Liebesgaben
Im Schenken den Liebesbeweis Gottes an uns nachahmen
Predigttext: 1. Johannes 3,1-6 (Übersetzung nach Martin Luther)
Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum kennt uns die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht. Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: Wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen wie er ist. Und ein jeder, der solche Hoffnung auf ihn hat, der reinigt sich, wie auch jener rein ist. Wer Sünde tut, der tut auch Unrecht, und die Sünde ist das Unrecht. Und ihr wisst, dass er erschienen ist, damit er die Sünden wegnehme, und in ihm ist keine Sünde. Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer sündigt, der hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt.
Geschenke und Gefühle
Was ist ein echter Liebesbeweis? Denken Sie an gestern Abend. An die Bescherung. An den Jubel Ihrer Kinder und Ihrer Enkelkinder. An das dankbare Leuchten in den Augen des Menschen, den Sie beschenkt und erfolgreich überrascht haben. An seinen warmen Händedruck oder seine ungestüme Umarmung. Denken Sie an Ihre eigene warme Freude beim Auspacken der Geschenke. Über welches Geschenk haben Sie sich am meisten gefreut? Über das teuerste? Über das originellste? Oder über das, bei dem Sie am meisten gespürt haben: Das steckt ganz viel Liebe drin. Wie ich Sie kenne, ist es letzteres!
Ja, das ist so. Unsere Geschenke an Weihnachten sollen ein Liebesbeweis sein. Der andere soll merken: Ich habe Dich so sehr lieb, dass ich mir etwas für Dich zusammengespart habe. Oder: Ich habe Dich so sehr lieb, dass ich Monate lang an einer Decke gestickt, an ein paar Strümpfen gestrickt oder an einem Werkstück gebastelt habe. Oder: Ich habe Dich so sehr lieb, dass ich versucht habe, genau Deinen aller größten Herzenwunsch zu erraten. Und wenn, das dann glückt. Dann ist die Bescherung gelungen. Nicht, wenn die Anzahl der Geschenkpäckchen größer war als im letzten Jahr, sondern wenn es uns gelungen ist, dem Menschen, den wir lieben, unsere Liebe zu zeigen. Er es gesehen und gespürt hat – und seine Freude uns glücklich gemacht hat. Und genau das ist ja auch der Sinn des Schenkens.
Der Brauch anderen durch Gaben und Geschenke eine Freude zu machen hat eine lange Tradition. Bereits in der Bibel ist bei Abel und Kain die Rede von Brandopfern für Gott als Zeichen des Dankes für eine gute Ernte. Auch unsere Vorfahren – die Germanen – brachten in den Winternächten Opfer für Wotan (auch: Odin). Damit wollten sie ihren Gott besänftigen und vor seiner Wut verschont werden. Es handelte sich also um Gaben aus Angst heraus. Später war die Zeit des Jahresbeginns, der terminlich lange nicht fest definiert war und zwischen Weihnachten, dem 1. Januar und dem 6. Januar schwankte, die Zeit in der Dienstverhältnisse aufgelöst, Beamte entlassen oder eingestellt wurden. Während dieser Zeit bekamen die Mägde und Knechte zusätzlich zum Lohn von der Herrschaft auch ein neues Gewand, einige Leinenstücke oder andere nützliche Dinge für die Aussteuer.
Auch an die Tiere wurde gedacht, in dem sie mit den Resten der Weihnachtsmahlzeit beglückt wurden. Den Vögeln draußen wurden Gebäck oder Weihnachtsgarben hingestellt und die Obstbäume bekamen einen Löffel Honig, damit sie auch im neuen Jahr wieder sprießen und gedeihen würden. Die Intention dieses Schenkens war Dankbarkeit – gegenüber den Pflanzen, den Tieren und gegenüber den Hausangestellten. In den Zeiten der Aufklärung war das auf einmal ganz anders. Zahlreiche Erziehungsratgeber rieten den Eltern, ihren Kindern zum Christfest etwas Sinnvolles und Lehrreiches zu schenken. Keinen Tand und Tinnef, sondern Nützliches und Vernünftiges.
