Licht in der Dunkelheit
Reich Gottes leben
Predigttext | Jesaja 9,1-6 (mit Einführung) |
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Kirche / Ort: | Wolfartsweier b. Karlsruhe |
Datum: | 24.12.2024 |
Kirchenjahr: | Christvesper |
Autor: | Pfarrerin Kira Busch-Wagner |
Predigttext: Jesaja 9, 1-6 (Übersetzung nach Martin Luther)
1 Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. 2 Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir freut man sich, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.[1] 3 Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians. 4 Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt. 5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; 6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.
Einführung in den Predigttexte
Ein wunderbarer Textausschnitt, die Verse aus dem Buch des Propheten Jesaja 9, 1-6! Mit Bildern, die gerade in diesen Tagen nach dem Sturz Assads in Syrien und bei all den Hoffnungen, die damit verbunden sind, lebendig und gegenwärtig sind. Dann aber die doppelte, ja dreifache hermeneutische Herausforderung:
Diesen großen, vertrauten, bekannten Abschnitt zu predigen, zu Gehör bringen, ohne ein plattes Verheißung-Erfüllung-Modell anzubieten. Redlich zu bleiben und bei aller „Welt ging verloren, Christ ist geboren“-Seligkeit der Frage sich zu stellen, wie man Weihnachten feiert und gleichzeitig das Elend auch post Christum natum ganz ernst nimmt. Ebenso die Frage nach dem Messias: Was zeigt uns an, dass du, Jesus, trotz allem, der erwartete bist? Dass wir dich als den Gekommenen feiern und (jetzt nur noch) auf deine Wiederkunft warten müssen und nicht auf einen anderen warten?!
Herausfordernd schließlich auch, sich den Erwartungen zu stellen, dass an Weihnachten eben ein Weihnachten erwartet wird. Am liebsten mit vielen Engeln, bäuerlichen Hirten, ausgebautem Stall (und nicht nur biblischer Krippe!), Maria und Josef und manch anderem mehr?!
Zugegeben: die hier entworfene Christvesper passt nur schwer zum Krippenspiel. Aber da und dort mag nach allen möglichen Familiengottesdiensten und Weihnachtsaufführungen doch noch Platz sein für eine biblisch orientierte Christvesper. Mit Predigt zur regulären alttestamentlichen Perikope.
Mein Versuch, damit umzugehen (und liturgisch dazu Antworten zu finden): die Eigenständigkeit der Perikope als erfahren, und insofern „erfüllt“ anzusprechen. Im Ablauf des Gottesdienstes die Chronologie alt- und neutestamentlicher Texte beizubehalten, nämlich den Evangelientext mit der Weihnachtsgeschichte Lukas 2 der Predigt (über den Prophetentext) folgen zu lassen. Mit der kleinen Ergänzung von Vers 21 über die moderne redaktionelle Unterbrechung hinaus: „Und als acht Tage um waren und er beschnitten werden wollte, gab man ihm den Namen Jesus, welcher genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war“. Was die Jüdischkeit Jesu ebenso unterstreicht wie in der Beschneidung den „Bund“ anklingen lässt.
Auch habe ich mich im Hinblick auf die Predigt dazu entschieden, zunächst mit drängenden, hoffenden Adventsliedern zu beginnen und später mit Weihnachtsliedern fortzufahren. Es ist ja richtig, wenn Kirchenmenschen gegen den allgemeinen musikalischen Trend nicht gleich in der Adventszeit die volle Weihnachtsfreude („reiß die Himmel auf!“) entfalten möchten. Aber es ist gleichzeitig ja richtig, in die als unerlöst sich zeigende Welt immer neu Gottes Gegenwart zu erbitten.
Hat man sich der Herausforderung, an Weihnachten sei alles eingelöst, gestellt, kommt schon die nächste: welche Ethik hat sich zu entfalten, die nicht im verzagt Kleinbürgerlich-moralischen versandet („in unserem Herzen dürfen wir Jesus empfangen, im Herzen setzen wir ein Licht gegen die Dunkelheit, gehen vielleicht (!?) einen Schritt weiter …“ etc).
Eine Pädagogin erzählte mir mal von der großen Aufgabe, Jugendliche neu zu motivieren nach oft vielen Misserfolgen und vielen schlechten Erfahrungen mit Schule. Sie entwarf für einen die Versuchsanordnung, doch einmal in die Schule zu gehen, als sei es dort ganz großartig. Als würde es Spaß machen. Als könnte man jeden Moment mit Erfolg rechnen. Es ist damit nicht alles anders geworden. Aber da und dort lässt sich tatsächlich Neues erleben. Veränderung erfahren.
Für eine weihnachtliche Ethik hieße das, Paulus‘ Ratschläge aus dem Korintherbrief mal auf den Kopf zu stellen. Nicht „haben, als hätten wir nicht …“, sondern umgekehrt: jetzt schon leben, als stünden wir schon mitten drin, im Reich Gottes. So, wie die Hirten inmitten von Glanz und Licht und Friede und Jubel stehen. Also: so zu leben, als seien auch wir dort schon angekommen. Und geblieben.
Literatur: Maria Coors, Christvesper: Jes 9, 1-6 Zeit des Friedens. In: Predigtmediationen im christlich-jüdischen Kontext. Zur Perikopenreihe 1. 2024/2025
Hinweis zu den Fürbitten
Welche Menschen hoffen wortwörtlich auf das Licht im Finstern? Wer freut sich, bricht in großen Jubel aus?
Am Abend des 1. Weihnachtstages wird in den jüdischen Gemeinden das erste Licht am Chanukkaleuchter entfaltet. Das letzte am Abend des 1. Januar – am 2. Januar geht der 8. Chanukkatag zu Ende. Chanukka erzählt von Gottes Wundern, als alles hoffnungslos zu sein scheint. Licht für Licht bestärkt das Wunder die Freude.