Predigt

Gottes Projekt

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PredigttextPredigttext: Jesaja 2,1-5 (mit exegetischen und homiletischen Hinweisen)
Kirche / Ort:Magdeburg
Datum:06.08.2017
Kirchenjahr:8. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pastor Dr. habil. theol. Günter Scholz

Predigttext: Jesaja 2,1-5 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

1 Dies ist das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, schaute über Juda und Jerusalem. 2 Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, 3 und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen auf den Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. 4 Er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 5 Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des HERRN!

Exegetische Bemerkungen

Jes 2,1-5 reiht sich in die Zionstradition ein. Am Zion wird Jahwe sein Volk nach der Rückkehr aus dem Exil wieder sammeln und mit ihm einen neuen Anfang machen. Vom Zion wird Weisung ausgehen für alle Welt. Genau das entfaltet Jes 2,1-5. – Zudem gehört es in die Reihe der universalen Heilsworte bei Protojesaja (9,1-6; 11,1-10), die vom frühnachexilischen Endredaktor des Jesajabuches dankbar aufgegriffen und kerygmatisch (v 5) verwendet werden. Jes 2,1-5 hat eine Parallele in Mi 4,1-5. Jes 2,2-4 ist dem angenommenen Grundtext näher als Mi 4,1-3.

Die Vision des allgemeinen Völkerfriedens ist auf eine weltimmanente Endzeit bezogen, daher eine Realutopie. Dafür spricht die wörtliche Übersetzung von Jes 2,2: „Es wird auf der Rückseite der Tage der Berg, …“. O.Kaiser erklärt: Auf der Vorderseite ist, was ich sehe, also die Vergangenheit; auf der Rückseite das Verborgene, also die ferne

Zukunft (Der Prophet Jesaja, Kap. 1-12 (ATD 17), Göttingen 51981, S.64). Zudem ist die Korrespondenz von Lehre und Wandel nur innerweltlich sinnvoll, ebenso das Umrüsten der Waffen zu volkswirtschaftlich nützlichen Geräten.

Nichtsdestoweniger darf die Vision als eschatologisch bezeichnet werden; denn sie bezieht sich auf Endgültiges (der Völkersturm auf den Zion ist das Vorletzte, die Völkerwallfahrt das Letzte), und ihre Erfüllung ist Geschenk des Herrn (vgl. auch Jes 9,5a; 11,2). Dennoch will Gott auch unsere Beteiligung am Weltfriedensprojekt. Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen göttlicher Pädagogik und menschlicher Pragmatik, zwischen Lehre und Wandel (Jes 2,3), zwischen Unterrichtung und Tun (Jes 2,4). Gott will uns an sich ziehen (Jes 2,2b.3a.5).

Homiletische Bemerkungen

Der Friede in unserer Welt ist mehr denn je gefährdet. Wie können wir ihn retten? Einen Vorschlag hat schon Immanuel Kant gemacht auf der Grundlage der Vernunft und im Vertrauen auf die Stärke des Rechts. Zugleich stellt er die Friedensfähigkeit des Menschen in Frage, sieht aber in völkerrechtlich verbindlichen Verträgen die einzige Alternative zur ewigen Friedhofsruhe (Reclams Universal-Bibliothek Bd. 1501, S.6-8).

Die Frage: Wie können wir den Frieden retten? verführt zum Legalismus und verliert anthropologisch bedingte Defizite aus dem Auge. Daher darf die Predigt sich nicht im Sollen verrennen. Da Gott aber nicht ohne uns handelt, sind wir aufgefordert, in seinem Licht zu wandeln. Die Vorstellung, von ihm angezogen zu werden, beugt dem Vorwurf des Synergismus vor.

Allein schon die Zionstheologie ist eine Theologie der Hoffnung, die mit unserer christlichen Hoffnung kompatibel ist. Dennoch: Damit niemand meint, das Projekt begönne erst in ferner Zukunft: Es hat schon begonnen – im Kreuz Jesu Christi hat die Macht Gottes bereits die vernichtende Gewalt überwunden.

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Heinz Janssen
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