“Kopf hoch!”
Das Leben spielt sich oben ab
Predigttext: 4. Mose / Numeri 21,4-9 (Übersetzung nach Martin Luther)
Da brachen sie auf von dem Berge Hor in Richtung auf das Schilfmeer, um das Land der Edomiter zu umgehen. Und das Volk wurde verdrossen auf dem Wege und redete wider Gott und wider Mose: Warum habt ihr uns aus Ägypten geführt, dass wir sterben in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise. Da sandte der Herr feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben.
Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den Herrn und wider dich geredet haben. Bitte den Herrn, dass er die Schlangen von uns nehme. Und Mose bat für das Volk.
Da sprach der Herr zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.
Exegetisch-homiletische Vorüberlegungen
Die Frage, ob Num 21,4-9 überhaupt gepredigt werden kann, ist nicht einfach zu beantworten. Auch die Auslegungsgeschichte – jüdisch wie christlich – vereinfacht die Herausforderung nicht. Der nachfolgende Predigtversuch dieser Murrgeschichte sucht im Gespräch mit Joh. 3,14ff. das Giftige und Vergiftete „aufzuhängen“ oder auch „hochzuhängen“. Die Predigt wird zu einer Sehübung. „Kopf hoch!“ Der Blick wird nach oben gelenkt, während die Schlangen immer noch in ihrem ureigenen Lebensraum kriechen, sich winden und verstecken. Schlangen sind Lebenskünstler und Wunder aus Urzeiten. Als Waffe in der Hand Gottes machen sie ihn selbst giftig und unheimlich. Diese dunkle Seite Gottes muss auch aus seelsorgerlichen Gründen einen Raum im Gottesdienst finden. Die himmlischen Thronwesen (Jes. 6) kommen zudem aus der Welt der Schlangen.
EG 382 drückt die Zerknirschung und Verzweiflung aus, die zur Umkehr gehört. „Das Lied gewinnt aber auch dadurch an Stärke, dass es dem Unverständnis gegenüber dem göttlichen Handeln einen Raum gibt.“ (M. Hasselmann, Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext, Berlin 2017, S. 149)
Das in der Predigt erwähnte Interview mit dem Geschäftsführer des Aachener Hilfswerks Misereor, Dr. Martin Bröckelmann-Simon, wurde in den „Aachener Nachrichten“ am Samstag, 10. März 2018, veröffentlicht.
Der Name des 5. Passions- oder Fastensonntag lautet: „Judica me, Deus“ („Richte mich, o Gott“) nach Ps 43,1. Theologisch, liturgisch hat dieser Sonntag eine eigene Geschichte, wie beispielhaft ein Blick auf die kath. Tradition zeigt, die hilfreich herangezogen werden kann. Der Passionssonntag (lateinisch Dominica de passione „Leidenssonntag“) ist nach dem Missale Romanum von 1570 der dem Palmsonntag vorausgehende fünfte Sonntag der Fastenzeit und wird nach seinem Introitus auch Judica genannt. Das Missale Romanum von 1962 nennt ihn „erster Passionssonntag“ (Dominica I. Passionis) und den folgenden Sonntag „zweiter Passions- oder Palmsonntag“ (Dominica II. Passionis seu in palmis). Das Messbuch in der Fassung von 2002 bezeichnet den Passionssonntag als 5. Fastensonntag und den Palmsonntag als „Palm- und Passionssonntag“ (Dominica in palmis de Passione Domini), doch ist die ältere Bezeichnung des fünften Fastensonntags als „Passionssonntag“ weiterhin verbreitet.
