Predigt

Lebensnotwendiges teilen

Dem Herzen einen Ruck geben

Predigttext1. Könige 17,1-16 (mit Exegese und homiletischen Hinweisen)
Kirche / Ort:66989 Nünschweiler
Datum:18.07.2021
Kirchenjahr:7. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrerin Anke Andrea Rheinheimer

Predigttext: 1. Kön 17,1-16 (Übersetzung nach Martin Luther)

„Elia am Bach Krit und bei der Witwe zu Sarepta“

1 Und es sprach Elia, der Tischbiter, aus Tischbe in Gilead zu Ahab: So wahr der Herr, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn. 2 Da kam das Wort des Herrn zu ihm: 3 Geh weg von hier und wende dich nach Osten und verbirg dich am Bach Krit, der zum Jordan fließt. 4 Und du sollst aus dem Bach trinken, und ich habe den Raben geboten, dass sie dich dort versorgen sollen. 5 Er aber ging hin und tat nach dem Wort des Herrn und setzte sich nieder am Bach Krit, der zum Jordan fließt. 6 Und die Raben brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends, und er trank aus dem Bach. 7 Und es geschah nach einiger Zeit, dass der Bach vertrocknete; denn es war kein Regen im Lande. 8 Da kam das Wort des Herrn zu ihm: 9 Mach dich auf und geh nach Sarepta, das zu Sidon gehört, und bleibe dort; denn ich habe dort einer Witwe geboten, dass sie dich versorge. 10 Und er machte sich auf und ging nach Sarepta. Und als er an das Tor der Stadt kam, siehe, da war eine Witwe, die las Holz auf. Und er rief ihr zu und sprach: Hole mir ein wenig Wasser im Gefäß, dass ich trinke! 11 Und als sie hinging zu holen, rief er ihr nach und sprach: Bringe mir auch einen Bissen Brot mit! 12Sie sprach: So wahr der Herr, dein Gott, lebt: Ich habe nichts Gebackenes, nur eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich habe ein Scheit Holz oder zwei aufgelesen und gehe heim und will’s mir und meinem Sohn zubereiten, dass wir essen – und sterben. 13 Elia sprach zu ihr: Fürchte dich nicht! Geh hin und mach’s, wie du gesagt hast. Doch mache zuerst mir etwas Gebackenes davon und bringe mir’s heraus; dir aber und deinem Sohn sollst du danach auch etwas backen. 14 Denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der Herr regnen lassen wird auf Erden. 15 Sie ging hin und tat, wie Elia gesagt hatte. Und er aß und sie auch und ihr Sohn Tag um Tag. 16 Das Mehl im Topf wurde nicht verzehrt, und dem Ölkrug mangelte nichts nach dem Wort des Herrn, das er geredet hatte durch Elia.

Exegetische und homiletische Anmerkungen

Die legendenhaften Elia-Erzählungen sind Teil des deuteronomistischen Geschichtswerks. Sie spielen nach der Reichsteilung, in vorexilischer Zeit und sind schöne Beispiele narrativer Theologie, die allerdings nicht vorschnell mit Historie verwechselt werden dürfen. (s. Kaiser, S. 168). Sie spiegeln den Kampf um den monotheistischen Jahwe-Glauben im Nordreich Israel, während der Regentschaft der Omriden-Dynastie gegen die von Norden eingedrungene Verehrung von kanaanäischen Gottheiten. Dazu Herbert Niehr: „Die dtr Verfasser und Redaktoren der Königsbücher legen das Maß einer strengen JHWH-Monolatrie an die Regierungen der Könige Israels und Judas an. Neben David können nur Hiskija und Joschija angesichts der dtr Forderung der JHWH-Monolatrie bestehen.“ (in Zenger, S. 163).

