Predigt

Niemand ist sich selbst überlassen

In ganz unterschiedlichen Lebenssituationen gehen wir auf Weihnachten zu – Gott kommt zu uns allen, seine Nähe tut uns gut

PredigttextJesaja 52,7-10
Kirche / Ort:Friedens- und Johannesgemeinde / 77933 Lahr / Schwarzwald
Datum:22.12.2013
Kirchenjahr:4. Sonntag im Advent
Autor:Pfarrer Dr. Georg Freuling

Predigttext: Jesaja 52,7-10 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König! 8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt. 9 Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. 10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, daß aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

(Übersetzung Martin Buber / Franz Rosenzweig)

Wie anmutig sind auf den Bergen die Füße des Märebringers, der hören lässt: Friede!, der gute Märe bringt, der hören lässt: Befreiung!, der zu Zion spricht: Dein Gott trat die Königschaft an! Stimme deiner Späher, - sie erheben die Stimme, sie jubeln vereint, denn Aug in Aug sehn sie, wie ER nach Zion zurückkehrt. Aufjauchzet, jubelt vereint, Ödungen Jerusalems, denn ER tröstet sein Volk, er löst Jerusalem aus. Bloßgestreift hat ER den Arm seiner Erheiligung vor aller Weltstämme Augen, dass sehn alle Enden der Erde die Befreiertat unseres Gottes.

Exegetische und homiletische Hinweise

„Tochter Zion, freue dich“ wird in meinem Gottesdienst nicht fehlen. Auch wenn das Lied auf Sach 9,9 anspielt, die Bewegtheit des Liedes passt sehr gut zur inneren Dynamik des Predigttextes, der selbst ein Lied ist. Hilfreich ist ein Blick auf den Zusammenhang dieses Liedes (nach Hans-Jürgen Hermisson ist es nur eine Strophe eines größeren), der erkennbar in 51,9 („Wach auf, Arm des HERRN!“) einsetzt und in den Auszug der Exilierten in 52,11+12 mündet. Für die Predigt selbst reichen die angegebenen Verse, ein Stück kunstvoller Poesie (einen Eindruck davon vermittelt die dazu hier aufgenommene Übersetzung M. Buber / F. Rosenzweig), das sich gut als Einheit lesen und predigen lässt. Die Freudenbotschaft erreicht den Zion und wird in aller Welt erkennbar – oder der Reihe nach: Der Freudenbote (V.7 – nach MT nur einer!) wird gesichtet, die Wächter (V.8) sagen sein Kommen der Stadt an, die Trümmer (V.9) jubeln, die ganze Welt erfährt davon (V.10). Anlass des Jubels ist JHWHs Königtum (klassische Formulierung in V. 7b), das den Menschen Gutes, Rettung, Schalom bringt. Gott wendet sich dem Zion wieder zu (V.8b).

Einzelheiten: Auffallen wird die schöne und zugleich merkwürdige Formulierung in V.7a (Luther: „Wie lieblich sind die auf den Bergen die Füße der Freudenboten...“), die rein ästhetisch missverstanden werden kann und wohl auch nicht dem Klang (Züricher Bibel) der Schritte gilt. Mit H.-J. Hermisson wird man sie vom gesamten Vorgang her verstehen müssen: Die gute Botschaft ist langersehnt und willkommen. Die Rückkehr JHWHs (V.8b) lebt vom Kontrast zu seiner erfahrenen Verborgenheit; das soll nun grundlegend anders werden - „von Auge zu Auge“, unmittelbar sichtbar kommt er. Die poetische Anrede der Trümmer (V.9) meint wie in 49,14ff die Einheit von Stadt und Volk, ist aber als poetische Rede - „Jubelt, ihr Trümmer!“ - nachvollziehbar.

Für die Predigt greife ich auf die im Text angelegte Struktur zurück: Die gute Nachricht von Gottes Kommen richtet Menschen auf und bringt sie in Bewegung. Diese Bewegung läuft von außen nach innen – vor der Stadt ist der Freudenbote unterwegs, am Rand der Stadt halten die Wächter Ausschau, in der Stadt jubeln die Trümmer. Diese Orte kann ich mit der Lebenssituation von Menschen in der Adventszeit verbinden: Da gibt es die, die mit Freude unterwegs sind und mit Freude auf Weihnachten zugehen. Manche halten Ausschau nach Neuem, suchen, was ihrem Leben neuen Schwung bringt. Ebenso sitzen viele in diesen Wochen zwischen den Trümmern ihres Lebens und schaffen es nicht, sich davon zu lösen; gerade solche Menschen erleben die Advents- und Weihnachtszeit als Qual, weil ihnen bewusst wird, wie wenig ihr Leben der Sehnsucht von Harmonie und heiler Welt entspricht. Zu berücksichtigen ist dabei: Die Initiative geht im Predigttext von Gott aus! Sein Kommen bewirkt es, dass die Müden wieder auf die Beine kommen und die Trümmer jubeln.

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Heinz Janssen
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