Predigt

Heilsame Begegnung

Die Welt mit den Augen des Glaubens sehen

PredigttextLukas 19,1-10
Kirche / Ort:Magdeburg
Datum:16.06.2013
Kirchenjahr:3. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Dr. habil. Günter Scholz

Predigttext: Lukas 19,1-10 (Übersetzung nach Martin Luther; Revision 1984)

1 Und er ging nach Jericho hinein und zog hindurch. 2 Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. 3 Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. 4 Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. 5 Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. 6 Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. 7 Als sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. 8 Zachäus aber trat vor den Herrn und sprach: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. 9 Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist Abrahams Sohn. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

Exegetische (I.) und homiletische (II.) Bemerkungen zum Predigttext

I. Das Lukasevangelium ist das Evangelium der sich dehnenden Heilszeit. Zu dieser gehört die Jesuszeit als bestimmende Mitte. Von Jesus her bestimmt sich die Vergangenheit als die Zeit des Gesetzes und der Propheten und das Heute als die Zeit des Evangeliums (Lk 16,16). Die Zukunft stellt sich als verheißene und damit unumkehrbare Wirkungsgeschichte des Heute dar (Apg 1,4-8).

Von daher ist das „Heute“ im Lukasevangelium ein Signalbegriff für das Wirksamwerden des Evangeliums in dieser Welt. Es ist einerseits ein historisch fixierbarer Punkt, andererseits immer auch, da heilsgeschichtlich geprägt, ein mitlaufendes Heute. Es ist gleichsam die Intrade der frohen Botschaft sowohl in dem Sinn, dass Jesus die Frohbotschaft gebracht hat (historischer Aspekt), als auch in dem Sinn, dass Jesus selbst die Frohbotschaft auch noch heute ist (kerygmatischer Aspekt). Im Unterschied zu diesem umfassenden Verständnis von „heute“ bezeichnet „von nun an“ eher einen historisch fixierbaren Zeitpunkt (Lk 5,10; 16,16).

Das mitlaufende Heute durchzieht das Lukasevangelium im Sondergut und gibt ihm als Evangelium der jetzt erfahrbaren Heilszeit sein spezielles Profil. Das Heute beginnt mit der wunderbaren Geburt, das Heil wird Person, nicht irgendwer, sondern „Christus, der Herr“ (Lk 2,11). Er qualifiziert das Heute als Heilszeit (Lk 4,21). Sie wird „heute“ greifbar in Heilungen (Lk 13,32f) und heilvollen Begegnungen (Lk 19,5.9). Letztendlich läuft das Heute des Heils mit bis in den Tod und überwindet ihn (Lk 23,43).

Nicht zufällig mag die Zachäusgeschichte der Blindenheilung von Jericho folgen. Beides sind Geschichten der heilvollen Begegnung mit Jesus. In beiden Geschichten lichtet sich das Dunkel, dort durch Heilung, hier durch Zuspruch des Heils. Allerdings strebt Bartimäus zielgerichtet zu Jesus, während die Initiative zur Begegnung in der Zachäusgeschichte von Jesus ausgeht. Beide Wege stehen gleichberechtigt nebeneinander.

Zur Literarkritik sei bemerkt: V 9b ist unecht. Wenn Jesus zu „ihm“ spricht, wird er ihn nicht in der 3. Person anreden. V 10 ist sicher auch isoliert denkbar; gerade dann aber kann er als ursprünglicher Schluss der Geschichte gedient haben. V 9a allein würde als Schluss abrupt wirken, er verlangt nach einer Begründung. Die liefert v 10.

II. Theologisch läuft die Zachäusgeschichte auf den Zuspruch des Heils Jesu hier und heute hinaus. Das fasziniert mich, und ich möchte diese Faszination auch in den Hörern und Hörerinnen meiner Predigt auslösen. Fasziniert sein vom Evangelium Jesu Christi und damit vom Christus praesens selbst, weil das Heute mehr ist als eine historische Fixierung; weil es mit dem Heil korrespondiert und das Heil „diesem Hause“, also einem Menschen / mir ganz persönlich zugesprochen wird.

Da die Heilszusage einerseits mit dem Leben Jesu verknüpft ist, also geschichtliches Ereignis geworden ist (im Lukasevangelium als Weg-Station), andererseits über das Leben Jesu hinausreicht, muss ich beides in der Predigt berücksichtigen. Je mehr ich aber über das „Heute“ meditiere, merke ich, dass der gegenwärtig Wirkende mehr und mehr in den Blickpunkt rückt. Was ja wohl ganz im Sinne des Evangelisten ist; denn der Auferstandene wird mit den Strichen des Historischen gezeichnet (vgl. Lk 18,31-34).

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Heinz Janssen
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