Predigt

"Lass mich deine Herrlichkeit sehen …"

Suche nach der Nähe Gottes

Predigttext2.Mose 33,17b-23
Kirche / Ort:09322 Penig
Datum:15.01.2017
Kirchenjahr:2. Sonntag nach Epiphanias
Autor:Pfarrerin Ursula Bürger

Predigttext: 2.Mose 33,17b-23 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984) (17a Der HERR sprach zu Mose: Auch das, was du jetzt gesagt hast, will ich tun;)17bdenn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen. 18 Und Mose sprach: Laß mich deine Herrlichkeit sehen! 19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des HERRN: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. 20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. 21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. 22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23 Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen.

Exegetische Bemerkungen zum Predigttext

Nach dem Abfall, der Anbetung des Goldenen Kalbes (Ex 32), mußte Jahwaes Verhältnis zu Israel und Israels zu Jahwae neu justiert werden. Es konnte nicht einfach so weitergehen, als wäre nichts gewesen. Diese Neujustierung geschieht im ganzen Kapitel Ex 33, aus dem die Perikope Ex 33,17b-23 zum 1.So. n. Ep. genommen ist. Ohne Geleit Jahwaes kann Israel die Weiterwanderung nicht antreten. Jahwae läßt seine „Panim“ mitgehen. „Diese fast schon hypostasierende Verselbständigung des „Angesichtes“= Panim als einer besonderen Erscheinungsform Jahwaes vor Israel ist hier singulär“ (G.v.Rad, Theol. AT, I.). Zu dieser Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Gott und seinem Volk wünscht sich Mose sichtbare Zeichen.

Aber das Wort, die Rede Jahwaes mit Mose, muß zur Vergewisserung reichen. Jahwae schützt Mose, der ihn sehen will, vor seinem Lichtglanz/ seiner Herrlichkeit (kabod V.18) bzw. seinem Angesicht (panim V.20), weil kein Mensch das Schauen Gottes überleben würde. Schlüsselworte im hebräischen Text sind: kabod = Gewicht(igkeit), Glanz, Herrlichkeit, panim = Angesicht/Vorderseite, ät-achorai = von hinten, Hinter-/Rückseite. V.17b: Mit dem Reden Jahwaes steht und fällt das Verhältnis zwischen Jahwae und Israel. Durch dieses Reden erkennt Israel nicht nur Jahwae, sondern wird auch selbst zur Erkenntnis seiner Lage vor Gott geführt. Die Geschichte wird zum Wort, und das Wort wird zur Geschichte (vgl. Joh 1,14). So geschieht auf unspekulative Weise die Gotteserkenntnis in Israel. Die Verkündigung des „Wortes“ bekommt hier ihr Schwergewicht. Jahwae spricht mit Mose.

Mose hat Gnade in Gottes Augen gefunden und wird von Gott gekannt. Deshalb redet Gott – wieder – mit ihm und verspricht Mose, mit dem Volk weiter zu ziehen. V.18: Mose will Gottes kabod = Herrlichkeit sehen. Joh 1,14 liest sich wie eine Erfüllung dieses Wunsches: „Wir sahen seine Herrlichkeit“. In der Epiphaniaszeit legt sich diese Erinnerung nahe, obwohl auch wir „nur“ Erscheinungsformen Gottes „gesehen“ haben. V.19: Gott verspricht, in seiner ganzen Güte an Mose vorüberzuziehen und vor ihm seinen Namen kundzutun. Das war schon ein Teilerfolg für Mose. Jahwae redet wieder mit ihm! Mose war ein besonders begnadeter Mensch, aber auch er kann nicht Gottes Angesicht sehen, denn: V.20: …niemand kann Gottes Angesicht sehen, ohne das Leben zu verlieren. Jahwae schützt sein Volk selbst vor der zerstörenden Begegnung, und er trifft Vorkehrungen, daß sein Plan, Israel zu seiner Ruhe zu bringen, zum Ziel kommt. V.21: „Stelle dich auf den Felsen“, erhält Mose als Anweisung. Berge werden als Orte der Gottesbegegnung und Throne der Götter in vielen Kulten gesehen. V.22: Aber wenn Gottes Herrlichkeit vorüberzieht, will Gottes Hand Mose schützend bedecken. Gott sorgt dafür, daß sein Heilsplan zum Erfolg kommt. V.23: Mose darf, halb witzig vom Erzähler bemerkt, nicht das Angesicht, Panim, sondern das Hinterteil, ät-achorai, hinter ihm herschauen, wie es das Wesen aller Geschichtsschreibung und –deutung ist.

Obwohl Gott mit Mose vertraut geredet hat, ist ihm die Schau der Herrlichkeit Gottes verwehrt, weil Mose das nicht überleben würde. Hier schimmert der „deus absconditus“ durch, der dunkle, nicht bis ins letzte durchschaubare, nicht deutbare, nicht anschauliche Gott. Das ist das Problem jeder Daseinsdeutung, ob nun Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Der Mensch schaut immer hinterher. Das muß nicht in jedem Fall ein Nachsehen sein. Manchmal ist es gut, Gott nicht ins Angesicht sehen zu können. Die jüngst verstorbene Dichterin Eva Strittmatter nennt eine „Ursubstanz“, der man zwar nahekommen kann, die aber nicht faßbar ist (ich zitiere das Gedicht am Schluss meiner Predigt). Lied: „Wir haben Gottes Spuren festgestellt“(EG Regionalteil)

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