Predigt

"Lass ihn noch dies Jahr … "

Buße, Besinnung, Umkehr, Änderung zum Guten sind möglich

PredigttextLukas 13,(1-5)6-9
Kirche / Ort:Lübeck
Datum:18.11.2015
Kirchenjahr:Buß und Bettag
Autor:Pastor i.R. Heinz Rußmann

Pedigttext: Lukas 6,(1-5)6-9 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

1 Es kamen aber zu der Zeit einige, die berichteten ihm von den Galiläern, deren Blut Pilatus mit ihren Opfern vermischt hatte. 2 Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Meint ihr, daß diese Galiläer mehr gesündigt haben als alle andern Galiläer, weil sie das erlitten haben? 3 Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle auch so umkommen. 4 Oder meint ihr, daß die achtzehn, auf die der Turm in Siloah fiel und erschlug sie, schuldiger gewesen sind als alle andern Menschen, die in Jerusalem wohnen? 5 Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle auch so umkommen.

6 Er sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war gepflanzt in seinem Weinberg, und er kam und suchte Frucht darauf und fand keine. 7 Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, ich bin nun drei Jahre lang gekommen und habe Frucht gesucht an diesem Feigenbaum, und finde keine. So hau ihn ab! Was nimmt er dem Boden die Kraft? 8 Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, laß ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn grabe und ihn dünge; 9 vielleicht bringt er doch noch Frucht; wenn aber nicht, so hau ihn ab.

Gedanken zum Predigttext

Der Text ist m.E schwieriger als er mit seinen plastischen Bildern zuerst scheint. Lukas berichtet in seinem Sondergut zuerst über ein Verbrechen des Pilatus und ein Unglück in Jerusalem. Bei beiden Katastrophen finden Unschuldige den Tod. Die indirekte Frage an Jesus ist: Haben die Opfer vorher gesündigt? Nach Klaus Koch, früher Professor für Altes Testament in Hamburg, ist ein ursprünglicher Hauptgedanke der Hebräischen Bibel die schicksalswirkende Tatsphäre, der Tun-Ergehen-Zusammenhang. Der gerechte Gott überwacht nur, daß man sich mit sündigem Verhalten selbst Unheil schafft! Gerechtigkeit und Barmherzigkeit dagegen bewirken beim Gläubigen, dass sein Leben gelingt. Umgekehrt entstand die Auffassung, dass man den Sünder an seinem Unheil und frühen Tod erkennen könne, den Gerechten aber am seinem Lebensglück.

In dem Bericht der Leute in Vers 1 klingt ihre Vermutung an, dass die Opfer gerechte Strafe erleiden für frühere Sünden. Gegen den damaligen Zeitgeist lehnt Jesus das Vergeltungsdogma (vgl Joh 9,1-3) ab. Alles was wir wahrnehmen an eigenem und fremden Leid und was uns Angst macht, will uns nicht zu Theodizee-Grübeleien, sondern zur Buße führen. Das anschließende Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum will uns auf andere Weise bußfertig machen. Es steht in einem Kontrast zum ersten Abschnitt: Der Feigenbaum hat durch seine eigene Schuld eigentlich sein Existenzrecht verloren hat. Hier taucht also wieder der Tun-Ergehen-Zusammenhang auf, den Jesus oben abgelehnt hat. Thema ist aber jetzt, dass der Baum eine letzte Chance bekommt, sich zu bessern. Ganz klar ist Jesus der geduldige Gärtner und Fürsprecher, der den gerechten Besitzer, d.h. Gott, überzeugt, dem Baum noch eine Chance zu geben – trotz seiner Sünde. Zusammengehalten wird der ganze Text dadurch, dass sowohl Angst vor Unglücksfällen und Verbrechen, als auch Jesu Liebe und Geduld uns alle sehr eindringlich zur Umkehr führen wollen.

Homiletische Besinnung Der Hamburger Dozent für Pastoral-Psychologie und St.Petri-Pastor Dr. Gunnar von Schlippe hat es einmal großartig auf den Punkt gebracht: Wodurch können sich Menschen zum Guten verändern und verwandeln? Eigentlich nur durch Angst oder Liebe! Mit Rauchen oder Alkohol z.B. können unzählige nicht aufhören. Macht aber ein ärztlicher Befund jemandem Angst, dass durch die Suchtmittel der baldige Tod droht, können viele sich ändern. Andererseits: Verliebte stellen viele ihrer Unarten automatisch und gern ab. Aber auch sonst verändert man sich gern zum Guten, damit die Atmosphäre in seiner Familie und Freundschaft alle erfreut.

Am Bußtag, an dem es ja darum geht, dass wir alle anstreben, unser sündiges Verhalten abzulegen und uns zu bessern, sollte man sich an beides erinnern. Der Predigttext hat schon damals die Weisheit der beiden Perspektiven Angst und Liebe thematisiert. Von Gott kennt man die angstmachende, konsequent strafende Gerechtigkeit des Weinbergbesitzers. Bei Jesus steht die geduldige Liebe des Gärtners im Vordergrund. Beim schwierigen Predigtthema Bußtag sollte man beide Aspekte, Umkehr aus Angst und Umkehr aus Liebe, predigen. Der Aspekt Umkehr aus Angst wird in Vers 6-9 ja auch angesprochen. Nach meiner persönlichen Ansicht sind die Verse 1-5 für die ausführliche Auslegung in einer Predigt zu viel.

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Heinz Janssen
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