Exemplarisch für den Abfall steht die phönizische Prinzessin Isebel, Tochter Etbaals von Sidon, die Frau von Omris Sohn König Ahab: „Sie brachte Propheten mit, die für Baal und Aschera eiferten und ‚von ihrem Tische aßen‘ (1. Kön 18,19)“ (Beek, S. 77). Die biblischen Texte schreiben ihr also die Hauptschuld für die verfehlte religiöse Politik Israels zur Zeit Ahabs zu. (Soggin, S. 145). Es folgt die Unheilsprophezeiung ihres jahwetreuen Gegenspielers, des Propheten Elia über das Land und seine Herrscher wegen ihres Abfalls von Jahwe und der Verfolgung seiner Propheten: eine große Dürre wird ausbrechen. Damit ist das Setting für unseren Predigttext bereitet: die Erzählung von Elias wundersamer Sättigung durch die Raben am Bach Krit und die arme Witwe von Sarepta.

Im Zentrum der Perikope steht neben der religiös-theologischen auch eine soziale Komponente: es ist die von der Witwe praktizierte Leidens- und Liebesgemeinschaft mit ihrem darbenden Nächsten, dem ihr fremden Propheten, wodurch sie mitten in der großen Notlage gemeinschaftsdienliche Lebensverhältnisse im gläubigen Gottvertrauen wiederherstellt und dadurch Lebensnot wendet. Damit ist die arme, aber barmherzige Witwe die helle Folie vor der Isebel und Ahab, das raffgierige Potentatenpaar, sich umso dunkler abheben.

Für deren Übertretung von Recht und Moral steht ganz plastisch die Novelle von Nabots Weinberg (1. Kön 21) im Fortgang der Elia-Erzählungen, in der eine gehörige Portion Sozial- und Herrschaftskritik steckt: Isebel beraubt den Jesreeliter Nabot seines Weinbergs zugunsten ihres königlichen Gemahls, indem sie ruchlose Männer dafür bezahlt, dass sie den Unbescholtenen der Gotteslästerung zeihen, wofür Nabot zu Unrecht gesteinigt und so äußerst grausam aus dem Weg geräumt wird. Selbst vor Justizmord schreckte das Königspaar also nicht zurück, um sich zu bereichern.

Persönliches Fehlverhalten, Habgier und der Abfall vom überlieferten Gottesglauben gehen Hand in Hand. Im Kontrast dazu teilt die arme Witwe sogar ihr letztes gebackenes Brot mit Elia in glaubendem Vertrauen auf das Prophetenwort mit Jahwes Zusage: „Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der Herr regnen lassen wird auf Erden.“ (1. Kön 17,14) Sie teilt das Lebensnotwendige mit Elia und zugleich wendet sich dadurch auch ihre eigene Lebensnot; ihr widerfährt göttliches Heil für ihre barmherzige Tat.

Die vorliegende Predigt illustriert beide Haltungsoptionen - Egoismus, Raff- und Habgier auf der einen Seite und Hilfsbereitschaft im Teilen von Lebensnotwendigen auf der anderen Seite - anhand von aktuellen Beispielen (Impfnationalismus hier; Organspende da). Mit dem Motto des Liedes „Wenn das Brot, das wir teilen als Rose blüht“ ermutigt sie zum Überdenken eigener Selbstbezogenheit.

Literatur

Beek, Martinus Adrianus, Geschichte Israels, 5. Aufl. Stuttgart 1983; Kaiser, Otto, Einleitung in das Alte Testament, Gütersloh 1984; Soggin, J. Alberto, Einführung in die Geschichte Israels und Judas, Darmstadt 1991; Zenger, Erich, Einleitung in das Alte Testament, 2. Aufl. Stuttgart 1996.

Lieder

„Nun lasst uns Gott, dem Herren, Dank sagen und ihn ehren“ (EG 320, 1-3+6) „Wenn das Brot, das wir teilen als Rose blüht“ (EG.E 21,1-5, Lied v. d. Predigt ) „Brich mit dem Hungrigen dein Brot“ (EG 420,1-4 ) „Brich dem Hungrigen dein Brot“ (EG 418,1-5)

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Heinz Janssen
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