Und heute – das spüren wir alle in der Vorweihnachtszeit recht schmerzlich – steht beim Schenken und beim Geschenke-Kaufen immer auch der Profit eine große Rolle. Die Geschäftsleute brauchen das Weihnachtsgeschäft, denn es macht den Großteil ihres Jahresumsatzes aus. Und diejenigen, die beschenkt werden, sehen auch zu, dass die Kasse stimmt. Immer wieder höre ich gerade von Jugendlichen, dass sie sich am allerliebsten Geld wünschen, um sich dann das zu kaufen, was sie wirklich wollen. Irgendwie macht uns das traurig. Und wohl dem, dem es gelungen ist, seinen Kindern so erziehen, dass sie sich nicht Geld wünschen, sondern richtige Herzenswünsche. Denn darum geht es uns doch. Geschenke sollen doch Liebesbeweise sein. Und unsere Liebe, die wollen wir gerne anders ausdrücken als mit Geld. Unsere Geschenke, so dachte ich als Kind und noch lange auch als Erwachsene, sollen eine Nachahmung sein für die Geschenke, die man dem Jesuskind und seinen Eltern zur Geburt brachte. Geburtstagsgeschenke sozusagen – und dabei waren die einfachen Gaben der Hirten genauso wertvoll wie die kostbaren Gaben der Weisen aus dem Morgenland.
Gottes Liebesbeweise
(Lesung des Predigttextes)
Längst aber ist mir klar geworden, dass wir mit unserem Schenken etwas ganz anderes nachahmen sollen: den Liebebeweis Gottes an uns Menschen. Das sind die Geschenke Gottes. Seine Liebesbeweise! Nachdem wir uns ja nun gestern Abend liebevoll und reichhaltig beschenkt haben, ist das heute morgen eine gute Gelegenheit, uns einmal diese Geschenke Gottes genauer zu betrachten: Was schenkt er uns? Womit erweist er uns seine Liebe.
Wir sind Gottes Kinder
Kinder, das wissen wir, wünschen sich nichts sehnlicher, als möglichst schnell erwachsen zu werden. Erwachsene, und das spüren wir selbst, wären gerne manchmal wieder Kinder. Vertrauensvoll und voller Zuversicht. Geborgen in den Armen der Mutter, im Zuhause des Vaters. Ohne Narben an Leib und Seele, die sich im Laufe des Lebens ansammeln. Und mit der Möglichkeit, manches noch mal von vorn zu beginnen, anders und besser zu machen. Die Geburt Jesu zeigt uns, das das möglich ist. Wir dürfen vor Gott sein wie Kinder: vertrauensvoll und voller Zuversicht. Geborgen in seinen Armen. Geborgen in seinem Zuhause. In unserem alltäglichen Leben klappt das leider nicht immer so ganz mit dem Vertrauen und der Zuversicht und dem Geborgenfühlen. Zu sehr verlangt man von uns Erwachsenen, dass wir unseren Mann stehen oder unsere Frau. Dass wir aufpassen und misstrauisch sind, dass wir nicht zuviel Zuversicht an den Tag legen sondern eine „gesunde“ Portion Skepsis.
Auch das mit dem Geborgenfühlen ist nicht so leicht. Denn es ist ja eher umgekehrt: Andere verlassen sich auf uns. Andere suchen bei uns Geborgenheit und Schutz. Ist das nicht ein Widerspruch? Nein. Wirklich lieben können wir nur, wenn wir selbst geliebt sind. Anderen Geborgenheit und Schutz geben können wir nur, wenn wir uns selbst geborgen und sicher fühlen. Verlässlich sein können wir nur, wenn wir uns selbst auf jemanden verlassen. Und dieser jemand ist unser Vatergott, der uns dieses große Geschenk an Weihnachten macht: Geborgenheit und Schutz, Verlässlichkeit und Liebe.
