Predigt

Gottvertrauen

Nicht aufgeben

PredigttextJohannes 11,1.3.17-27
Kirche / Ort:09322 Penig
Datum:20.09.2015
Kirchenjahr:16. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrerin em. Ursula Bürger

Predigttext: Johannes 11,1.3.17-27 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

1 Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf Marias und ihrer Schwester Marta. 3 Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank. …. 17 Als Jesus kam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen. 18 Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa eine halbe Stunde entfernt. 19 Und viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders. 20 Als Marta nun hörte, dass Jesus kommt, geht sie ihm entgegen; Maria aber blieb daheim sitzen. 21 Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. 22 Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. 23 Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. 24 Marta spricht zu ihm: Ich weiß wohl, dass er auferstehen wird – bei der Auferstehung am Jüngsten Tage. 25 Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; 26 und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? 27 Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist. Exegetische und homiletische Hinweise zum Predigttext

Die Namen

Lazarus, hebr. el-azar „Gott hilft“, ezaer wird in der Schöpfunsgeschichte Gen 2,18 die Frau genannt, die dem Menschen als Gegenüber, zu ihm passend, von Gott geschaffen wird. Die Frau, die Frauen, die Lazarusse der Geschichte? Der Name Lazarus kommt in den Evangelien noch Lk 16,20 vor (der Reiche und der arme Lazarus), beiden wird geholfen – nach ihrem Tod.

Wie ist das als Evangelium weiterzugeben in einer Zeit, die nur das Diesseits als Wahrheitsbeweis gelten lässt. Ungeachtet der Fantasy-Literatur, Filme etc., die die Ängste vor Tod und Sterben, vor einem eventuellen Jenseits aufgreifen. Dass wir nach dem Tod für hier erlittene Unbill entschädigt werden, wird doch weithin verstanden als Vertröstung, denn „...den Himmel überlassen wir den Engeln und den Spatzen“(Heinrich Heine, Deutschland – ein Wintermärchen, 1843).

Dass der Name Lazarus in Joh 11,1ff aus Lk 16,19-31 stamme, um zu zeigen, die Juden glaubten auch dann nicht, wenn Lazarus von den Toten auferstünde, ist eine oft geäußerte Vermutung. (R. Bultmann, 302). Bemerkenswert ist die Singularität der Namensnennung in Wundergeschichten: Lk 10,46 Bartimäus, der Blinde, Lk 8,41 die Tochter des Jairus.

Die Schwestern: Marjam oder Mirjam = die herbe und Martha = die Herrin. Martha hat auch in dieser Geschichte wie Lk 10,38ff das Heft des Handelns in der Hand.

Für die Auferweckungsgeschichte Joh 11,1ff gibt es keine synoptische Parallele.

Das Bekenntnis der Martha

Das Bekenntnis der Martha Joh 11,27 steht gleichberechtigt neben dem Bekenntnis des Petrus bei Cäsarea Philippi Mt16,16. Vielleicht übte Martha (die Herrin) ein Amt, Tischdienst mit Verkündigungscharakter, aus.

Der Evangelist Lukas lässt Jesus sagen: „Maria, (die zuhört, ohne zu Tisch zu dienen) hat das gute Teil erwählt“. Man muss eine Konkurrenz unter den Ämtern und zwischen Männern und Frauen annehmen, die nun mit höchstem Autoritätsanspruch entschieden wird. Hier, Joh 11,27, spricht Martha das Bekenntnis zu Christus als dem Gottesssohn, wie sie ja überhaupt die Aktive ist – läuft Jesus entgegen, „Maria aber blieb daheim sitzen“.

Martha richtet weiterhin ihre Hoffnung auf Jesus, obwohl ihr Bruder Lazarus inzwischen gestorben ist, für sie eigentlich das Ende aller Hoffnung.

Zum Wunderverständnis

„Die Wundergeschichten sind immer auch „von unten“ als ein Protest gegen menschliches Leid zu lesen. Wie dieses Aufbegehren gegen Leid, gegen die Zerstörung durch Hunger, Krankheit und Not sich dazu verhält, daß wir auch in unvermeidliches Leid und nicht aufhebbare Behinderung einwilligen müssen, ist ein Problem.

Neben den Wundergeschichten steht im Neuen Testament nicht umsonst Paulus – ein „Wundercharismatiker“, dessen Charisma nicht einmal ausreichte, sich selbst zu heilen! Er verkörpert die andere Seite: Trotz allen Protestes gegen sein Leid wurde er nicht von ihm befreit, sondern mußte sich mit der Auskunft begnügen: ‚Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig‘ (2Kor 12,9)“ (Theissen/Merz, 282f.).

In Joh 11 wird der Protest gegen Sterben und Tod formuliert, und Jesus fordert Martha auf, sich dazu zu äußern. Zunächst kommt das formelhafte Bekenntnis zur Auferstehung am Jüngsten Tage, aber Jesus meint das Bekenntnis zu ihm. Darauf lässt sich Martha ein.

Die Rettung für Martha, ihre Schwester und Lazarus kann ihren Gang nehmen. Das will doch wohl diese Geschichte mahnend verkünden: Niemals aufhören mit dem Gottvertrauen! Auch an der Todesgrenze nicht. Jesus und Gott kommen nie zu spät. Leider hört da bei manchen Menschen die Gottesbeziehung auf. Diese Geschichte will den Hörenden Mut machen, nicht aus der Gottesbeziehung auszusteigen, sondern aktiv zu bleiben. Ist das nicht die Grundlage jeder christlichen Diakonie: Niemanden aufgeben.

Würdigung

Gerade in dieser Auferweckungsgeschichte wird die johanneische sog. präsentische Eschatologie ausgebreitet. Wer an Jesus Christus glaubt, jetzt, hat schon das ewige Leben. Und: Das Wort richtet, unterscheidet zwischen Glaubenden und Nicht-Glaubenden, nicht die mirakulöse Tat. Man braucht keinen religiösen Event, die Glaubensentscheidung fällt schon vorher.

Literatur: G. Theissen / A. Merz: Der historische Jesus, 2.Aufl., Göttingen 1997.- R. Bultmann, Das Evangelium des Johannes, 18.Auf., Göttingen 1968.- W. Marxsen, Einleitung in das NT, 3.Aufl., Gütersloh 1964

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