„ … Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit“
Alle und Alles im Licht des Willens Gottes und seiner Liebe sehen und entsprechend handeln
Predigttext: Epheser 5, 1-2.8-9 (Übersetzung nach Martin Luther)
1 So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder 2 und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch.
8 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts; 9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
Homiletische Vorüberlegungen
Wie kann gelebter Glaube heute aussehen? Richtschnur ist mir, mich selbst und mein Gegenüber als geliebtes Kind Gottes wahrzunehmen. Das verleiht uns Beiden eine unverbrüchliche Würde und es befähigt mich, die mir entgegen gebrachte Liebe Gottes in die Welt zu tragen. Dadurch hilft mir Gott, ein Kind des Lichts zu sein.
Der Apostel Paulus spricht im Predigttext darüber, wie gelebter Glaube aussehen soll. Unser gelebter Glaube aber erlebt Anfechtungen. Letztlich bleibt er immer etwas Bruchstückhaftes. Ganz leicht geht es, dass wir Schlechtes tun. Letztlich ist das unser menschliches Wesen. Martin Luther beschreibt den Menschen als „Gerechten und Sünder zugleich“ („simul iustus et peccator“), denn wir sind immer wieder darauf angewiesen, das Gott im Voraus auf uns zukommt und sich uns liebend zuwendet. Paulus nennt im Folgenden Mahnungen, die vor dem menschlichen Missbrauch der guten Schöpfungsgaben warnen wollen. Wir sollen andere Menschen nicht benutzen. Die Beispiele des Apostels lassen sich leicht in die Gegenwart übertragen. Im Privaten, aber eben auch in Großfirmen, Banken und Sportorganisationen wird nicht selten zum Schaden Anderer korrumpierend Recht und Moral hintergangen.
Anton Schlecker muss sich in Stuttgart seiner Verantwortung stellen und hat immer noch nicht ein bedauerndes Wort für die vielen Schleckerfrauen gefunden, deren Zukunft durch seinen unverantwortlichen Umgang mit seinen Firmengeldern in Trümmer gelegt wurde. Der DFB soll 2,5 Millionen Steuern hinterzogen haben. Lichtgestalten des Sports – über viele Jahrzehnte unsere Idole – sind in Schmiergeldaffären verwickelt. Der eigene Vorteil lockt mehr, als für andere das richtige zu tun. Hand aufs Herz: Gerade, wenn es ums Geld geht, um die Steuern, die wir zahlen müssen, ist doch auch jeder von uns ganz normalen Menschen gerne bereit, nach „Schlupflöchern“ zu suchen – wie nicht selten verharmlosend ausgedrückt wird. Beliebig könnten wir hier weitere Beispiele finden. In allem geht es aber um die Unfähigkeit des einzelnen, die Grenzen des Anderen und die Beziehung zu diesem verbindlich zu akzeptieren. Was wir im Kleinen leben, hat weitgehende Wirkung auf unsere Gesellschaft.
Wir sollen jedoch achtsam gegenüber Anderen und gehorsam gegenüber Gott unser Leben gestalten. Die Beziehung zu den Anderen und die Beziehung zu Gott sind miteinander verknüpft. Wenn wir den Anderen als Ebenbild Gottes bzw. als geliebtes Kind Gottes wahrnehmen, erkennen wir, dass unser Gegenüber genau wie wir selbst auch unter der Verheißung Gottes steht. Gottes Gegenwart in unserem Leben zeigt sich, wenn wir auf seinen Willen hören und so die Gemeinschaft mit ihm suchen. Diese Gemeinschaft mit den Anderen und mit Gott zerbricht der Mensch leider immer wieder eigenwillig und selbstsüchtig, wenn er den Anderen als Ding, als bloßes Objekt, ansieht, benutzt und ausnutzt. Immer dann, wenn er sich selbst als der große Macher an die Stelle erhebt, die doch allein Gott gehört, wenn wir meinen, selbst einteilen zu können, was gut und richtig ist. Wenn wir Mauern zwischen Menschen hochziehen und erklären, wer in Würde und Wohlstand und Frieden leben darf und wer nicht.
