Predigt

Heilende Kraft für Leib und Seele

Glaube macht erfinderisch und wagemutig

PredigttextMarkus 2,1-12 (mit Einführung)
Kirche / Ort:Margarethenkirche / Mediasch / Rumänien
Datum:23.10.2022
Kirchenjahr:19. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrer Gerhard-Octavianus Servatius-Depner

PPredigttext: Markus 2,1-12 (eigene Übersetzung G.-O. Sevatius-Depner)

1 Und wieder nach Tagen nach Kafarnaum hineingekommen, wurde gehört, dass er [Jesus] im Haus ist. 2 Und es versammelten sich viele, so dass kein Platz mehr reichte, nicht einmal an der Tür, und er sagte ihnen das Wort. 3 Und es kamen welche und brachten zu ihm einen Gelähmten, getragen von vieren. 4 Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten, wegen der Menge, deckten sie das Dach ab, wo er war, und als sie ausgegraben haben, ließen sie das Bett herab, auf dem der Gelähmte lag. 5 Und als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: Kind, deine Sünden sind vergeben.

6 Es saßen aber einige der Schriftgelehrten dort und dachten in ihren Herzen: 7 Was redet dieser so? Er lästert. Wer kann Sünden vergeben, wenn nicht einzig Gott? 8 Und Jesus bemerkte sofort in seinem Geist, dass sie so bei sich überlegen, [und] sagte zu ihnen: Warum überlegt ihr dieses in euern Herzen? 9 Was ist leichter, zu sagen zu dem Gelähmten: Vergeben sind deine Sünden, oder zu sagen: Stehe auf und nimm dein Bett und gehe umher? 10 Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Vollmacht hat, zu vergeben Sünden auf Erden, sagt er zu dem Gelähmten: 11 Ich sage Dir: Stehe auf, nimm dein Bett und geh hin in dein Haus! 12 Und er stand auf und nahm sofort das Bett, ging hinaus vor allen, so dass alle außer sich gerieten und priesen Gott, sagend: So [etwas] haben wir niemals gesehen.

Hinführende Gedanken zum Predigttext

Ein wesentliches Element markinischer Wundergeschichten ist der Glaube. Dieser verleiht Kreativität und findet auch Wege, um zu erreichen, was es verspricht.

Vorstellungen über einen spektakulären Abriss des Daches über einem Raum, in dem sich Menschen befinden, müssen korrigiert werden. Im alten Orient spielte sich das Leben meistens im Freien ab. Jesus stand in der Tür eines Hauses und sprach zu einer Menge, die im Hof oder auf der Straße stand. Helfer werden kreativ und steigen mit einem Kranken, der auf einer Matte lag, auf das Dach des Hauses, um Zugang zu Jesus zu haben.

Die palästinischen Dächer hatten Tragbalken, zwischen denen Schilf, Heu und Zweigen gelegt wurde, darüber war alles mit einer Lehmschicht überzogen. Ziegelgedeckt waren die griechisch-römischen Häuser.

Möglich, dass Markus das Abdecken des Hauses hier einbringt. „Sie deckten ab“ stößt sich mit dem „sie gruben es auf“, was hier zutrifft. Markus hat auch den ursprünglichen Sinn der Dachöffnung verändert. Der Transport durch das Dach sollte erfolgen, damit der Krankheitsdämon hintergangen wird. Er sollte den Eingang des Hauses nicht kennen und wieder dorthin zurückkehren.

Hier ist keine Täuschung des Krankheitsdämons der Sinn der Aktion. Die „Kühnheit und Beharrlichkeit“ der Vier (also nicht des Kranken wird von Jesus als Glauben erkannt. Glaube besteht im festen Vertrauen, dass Jesus helfen kann und wird. Glaube wird sichtbar, indem Schwierigkeiten überwunden werden. Eine weitere Komponente des Glaubens ist die Fürbitte. Obwohl sie im Text fehlt, wird sie durch den ungewohnten Transport des Kranken mehr als ersetzt.

Jesus reagiert überraschend, da er zuerst ein Wort der Sündenvergebung spricht. In der Urchristenheit wurde die Vergebung der Sünden im Namen Jesu geübt, doch im Judentum wurde dieses bestritten.

Im Vers 10 begegnet zum ersten Mal der Ausdruck „Menschensohn“, der von der Vollmacht Jesu zur Sündenvergebung spricht. In der Sündenvergebung zeigt sich die jüdische Vorstellung, dass zwischen Krankheit und Sünde ein Zusammenhang besteht. Der Hinweis auf diesen gilt in der jüdischen Theologie für alle Heilungsgeschichten.

Für die Schriftgelehrten ist das von Jesus Gesagte eine Störung der Ordnung, ja eine Gotteslästerung. Die Juden kennen den Weg zum Heil nur durch die Leistung, die die Schuld abträgt (Liebeswerke, Almosen, Opfer). Der Zuspruch der Vergebung geschieht nur auf Grund der Opfer am großen Versöhnungstag durch den Hohepriester. Hier tut Jesus, was dem Hohepriester vorenthalten ist, außerdem an einem einzelnen, zu beliebiger Stunde und an einem beliebigen Ort, ohne vorgeschriebene Opfer. Wo Jesus ist, ist heiliger Ort und heilige Zeit und da bedarf keine Opfer.

Die Einleitung der Frage Jesu lässt erkennen, dass sie nach dem in Palästina oft geübten Schlussverfahren a minori ad majus gestellt ist. Das Leichtere weist auf das Schwerere hin und hängt zugleich mit dem Leichteren zusammen, so dass das Schwerere aus dem Leichteren folgt.

Die Heilung wird beweisen, dass Jesus kein Sünder ist. Daraus muss geschlossen werden, dass die Sündenvergebung keine Lästerung war. Mit dem Bekenntnis, solches noch nie gesehen zu haben, wird diese Tat als eschatologisches Handeln Gottes gepriesen.

Benutzte Literatur

Stuttgarter Erklärungsbibel, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 19922

Gnilka Joachim, „Das Evangelium nach Markus“, in: Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament II/1, 1. Teilband (Mk 1-8,26), Benziger Verlag, Neukirchener Verlag, 19944

Grundmann Walter, „Das Evangelium nach Markus“, in: Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament, Bd. II, Evangelische Verlagsanstalt Berlin, 19808

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