Ab diesem Sonntag werden traditionell, aber regional unterschiedlich – in evangelischen Kirchen eher selten - die Kruzifixe und Kreuze in den Kirchen mit violetten (dunklen) Tüchern verhüllt. Sind Triptychen und Flügelaltäre vorhanden, werden diese häufig zugeklappt und zeigen die einfacher gestaltete Rückseite der Flügel. https://de.wikipedia.org/wiki/Passionssonntag
Thriller ohne Titel
Ist das jetzt ein Thriller, oder was? Vorlage für einen neuen Film „King Kobra“? Mit zwei Fingern fasse ich die Geschichte an, so, als ob ich Angst hätte, gebissen zu werden. Schon ein starkes Stück! Schlangen auf Menschen loszulassen. Unheimlich. Dass die Leute unzufrieden, meinetwegen auch undankbar waren, ja, aber das sie so gestraft werden? Überall dieses Getier. Lautlos und dann auch noch aufgehetzt. Aufgehetzt! Von Gott! Das geht mir nicht in den Kopf. Doch spannend ist die Geschichte schon. Es sind ja noch ein paar Stunden. Bis ich schlafen gehe. Mal sehen, ob ich unters Sofa schauen muss oder hinter die Bücher. Ein Thriller im Gottesdienst. Wozu das wohl gut sein soll. Die Überschrift muss ich noch suchen. Wir finden sie bestimmt.
Nehmen wir uns ein wenig Zeit, in dem alten Buch zu blättern. Das Buch, in dem wir fündig werden, heißt bei uns eigentlich 4. Buch Mose, trägt aber noch zwei weitere Namen, einer sprechender als der andere. Lateinisch „Numeri“ – übersetzt „Zahlen“. Eine Übersetzung aus dem Griechischen mit der Anspielung, dass besonders im ersten Teil dieses Buches viele Zahlen eine Hauptrolle spielen. Zahlen stehen für eine klare Ordnung. Alles ist abzählbar. Alles ist strukturiert. Hebräisch aber heißt das Buch nach den ersten Worten „In der Wüste“. Eine Wüstengeschichte, also. Hier geraten die Zahlen außer Takt – und die Ordnung auch. Die Wüste ist weit, schier unendlich. Für unsere jüdischen Brüdern und Schwestern ist dieses Buch Teil der Thora, die mit einer Krone gekrönt und tanzend in der Synagoge getragen wird. Gott, dessen Name unaussprechlich ist, hat eine innige Beziehung zu seinem Volk. Immer schon ist er mit Menschen unterwegs. Auch durch die Wüste. Auch durch das Chaos. Nur die Schlangen passen nicht so recht in das Bild. Oder vielleicht doch?
Das Volk Israel ist aus Ägypten aufgebrochen. Aus dem Sklavenhaus. Als Migranten sind die ersten nach Ägypten gekommen. Als Fremde durften, mussten sie gehen. Selbst jahrelanges Bleiberecht ist immer weiter ausgehöhlt worden. Es gab Ägypter und Israeliten. Die einen waren die Herren, die anderen billige Arbeitskräfte. Gegängelt, ausgenutzt und diffamiert. Leider habe ich keine Zeitung aus der Zeit auftreiben können. Vielleicht tut es auch eine von heute. Gott aber hat das Klagen seines Volkes gehört. An der Spitze marschiert er voran. Tolle Bilder: „Und der HERR zog vor ihnen her, am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht wandern konnten. Niemals wich die Wolkensäule von dem Volk bei Tage noch die Feuersäule bei Nacht.“ (Ex. 13,21f.)
In diesen Bildern von Tag und Nacht verbergen sich die Nähe und die Gegenwart Gottes. Umfassend, verlässlich. Der Auszug aus Ägypten, der Exodus, gehört seitdem zum Glaubensbekenntnis Israels. Es ist eine Befreiungsgeschichte von Anfang an, die im Lobpreis erzählt und vergegenwärtigt wird.
Doch der Weg in die Freiheit, in die neue Heimat, ist mehr als eine Durchreise, es ist ein langer Weg, Selbsterfahrung, Reifeprozess und Weggemeinschaft in einem. In vielen uns überlieferten Geschichten wird davon erzählt. Auch von dem Durcheinander. Von Schuldvorwürfen. Von Enttäuschungen. Der Weg ist steinig, sandig, gefährlich. Verwundert sehen wir zu. Wie Voyeure, die nur zuschauen wollen und nicht ahnen, dass sie selbst beobachtet werden. Noch hat der Thriller keinen Titel. Es ist auch noch zu früh.
Eine Begegnung in der Nacht
Was halten Sie davon, wenn wir die Geschichte kurz einmal wechseln. Ein schneller Szenenschnitt! Ein frommer Pharisäer, gebildet, hoch angesehen, einer von den Oberen der Juden, möchte Jesus kennenlernen. Mehr, er möchte bei ihm, von ihm lernen. Sein Name: Nikodemus. Ein sprechender Name! „Sieger in der Volksversammlung“ bzw. „Sieger aus dem Volk“.