Wer Gott ist und was er sich für uns Menschen wünscht, hat er selbst in Jesus Christus offenbart: er ist der Gott der Liebe. Er kommt in Liebe immer wieder auf uns zu. Er geht gnädig mit unseren Fehlern um, aber er nimmt uns auch ganz ernst. Was nicht nach Gottes Willen gut ist, begegnet uns täglich in den Nachrichten. Aber an Gott glauben, mit Gott leben, bedeutet, Alle und Alles im Licht des Willens Gottes und seiner Liebe zu sehen und entsprechend zu handeln. Uns der Welt so zuzuwenden wie Jesus Christus es getan hat. Das heißt, bei Unrecht und Leid nicht weg zu schauen, eigene Nachteile auch mal in Kauf zu nehmen. „Lebt als Kinder des Lichts …“ Jetzt in der Passionszeit erinnern wir uns besonders an Jesu Liebe zu uns und dass er sich für uns am Kreuz hingegeben hat, um uns zu erlösen, Vergebung, neues Leben zu schenken. Das ist die Perspektive, in Erwartung des Reiches Gottes leben zu können. Als Martin Luther dies erkannte, da “öffneten sich ihm die Tore des Paradieses”.
Es ist nicht immer leicht, im anderen Menschen ein genauso geliebtes Kind Gottes zu erkennen, wie ich es selbst bin. Und kann ich mich selbst immer als von Gott geliebt wahrnehmen? In der heutigen Gesellschaft zählen Erfolg und Leistung, Schönheit und Macht. Aber wer hat das schon? Jesus setzt jedoch einen Kontrapunkt. Durch die Art, wie er den Menschen begegnete und ihnen von Gott erzählte, allen Menschen, den Leistungsstarken und Schwachen, den Gesunden und Kranken. Wenn wir uns das immer wieder vor Augen führen und gerade den Schwächsten achtsam begegnen, dann leben wir als Kinder des Lichts. Ich schaffe das nicht alleine, Licht in und für die Welt zu sein, in und mit der Gemeinde. Ich muss das aber auch gar nicht alleine schaffen. Gott sei Dank. Gott geht gnädig mit mir um, und er kommt mir immer wieder entgegen und führt mich. Dies ist wohl das Besondere an unserem Gott der Liebe, der uns in Jesus Christus begegnet und will, dass wir einander helfen und beistehen.
Immer wieder waren es gläubige Menschen, die dadurch, dass sie versuchten, Gottes Liebe in die Welt zu tragen, diese Welt ein bisschen heller gemacht haben, z. B. durch Abschaffung der Sklaverei, Widerstand gegen Unrechtsregime, Schutz der Menschenrechte. Indem wir als Glaubende leben, geben wir Zeugnis und Beispiel für eine Welt nach Gottes Willen und wie Jesus sie uns vorgelebt hat. Jesus ist das Licht der Welt, und in seinem Licht sind wir “das Licht der Welt” (Matthäus 5,14). Immer wenn ich bei mir selbst beginne, mich als ein von Gott geliebtes und – mit allen Unzulänglichkeiten – von Gott angenommenes Geschöpf wahrzunehmen, kann sich mein Blick für den anderen Menschen öffnen. Ich sehe ihn genau wie mich von Gott angenommen und geliebt, mit genau der gleichen Würde von Gott beschenkt. So lebe ich als Kind des Lichts. „Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“
Diesen Predigttext und diese Predigt kann man immer wieder bedenken. Paulus beschreibt, wie gelebter Glaube aussehen soll. Aber immer wieder haben haben wir Anfechtungen und sündigen. Das fällt uns leichter. Immer wieder lesen wir auch in der Zeitung von den Betrügereien der prominenten Lichtgestalten aus der Wirtschaft und dem Sport und von Steuermogeleien. Gott und unseren Mitmenschen sollen wir lieben. Durch Jesus können wir als Kinder des Lichtes leben. Denn Jesus ist das Licht der Welt. Das sollten wir in der Passionszeit bedenken, annehmnen und für Bedürftige in die Tat umsetzen.