Das wichtigste Geschenk von allen
Dass Krankheiten und Verletzungen an unserem Körper verheilen, dafür können wir Menschen zum Teil sogar schon selbst sorgen. Wenn auch nicht alle Krankheiten geheilt werden können, so helfen medizinische Forschung und pflegerische Fortschritte heute besser denn je, Krankheiten und Schmerzen ihre Schrecken zu nehmen. Was aber die beste Medizin nicht kann, bleibt uns als eine schwere Last ein Leben lang: Schuld. Versagen. Fehler. Einem anderen Menschen nicht geholfen zu haben, kann ein lebenslanger Schmerz sein. In der Erziehung eines Kindes versagt zu haben, kann eine lebenslange schwere Last werden. Sich mit einem Menschen nicht versöhnt zu haben, ehe er gegangen ist, kann wie ein Pfeil im Herzen stecken und ein Leben lang weh tun.
Gott heilt diese Narben. Dafür ist Jesus Christus geboren worden. Er kam nicht, um über uns zu richten. Sondern er kam, um uns die Vergebung zu bringen und die Gnade. Nur so können wir wieder sein wie die Kinder, vertrauensvoll und zuversichtlich, geborgen und geschützt: Wir wissen: Wer Gott seine Schuld bekennt – und aus ganzem Herzen bereut, dem ist die Schuld verziehen. Selbst dann wenn sich Menschen um uns herum unversöhnlich und gnadenlos zeigen, uns ist längst verziehen. Wir sind versöhnt mit Gott. Die Last ist von unseren Schultern genommen. Wenn es so etwas gibt, wie das Nachahmen dieser wunderbaren Geschenke Gottes an Weihnachten, dann sollten wir versuchen, diese Geschenke auch an die Menschen weiterzuschenken, die uns nahe stehen: Ihnen Geborgenheit geben und Schutz. Ihnen Zuverlässigkeit, Treue bieten. Und ihnen verzeihen, das heißt: ihre Wunden heilen.
Unsere Träume schießen übers Ziel hinaus:
Unsere Träume haben das Reich Gottes im Blick,
das Ehre sei Gott im Ohr und den Frieden auf Erden vor Augen.
Wir träumen ungeschützte Träume.
Wir beten ohne Absicherung.
Dazu lädst Du uns ein,
der Gott, der Jakob träumen ließ von offenen Himmeln,
und Josef von Plänen gegen den Hunger.
Wir träumen gegen alle Prognosen von einer Welt des Friedens.
Wir träumen gegen alle Hochrechnungen von einer Welt der Gerechtigkeit.
Wir träumen gegen alle Bilanzen von der Durchsetzungskraft der Freundlichkeit.
Wir träumen.
Doch dein Wort, Gott, gibt unseren Träumen Hand und Fuß
und verleiht unseren Gebeten Flügel.
In der Stille lassen wir Raum für Gott …
Geschenke als Liebesbeweis. Drüber spricht Pfarrerin Zager zuerst ausführlich. Es ist ein wesentliches Thema, über welches man gern nachdenkt. Dann kommt sie zum eigentlichen Thema von Weihnachten als Liebesbeweis Gottes. Wir sind Kinder Gottes und sehnen uns nach Geborgenheit. Das wichtigste Geschenk Gottes ist die Vergebung unserer Schuld. Das klingt recht allgemein. Pfarrerin Zager bringt aber ein Beispiel, das unter die Haut geht. Wir haben versagt bei der Erziehung der uns anvertrauten Kindern, haben Fehler gemacht und sind dabei schuldig geworden an ihnen und vor Gott. Wir sind versöhnt mit Gott durch Jesus. Das sollten wir weitergeben und uns versöhnen mit den Menschen, die mal schuldig wurden sind an uns. Eine schöne und intensive, nachdenkliche und hoffnungsfrohe Predigt zu Weihnachten.