Doch tagsüber traut sich der „Sieger“ nicht so recht. Was, wenn er gesehen wird? Aber vielleicht ist auch sein Terminkalender nur zu voll. In einer Nacht, Datum unbekannt, kommt es aber zu dem ersehnten Treffen. Das Gespräch der beiden, Jesus und Nikodemus, ist in wenigen Worten kaum widerzugeben. Im Johannesevangelium, Kapitel 3, können Sie aber alles nachlesen. Aber auf dem Höhepunkt des nächtlichen Gespräches hören wir Jesus sagen: „Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde.“ (Joh. 3, 16ff.)
Jesus bettet sich in die alte Wüstengeschichte ein. Nikodemus hat sie gekannt. In der Synagoge wird sie turnusmäßig gelesen, auch ausgelegt. Große und kleine jüdische Ausleger haben sich mit der Wüste und mit den Schlangen auseinandergesetzt. Befremdlich und unheimlich ist die Geschichte nicht geblieben. Jetzt taucht aber eine ganze neue Bedeutung auf. Über der alten Szene wird die Liebe erhöht. Die Liebe Gottes. Jesus sagt: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.“ Gab! Was sich wie Vergangenheit anhört, ist Gegenwart. Jetzt. Jesus ist schon da, schon gegeben – aber er wird noch leiden, sterben und auferstehen. Er wird erhöht. Er ist der Herr. Auch am Kreuz. Da ist er zu sehen. Erhöht! Eine neue Welt wird sichtbar. In ihr verliert die Verlorenheit ihren Schrecken. In ihrer Mitte ist die Liebe wie ein Lichtblick, ein Wahrzeichen, ein Hingucker.
Vielleicht musste dieses Gespräch in der Nacht stattfinden. Die nächtlichen Stunden fühlen sich anders an als die am Tag. Eine große Ruhe breitet sich aus. Von einer Funzel beleuchtet, lösen sich die Gedanken von den Lippen und atmen eine große Weite. Doch gegen Ende des Gespräches erobert sich ein neuer Morgen den Tag. Am Horizont geht die Sonne auf. Nicht zufällig! Jetzt geht auch die Liebe auf. Was dunkel und geheimnisvoll ist, was auch bei Tageslicht nicht in meine Hand passt, wird in Liebe aufgenommen und verwandelt. Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden. Es ist die Geschichte einer Erhöhung. Geradeaus schauen geht jetzt nicht. Kopf hoch! Das Leben spielt sich – oben ab.
Schlangen
Nach dieser nächtlichen und morgendlichen Szene finden wir uns in der Wüste wider. Die alte Schlangen-Geschichte, im Wüstenbuch erzählt, ist eine richtige ausgewachsene Murr-Geschichte. Schon von weitem spüren wir das Unbehagen. Nur eine schlechte Stimmung? Ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt? Aggression, kurz vor der Entladung? Egal, wer anfängt! Das Volk Israel – das ganze Volk – murrt und ist unzufrieden. Auch mit Gott. Das Brot ist alt und trocken, das Wasser rar und faulig – und eigentlich will der Chronist auch nur erzählen, dass es den Leuten „ekelt“.
Alles ekelt nur noch an. Wir würden vielleicht formulieren: wir haben es satt. Zu einer Wüstengeschichte passt das. Auch im übertragenen Sinn. Wenn sich etwas endlos hinzieht, ohne Perspektive, ohne Land in Sicht, ohne Oase, schmeckt auch nichts mehr. Alles ist trocken. Vertrocknet. Der Mund und das Herz. Die Füße und die Augen. Solche Geschichten lassen sich in vielen Variationen erzählen. Sie können Jahrhundertromane füllen. Und die kleine Biographie. Vielleicht passt die lateinische. Überschrift „Numeri“ auch deswegen so gut: das Elend wird zahllos, je mehr Schicksale abgezählt werden.
