Predigt

"Mein Gott, mein Gott …"

Der Tod bricht mitten hinein in geliebtes und unschuldiges Leben und schneidet es brutal ab

Predigttext2.Korinther 5,14b-15.17-21
Kirche / Ort:Aurich / Ostfriesland
Datum:25.03.2016
Kirchenjahr:Karfreitag
Autor:Pastorin Theda Frerichs

Predigttext: 2.Korinther 5,14b-15.17-21 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

14b Wenn einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben. 15 Und er ist darum für alle gestorben, damit, die da leben, hinfort nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist. 17 Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. 18 Aber das alles von Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben, das die Versöhnung predigt. 19 Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. 20 So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! 21 Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

Hinweise zum Predigtext (I.) und zur Predigt (II.)

I. Im Predigttext geht es zunächst um Begriff der Versöhnung und den Dienst der Versöhnung. Zwei Begründungen führt Paulus dazu aus: eine christologische (V14-17: Die Liebe Christi und ihre Folgen) und eine theologische (V18f: Die Versöhnungstat Gottes und der Dienst der Versöhnung). Daran schließt sich ein Aufruf zur Versöhnung an (V20), der in V21 noch einmal begründet wird. Der Text gilt als paulinisch. Paulus deutet den Kreuzestod Jesu als Sterben für alle, welches unterschiedlich gedeutet wird. Meint Paulus damit, dass alle als gestorben gelten, auch wenn sie nicht wirklich sterben müssen? Oder ist damit ein Sterben zugunsten aller Menschen gemeint, vergleichbar mit dem Gottesknecht von Jes 53? In V15 führt Paulus aus, wohin der Tod Christi abzielt: Das Leben der Menschen insgesamt – wie auch sein eigenes – kreist nun nicht mehr um sich selbst, sondern wird auf Christus hin gelebt. In diesem Zusammenhang spricht Paulus in V17 vom Menschen in Christus als „neuer Kreatur“.

Paulus schildert seine Versöhnung mit Gott in V18 als abgeschlossenes Geschehen. Durch das Erlebnis vor Damaskus wurden ihm selbst die Augen geöffnet, als sich ihm der Auferstandene selbst offenbart hat. Der Begriff „versöhnen“ hat wohl keinen religiösen, sondern einen säkularen Hintergrund; insbesondere ist damit die Versöhnung zwischen Streitenden gemeint (vgl. EKK 329). Der religiöse Gebrauch von „versöhnen“ begegnet nur bei Paulus (2Kor 5,18-20; Röm 5,10). V19 beschreibt in Kurzform das in V14f geschilderte Heilsgeschehen. Folge der Versöhnung ist das Nichtanrechnen der Sünde. Paulus bittet in Gottes Auftrag. Der Aufruf zur Versöhnung ist von Paulus so formuliert, dass Gott der Handelnde ist („Lasst euch versöhnen“, nicht etwa „Versöhnt euch“), wie auch in den Versen 18f Gott der Initiator der Versöhnung ist. Sich einlassen auf das Angebot ist unverzichtbare Voraussetzung der Versöhnung zwischen Gott und Mensch. Adressat des Aufrufes in V20 sind nicht nur Menschen, welche die Predigt vom Evangelium noch nicht erreicht hat, sondern auch die korinthische Gemeinde selbst, die von Paulus ermahnt wird, sie möge die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen haben (2Kor 6,1).

Literatur: Thomas Schmeller: Der zweite Brief an die Korinther (2Kor 1,1-7,4). EKK VIII/1, Neukirchen-Vluyn 2010.

II. Der Jahrestag der Germanwings-Katastrophe ruft in uns allen Erinnerungen von Trauer und Leid hervor. Es geht um Erfahrungen mit Todesfällen in unmittelbarer Umgebung, die zunächst Jugendliche und ihre Familien aus Haltern am See gemacht haben, die aber jeden von uns hätten treffen können. Der Tod bricht mitten hinein in geliebtes und unschuldiges Leben und schneidet es brutal ab. Auch damals am Kreuz haben es die Angehörigen Jesu so erfahren. Wie lebt man damit weiter? Was kann der Predigttext dazu sagen? Niemandem hilft hier eine dogmatische Abhandlung über Versöhnung. Schwierig ist besonders der Aufruf zur Versöhnung, der angesichts von Tod und Trauer beim ersten Hören als zynisch empfunden werden kann. Jedoch kann der Hintergrund dieser paulinischen Begrifflichkeit Menschen Trost spenden. Die Grundlage von Karfreitag ist die voraussetzungslose Liebe und Treue Gottes, die am Ende den Tod besiegt und die Perspektive von Auferstehung eröffnet.

Lieder

"Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr" (EG 382) "Wie sollen wir es fassen" (Lebensweisen 20) "Meine engen Grenzen" (Lebensweisen 21)

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Heinz Janssen
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