Predigt

"Lass dich nicht vom Bösen überwinden…"

Göttlicher Realismus

PredigttextRömer 12,17-21
Kirche / Ort:Luther-Gemeinde / Karlsruhe
Datum:13.07.2014
Kirchenjahr:4. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrerin Ulrike Krumm

Predigttext: Römer 12,17-21 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

17 Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. 18 Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. 19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): „Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.“ 20 Vielmehr, „wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln“ (Sprüche 25,21.22). 21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Exegetische und homiletische Einführung

Schon in Rö 12,9 hat Paulus den Zusammenhang zwischen dem Guten und dem Bösen und der Liebe hergestellt. Aus der Verheißung der Liebe Gottes heraus können Christen in einer konkreten Situation das Gute erkennen und tun. Die Kategorien gut und böse verwendet Paulus im Römerbrief so oft wie sonst nie! Heute werden nicht nur in Filmen und Computerspielen, sondern auch in der privaten und politischen Wirklichkeit „Die Guten“ und „Die Bösen“ oft schablonenhaft voneinander unterschieden. Dadurch wird zwar Komplexität reduziert und vermeintlich Sicherheit geschaffen, das Böse aber noch nicht überwunden, im Gegenteil Gewalt manchmal gerechtfertigt. Für Paulus sind „gut“ und „böse“ Beziehungsworte, die konkret in der Begegnung von Menschen („gegenüber jedermann“ V. 17) Gestalt gewinnen.

Nach der Gemeindeparänese 12,10-16 folgen ab 12,17 Anweisungen für den Umgang der Gemeinde mit der Welt. Die Unterscheidung zwischen Gemeinde und Welt ist in unserer noch immer volkskirchlich geprägten Situation längst nicht mehr so trennscharf wie zu Paulus' Zeiten. Ist „Gemeinde“ die gottesdienstliche Kerngemeinde und die Gesamtheit aller im Gemeinde-Statistik-Programm Erfassten schon „Welt“? Mit wem teile ich noch dieselben Voraussetzungen und mit wem nicht? Mitten in der „Welt“ begegnen auf einmal überzeugte Christen; andererseits schlägt Kirche gerade im städtischen Kontext ein Misstrauen entgegen wie zu Paulus Zeiten. Auf 12,17-21 ist Gemeinde in ihrem Innen- wie in ihrem Außenverhältnis ansprechbar.

12, 17 formuliert im ersten Teil negativ, welches Verhalten falsch ist, und stellt dem im zweiten Teil eine positive Formulierung gegenüber. Dieselbe Struktur wiederholt sich in 19f. Die Gemeinde soll also mehr als sich aus den Geschäften der Welt heraushalten und das Unrecht nicht noch schlimmer machen. Es geht auch nicht darum, böses Verhalten in falsch verstandener Toleranz schönzureden. Die Gemeinde soll vielmehr mit den ihr durch Christus geschenkten Möglichkeiten in ihre Umgebung hinein positiv verwandelnd wirken. Paulus weiß, dass Friede nur dann gelingt, wenn alle Beteiligten ihn wollen. Aber er weiß auch, dass vom eigenen Verhalten eine Wirkung ausgeht. Es geht um das Vertrauen, dass Gottes Gerechtigkeit ebenso wie seine Liebe und Güte als Kraft in der Welt lebendig ist und bleibt, so dass Christen etwas damit anfangen können.

12,21 fasst zusammen. Der griechische Wortlaut „sondern überwinde im Guten das Böse“ zeigt: Das Gute geht den Christen voraus. Es ist die Güte Gottes selbst, von der sie sich tragen lassen, die sie an sich geschehen lassen können, um aus dem Vertrauen auf diese Güte heraus zu handeln. Der letzte Vers ist keine überzogene ethische Forderung, sondern eine Einladung, dem Evangelium wirklich zu vertrauen.

Literatur: Ulrich Wilckens, EKK VI/3, Der Brief an die Römer, Neukirchen 1982.

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Heinz Janssen
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