Doch Gott scheint es auch satt zu haben. Immer dieselbe Leier, immer dasselbe Klagen, immer derselbe Missmut. Lapidar heißt es in der Geschichte: „Das sandte der Herr feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben.“ Eine entsetzliche Geschichte. Dann auch noch feurige Schlangen, aggressiv und wild. Sogar im Plural. Die Zahl will ich nicht wissen. Dass es so viele sind – und dann auch noch von Gott inszeniert – will mir nicht in den Kopf. Ich fühle mit den Menschen, Gott aber verstehe ich nicht. Ich bekomme Angst vor ihm. Gerade in der Wüste suche ich ihn.
Und dann finde ich etwas. Stehen die Schlangen nicht für die Zweifel, die sich unendlich vermehren, in tausend Gedanken kriechen, sich nicht mehr bändigen lassen? Stehen die Schlangen nicht für die Angst, die sich immer neu windet, ohne Laut über mich herfällt, mich erstarren lässt? Stehen die Schlangen nicht für den Hader, der nichts Gutes mehr sehen kann, alles schlecht macht, alles vergiftet? Diese Geschichte gleicht einem Experimentierfeld. Was Gott inszeniert, ist nicht Unheil, er macht das Unheil sichtbar.
In den Aachener Nachrichten wurde ein Interview mit Herrn Dr. Martin Bröckelmann-Simon vom Hilfswerk Misereor geführt, das seinen Sitz in Aachen hat. Der ganzseitige Beitrag war überschrieben: „Europa verbarrikadiert sich. Ist das die Lösung?“ Weit davon entfernt, das ungemein schwierige Feld auszumessen, werden Menschen sichtbar, die nicht wegsperrt werden können. Im Interview heißt es: „Irgendwann fällt jede Mauer; das sollten die Deutschen am besten wissen. Wir werden als Teil der Menschheitsfamilie in Europa keine Zukunft haben, wenn wir glauben, die Mauern müssten nur hoch genug sein. Gegen die Entschlossenheit von Verzweifelten und die Zuversicht von auf Zukunft Hoffenden werden wir nicht ewig ankommen.“
Hinter den vielen Fluchten stehen – Murr-Geschichten. Wüstengeschichten sind es auch. Und Schlangengeschichten. Nur die Schlangen haben sich verändert. Sie haben zwei Beine, sind entweder gut gekleidet oder tragen gleich irgendeine Uniform. Sie sind allerdings giftiger geworden. Zähne reichen nicht. Im internationalen Waffenexportgeschäft hält Deutschland mit dem 4. Platz einen wenig rühmlichen Rekord. Unheil wird – inszeniert. Medial aufbereitet, an den Börsen versteckt, in Sitzungen hin- und hergeschoben.
Fürsprecher
Rätselhaft bleibt die Geschichte, die uns heute erzählt wird. An ihr haben sich viele Ausleger schon die Zähne ausgebissen. Doch Lebensgeschichten sind so! Viele Menschen erzählen von bedrohlichen und beängstigenden Situationen, von sinnlosen Wegen und traumatischen Erfahrungen. So manche Schlange taucht im Traum auf.
In der alten Geschichte ist jedoch von einem Fürsprecher, einem Anwalt die Rede, der sich mutig an Gott wendet und für Menschen bittet, die einfach nicht mehr weiter wissen. Die kein Vertrauen mehr haben. Ja, die sich auch schuldig machen. Mit ihrer Bitterkeit, ihren Vorurteilen, ihren Klagen. “Mose bat für das Volk. Da sprach der Herr zu Mose: Mache dir eine eherne (eiserne, kupferne) Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben.“ Vielleicht habe ich auch nur auf diese Wendung gewartet. Wenn Menschen am Ende sind, brauchen sie einen Fürsprecher, einen Anwalt, der Worte für ihr Leben findet, der sich für sie verwendet, der für sie eintritt. Er muss nicht Mose heißen! Ich kann das sein. Oder Sie. Wir haben so schöne Namen.
