Gutes Licht

Hoffnung und Trost in den Beschwernissen des Lebens

Predigttext: Johannes 12,44-50
Kirche / Ort: 23570 Lübeck
Datum: 30.12.2012
Kirchenjahr: 1. Sonntag nach dem Christfest
Autor/in: Pastor Hans-Dieter Krüger

Predigttext: Johannes 12,44-50 (Überstezung nach Martin Luther, Revision 1984)

44 Jesus aber rief: Wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat.
45 Und wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat.
46 Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.
47 Und wer meine Worte hört und bewahrt sie nicht, den werde ich nicht richten; denn ich bin nicht gekommen, dass ich die Welt richte, sondern dass ich die Welt rette.
48 Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht an, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tage.
49 Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot gegeben, was ich tun und reden soll.
50 Und ich weiß: sein Gebot ist das ewige Leben. Darum: was ich rede, das rede ich so, wie es mir der Vater gesagt hat.

 

 

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„Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht“, sagt Jesus. Das klingt selbstbewusst. Für seine Kritiker ist es eine Anmaßung. Für Christen sind diese Worte der Schlüssel zum Verständnis seiner Sendung: Jesus, das Licht der Welt. Ähnliche „Ich bin Worte“ Jesu sind: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Oder: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Sie alle zeigen: Jesus weiß um seine Herkunft und kennt seine Aufgabe: In unserem Predigttext gibt er dem unmissverständlich Ausdruck: Ich komme vom Vater her, d.h. ich  stehe in direkter Verbindung mit ihm und meine Aufgabe ist es, seinen Willen umzusetzen, nämlich die Welt zu retten. Diese Formulierung „die Welt zu retten“ ist beachtlich.  Der Begriff „die Welt“  hat in der Bibel eine meist negative Bedeutung. Die Welt: Das ist die Ferne von Gott, ja der Gegensatz zu ihm. Verlorensein in der Schuld. Die Grausamkeiten, die das Leben bereit hält. Die Gemeinheit mancher Menschen. Die Vergänglichkeit des Lebens, das Ausgeliefert Sein dem Tode. Daraus will Jesus retten. In diese Dunkelheiten will er sein tröstendes Licht bringen. Die Gemeinde singt es zu Weihnachten gern: „Welt ging verloren, Christ ist geboren“ und „Christ der Retter ist da.“

Vielleicht sind wir Menschen mit einem fröhlichen, sonnigen Gemüt, um das uns mancher beneidet. Wenn das so ist, dürfen wir uns glücklich schätzen und dafür dankbar sein. Ein immer fröhliches Herz ist ein wunderbares Gottesgeschenk und ein schöner Abglanz des Lichtes, das Jesus in das Leben des Menschen bringen kann, auch der Menschen, die nicht um ihn wissen oder nicht an ihn glauben. Von einer prominenten TV-Ansagerin konnte man vernehmen, nachdem sie eine schwere Krankheit überstanden hat: Auf eine höhere Macht habe sie sich nicht verlassen, schließlich sei es auch nicht Gott gewesen, der ihr bei ihrer Genesung geholfen habe, wörtlich: “Ich glaube nicht an Gott“. Es macht mich traurig, so etwas zu hören. Aber auch hier gilt: Gottes Sonne scheint über Gerechte und Ungerechte. Überall, wo Gutes geschieht,  wo Frieden Einzug hält, Menschen sich versöhnen, wo Hunger gestillt wird, wo Freiheit aufblüht, wo Krankheiten überwunden werden,  ist Jesus am Werk.  Die Gesellschaft feiert ihre Helden wegen ihrer guten Werke, bedenkt sie und bedankt sich bei ihnen mit Orden und Ehrenzeichen. Bewundert ihren Mut und Einsatz. Das ist völlig in Ordnung. Aber wir sollten nie vergessen, dass Jesus auch dort mitgewirkt hat und wenigsten wir als Christen ihm darüber die Ehre geben.

Ich sprach über die Glückspilze unter uns, die Menschen mit einer positiven Lebenseinstellung, gesegnet mit einem fröhlichem Herzen und sonnigem Gemüt. Aber auch bei ihnen gibt es dunkle Stunden. Das lähmende Gefühl, nicht mehr weiter zu wissen. Die Traurigkeit über den Verlust eines lieben Menschen. Die Enttäuschung, die uns schmerzt, wenn Freunde sich von uns abwenden. Eine Krankheit, die uns oder einen uns nahe stehenden Menschen belastet, und letztlich das unvermeidliche Ende: Der Tod, von dem Paulus zu Recht sagt, dass er unser letzter Feind ist. Gerade Jesus kennt diese unschönen Wahrheiten und deutet sie: „In der Welt habt ihr Angst“. Aber er setzt jedem dieser dunklen Themen seine hell und froh machende  Botschaft entgegen: „Ich habe die Welt überwunden“. Das heißt doch: Auf jede Not, die uns bewegt, auf jeden trüben Gedanken, der uns überfällt, hat er eine Antwort, die unsere Situation in einem neuen Licht darstellt. In einem hellen Licht, in dem die göttlichen Verheißungen, die seit Jahrhunderten die Menschheit begleiten, neu erstrahlen. Da  jubelt der Prophet Jesaja (9, 1): „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell“. Da wird vorweg genommen, was in Jesus Gestalt annahm, sichtbar, erfahrbar, für jeden, der sich dafür öffnet. Dieses wunderbare, göttliche Licht ist für alle da. Es durchstrahlt auch das Leben der Ungläubigen, der Unbelehrbaren, der Ignoranten, der Zyniker. Sogar die Kreatur, die sich nach Erlösung sehnt, wird davon ergriffen. Dieser Schein aus der Ewigkeit durchdringt den ganzen Kosmos. Das übersteigt unsere gedanklichen Möglichkeiten.