Und Gott? Er schenkt ein Zeichen. Er lässt es so hoch aufrichten, dass man zu ihm aufblicken muss. Oder aufblicken kann. Die eherne (nachgemachte) Schlange steht jetzt für eine Hoffnung. Was mich beißt, verletzt und tötet, wird zu einem Zeichen des Lebens. Hoch oben aufgehängt! Sichtbar – weit weg. Wie ein Triumpf! Und: eine eherne Schlange windet sich nicht mehr, häutet sich nicht mehr, beißt nicht mehr. Schaut man genauer hin, ist die Schlange und mit ihr alles Unheimliche und Bedrohliche gebannt.
Überhaupt: Sich aufrichten. Nach oben schauen. Eine neue Richtung! Sonst gehen wir immer nur weiter. Womöglich mit gesenktem Kopf. Niedergeschlagen. Die alte Geschichte weiß von einem Geheimnis: Gott schenkt dem Menschen eine neue Körperhaltung! Aufgerichtet werde ich. Und wenn ich aufschaue, sehe ich – das Leben. Die Schlange wird zu einem Bild meiner Sehnsucht nach Erlösung.
Aufatmen und aufschauen
Ob Sie die Geschichte von der Schlange jetzt mögen? Jesus schließt sich ihr an. Im Gespräch mit Nikodemus, einem frommen Mann, nimmt er die Sehnsucht nach Erlösung auf. „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden.“
Jesus wird am Kreuz erhöht. Doch in dem Wort liegt so viel mehr als nur, an ein Kreuz genagelt zu werden – es ist eine herrschaftliche, königliche, göttliche Erhöhung: Am Kreuz erhöht, ist Jesus der Sieger, der Herr – und der Auferstandene. Mitten im Tod. Er hat das letzte Wort. Johannes, der Evangelist, wägt sorgfältig die Worte ab. Es kann nur das Wort „erhöht“ sein! Nicht aufgehenkt! Nicht hingerichtet! Erhöht!
Johannes beschreibt auch das Gespräch Jesu mit Nikodemus als Lichtblick, als Offenbarung. Als der Tag anbricht, geht dem Nikodemus dann tatsächlich das Leben auf: “Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Wer hätte gedacht, dass uns Schlangen auf diese Spur bringen! Ach so, wir brauchen noch einen Namen für diesen Thriller. Darf ich Ihnen das überlassen? Sie haben bestimmt eine gute Idee!
Der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn
Über diese “Murrgeschichte” nach Pfarrer Wussow kann man mit Schriftgelehrten lange heiß diskutieren , um darüber predigenn zu können, wie gerade im Lübecker Exegese-Kreis. Pfarrer Wussow gelingt eine Predigt, die bemerkenswert tiefsinnig und spannend aufgebaut ist. Die Einleitung zieht den Zuhörer hinein in eine spannende Horrorgeschichte. Dann hält der Pfarrer aber erstmal inne und erzählt die biblische Geschichte vom Auszug als Befreiungsgeschichte mit dem auflockernden Scherz, dass er keine Zeitung aus der Zeit fand. Danach folgt ein interessanter und sehr sinnvolller Szenenschnitt ins NT zu Nikodemus . Jesus selbst parallelisiert die rettende Erhöhung der ehernnen Schlange als Heilszeichen mit seinem Tod und seiner Erhöhung am Kreuz. Es geht darum, nach oben zu schauen. Dort spielt sich das wahre Leben ab. Die Wüstengeschichte mit dem Murren und feurigen den Schlangen zeigt eigentlich die “schicksalswirkende Tatsphäre ” ( Prof Klaus Koch ) nach der Böses Böses zur Folge hat. Die Geschichte geht durch Gott gütlich aus. Wie die Schlange wird Jesus am Kreuz erhöht, ein Sieger, ein Herr und Herscher über böse Mächte. Er hat uns versprochen, dass wir durch ihn nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben werden. – Nach der spannenden und sehr interessanten Predigt können wir ermutigt weiter gehen. Der Gekreuzigte ist immer bei uns und liebt uns.
Danke für diese tiefgründige Predigt! Sie nimmt hinein in die Dramatik dieser Geschichte und klammert die bohrenden Fragen, die sich stellen, nicht aus; sie nimmt das tödliche Gift ernst, das die Schlangen verspritzen, doch zuletzt hebe ich den Kopf und sehe: Den Schlangen ist der Giftzahn gezogen. „Was mich beißt, verletzt und tötet, wird zu einem Zeichen des Lebens.“