Der ganze Kosmos, das unermessliche Weltall mit seinen unendlichen Weiten und unerforschlichen Geheimnissen ist von Gott erschaffen und wird von seinem rettenden Licht umschlungen. Gottes Licht umfasst die Sternenwelten, auch die schwarzen Löcher, lenkt die Entwicklung der kosmischen Prozesse. Astronomen, Physiker und auch wir fragen, wohin das führt. Die Antwort Jesu: Es führt zum Ziel, das Gott gesetzt hat. Zur Rettung und zur Vollendung göttlicher Pläne. Einst gab Gott einen Befehl aus: „Es werde Licht“. Er wurde sofort umgesetzt: „Und es ward Licht“ so heißt es kurz und lapidar im Schöpfungsbericht des Mose. Für das Ende der Zeiten gibt der, der den Kosmos erschuf und alles Leben ermöglichte, einen letzten Befehl: Leben! Ewiges Leben! Jesus drückt es in wunderbaren Worten aus: „Ich weiß: Sein Gebot ist das ewige Leben“.  Wenn das keine gute Nachricht ist! Ewiges Leben: Das ist Gottes Plan. Das ist sein Wille. Das ist das Ziel seines Wirkens. Das ist sein Befehl. Bereits im Chaos des Entstehens der Welt ist dieser Ziel schon ins Auge gefasst: Rettung und Erlösung. In den Wirrnissen der Menschheitsgeschichte und den Dunkelheiten des eigenen Lebens gibt es jetzt schon diesen Lichtblick, blüht diese Hoffnung auf.  Mit Jesus nimmt diese göttliche Wahrheit sprachliche Form an:  Rettung und Erlösung. Jesus ist der Vermittler dieser Botschaft. Das sind gute Nachrichten für uns und alle Menschen: Er, der von Anfang an dabei gewesen ist, offenbart als Mensch gewordener Gedanke Gottes  dessen Absichten: Rettung und Erlösung. Wer auf Jesus blickt, wer ihn ansieht, der erkennt es, und das gibt ihm Hoffnung und Trost.

Was ist mit denen, die „seine Worte nicht annehmen“, “die ihn verachten“? Ich finde es gut, dass Jesus auch diese Gruppe von Menschen erwähnt. Sie begegnen uns ständig in den Medien und im persönlichen Umfeld. Wir wollen uns nicht über sie erheben, sind wir doch zuweilen auch den Anfechtungen des Glaubens ausgesetzt.  Wir sind tolerant und überlassen jedem seine eigene Sicht des Lebens. Die harten Worte, die Jesus ihnen gegenüber gebraucht, müssen wir nicht wiederholen. Aber eines muss doch festgehalten werden: Sie sehen in schweren Situationen, wenn schlimmes Schicksal sie überfällt, nicht das tröstliche Licht, das ihnen zwar zugedacht ist. Wie oft bleiben sie ohne Trost, ohne Hoffnung, ohne Perspektive. Wie oft sind sie ihren verzweifelten, dunklen Empfindungen ausgeliefert. Wie wunderbar ist es umgekehrt: Wenn wir als Kinder Gottes auch im Schmerz und den größten Nöten uns in der Liebe Gottes geborgen wissen und dankbar sind, wenn sich auch über die schlimmsten Geschehnisse ein tröstlicher Schein aus Gottes Ewigkeit legt.  Jesus hat von sich als dem „Licht der Welt“ gesprochen. Auch seinen Jüngern spricht er diesen besonderen Rang zu: „Ihr seid das Licht der Welt“. (Matthäus 5,14) Welch eine Würdigung ist das für sie gewesen und ist es für uns, die wir uns als Menschen, die ihm nachfolgen, betrachten dürfen. Wir möchten vielleicht zurückzucken vor so viel Ehre, die uns hier erwiesen wird. Vielleicht haben wir auch die verständliche Sorge, diesem hohen Anspruch nicht zu genügen. Wir möchten auch nicht verwechselt werden mit denen, die sich als bessere Christen hervortun und die Nase hoch tragen.  So etwas gibt es leider. Ich hoffe, nicht bei uns. Aber diese Bedenken sind zweitrangig gegenüber unserer Berufung, Licht für die Welt zu sein.

Jesus holt uns in seine unmittelbare Nähe. Er lässt uns teilhaben an der Lichtfülle und Strahlkraft, die seine Person kennzeichnet, auch wenn wir einschränkend dem Liederdichter zustimmen: „Er das Licht und wir  der Schein“ (EG 251,1).  Er wertet uns auf zu Trägern des Lichts. Wir werden dadurch hoffentlich zu einer Wohltat und einem Segen für unsere Umgebung. Uns begegnen auf Schritt und Tritt verzagte und entmutigten Menschen. Wir hören täglich das Klagen über die schlechten Verhältnisse. Unglaube und Zweifel führen das Wort. Wir erleben, wie Krankheitsnöte die Seelen niederdrücken, wie Fehler und Schuld Gemüter verstören. Wie Sorgen wegen der Familie das Leben trüben. Wie Zukunftsängste die Diskussionen bestimmen. Die Liste der unschönen und bedrückenden Möglichkeiten, die die Finsternis bereit hält,  kann jeder für sich fortschreiben: Aber gerade hier zünden wir Lichter der Zuversicht, des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe an und leuchten auf diese Weise hinein in die Finsternis der Welt und das Dunkel der Menschenleben. Hier stehen wir mit unserem Herrn in einer Linie. Damit reden wir nicht einem billigen Optimismus das Wort: „Alles wird gut!“. Was die irdischen Bereiche angeht, haben wir eher das Gegenteil zu erwarten. Jesus spricht davon, dass Kriege, Verfolgungen und Naturkatastrophen zunehmen werden. Auch im persönlichen Leben kann uns Schlimmes widerfahren.

Von einer auf die andere Sekunde können wir aus der Bahn gerissen werden. Selbst, wenn wir Glück haben und viel Bewahrung erfahren: Eines Tages stehen wir unausweichlich  vor der letzten Grenze, die uns allen gesetzt ist. Da haben wir vielleicht noch schwere Zeiten vor uns. Umso wichtiger ist es, auf die Verheißung zu achten, die Jesus denen zusagt, die ihm nachfolgen: Sie werden das „Licht des Lebens“ haben. Wie das zu verstehen ist, hat er an anderer Stelle deutlich gemacht. Dem Sinne nach sagt er:  Wenn ihr das alles seht, die schrecklichen Dinge, die Menschen anrichten, die Naturkatastrophen, die unzählige Menschen dahinraffen, die schrecklichen Amokläufe, die uns aufwühlen, das persönliche Leid, das wir vielleicht noch zu erdulden haben: „Dann erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht“ (Luk. 21,28). Damit ist ja nicht nur gemeint, dass Leid und Schmerzen ein Ende haben. Er weist vielmehr auf die Verheißung hin, die der Prophet im Namen Gottes ausgesprochen hat: „Ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein“ (Jesaja 43,1). Unverlierbar Gottes Eigentum zu sein, hier im irdischen Leben und eines Tages dort, wo unsere ewige Heimat ist. Dort wird das Versprechen eingelöst,  das uns in den Dunkelheiten und Beschwernissen des Lebens Hoffnung und Trost ist: Das Licht des Lebens zu haben.

 

 

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Ein Kommentar zu “Gutes Licht

  1. Pastor i.R. Heinz Rußmann

    “Überall, wo Gutes geschieht, ist Jesus am Werk: wo Frieden Einzug hält, Menschen sich versöhnen, wo Hunger gestillt wird, wo Freiheit aufblüht, wo Krankheiten überwunden werden.” Jeder Jesus-Anhänger wird angerührt und begeistert sein, wie vielfältig und tiefsinnig Pastor Krüger das Wirken Jesu heute als “Licht” und als “Retter” der Welt uns nahebringt. “Dieser Schein aus der Ewigkeit durchdringt den ganzen Kosmos.” Auch diese heute meist übergangenen universalen, kosmischen Perspektiven des Christus zur Rechten Gottes werden betont. Aber andererseits verfällt der Prediger in keine Schwärmerei. Auch die abgründigen Leiden der Menschen, sogar auch der bisher Ungläubigen werden sehr seelsorgerlich und konkret mehrfach aufgenommen, besprochen und getröstet. Jesus hat für uns alle eine Antwort. Der Trost wird auch zum Schluß bekräftigt: Erhebet Eure Häupter! Gott wird sein Versprechen einlösen, dass wir durch Jesus das Licht des Lebens uneingeschränkt haben werden ! – Ganz mitreissend und heute ungewöhnlich und m.E. vorbildlich stellt diese Predigt das Wirken Jesu in unserer Welt ins Zentrum.

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