Noch ist Pfingsten...
Begegnung mit Jesus
Predigttext | Matthäus 16,13-16 |
---|---|
Kirche / Ort: | Emden |
Datum: | 09.06.2025 |
Kirchenjahr: | Pfingstmontag |
Autor: | Dipl. Theol. Pfarrerin Christiane Borchers |
Predigttext: Matthäus 16,13-16 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)
13 Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei? 14 Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten. 15 Er sprach zu ihnen: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? 16 Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist der Christus, des lebendigen Gottes Sohn!
Vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang sind die Bauleute am Werk. Eine Stadt soll entstehen. Die Transportstraßen werden zuerst fertiggestellt, täglich ziehen Esel in kleinen Gruppen die schweren Blöcke aus dem Steinbruch und starken Holzstämme von Zypressen und Zedern.
Stolz ragen die ersten Bauwerke in den Himmel: Großartig soll die Stadt werden. Sie soll zu Ehren des Kaisers Augustus in Rom errichtet werden. Kaiser Augustus hat dem König Herodes das Gebiet am Fuß des Hermongebirges geschenkt. Als Dank baut er dem Kaiser die Stadt.
Alle Gebäude übertreffen wird der Tempel mit seinen unermesslich hohen in den Himmel ragenden Säulen, so ist es geplant. Im Giebel werden Szenen der römischen Götterwelt dargestellt sein, oben in der Spitze Gottvater Zeus und die Göttin Hera. Eine Bibliothek soll es geben, in der die wichtigsten Bücher der Antike aufbewahrt werden, zugänglich für Gelehrte aus aller Welt. Ein herrliches Theater soll errichtet werden. Unter freiem Himmel sollen die Zuschauer auf Stufen aus Felsblöcken sitzen und den Traktaten lauschen. Prächtigen Häuser und Villen für die Wohlhabenden werden entstehen. Die Stadt soll Paneas heißen. Der Nachfolger des Herodes, sein Sohn Philippus wird sie in Caesarea Philippi umbenennen.
Die Stadt wird ein Militärstützpunkt der römischen Streitmacht, auch wenn es über die Annehmlichkeiten eines Theaters und einer Bibliothek verfügt Eine Stadt ohne Tempel nicht denkbar. Casarea Philippi ist ein in Stein gehauenes Zeichen der militärischen römischen Überlegenheit.
Wie lange noch, stöhnt Susanna, ihr tun die Füße weh. Sie, Mirjam und einige Jünger sind mit Jesus den ganzen Tag unterwegs. „Die Sonne geht bald unter“, tröstet Mirjam ihre Freundin. „Wir müssen einen Platz für die Nacht finden, es wird nicht mehr lange dauern. „Dort liegt Cäsarea Philippi“, Mirjam hält die Hand vor Augen und blinzelt in die Sonne. Die Bauleute sind am Arbeiten, einige Bauten sind bereits fertig. „Dort wird es ein Plätzchen für uns geben.“ Schweigend gehen sie nebeneinander her. Jesus und die Jünger gehen den Weg in Richtung Stadt, jeder hängt seinen Gedanken nach. Der Lärm der Bauleute erreicht sie nur von weitem.
Die Sonne des Spätnachmittags wirft ihre milden Strahlen, die Bäume rauschen in der Luft. Das leichte Pätschern der Wasserquellen, die den Jordan speisen, ist zu hören. Das Gebiet am Fuß des Hermongebirges ist fruchtbar. Der Hermon ist der höchste Berg in Israel, oben auf der Spitze des Gebirges liegt Schnee. Die kleine Schar um Jesus nähert sich der Stadt, unweit der Stadt liegt eine tiefe Höhle, deren Ende im Felsen niemand kennt. Vor der Höhle ist ein guter Platz, hier können sie Feuer machen und im Schutz der Bäume übernachten.
„Hier bleiben wir“, entscheidet Jesus und lässt sich nieder. Petrus und Johannes bereiten das Lager, Bartholomäus und Jakobus sammeln Holz für das Feuer. Susanna und Mirjam holen das Mehl aus den Behältern, Zebedäus nimmt den Wasserschlauch und gießt Wasser zum Mehl. Die Jünger fachen ein Feuer an, alle setzen sich um das Feuer. „Leg noch etwas Holz nach“, fordert Jakobus Zebedäus auf, der die Holzscheite neben sich liegen hat. Das Feuer lodert, die Gesichter leuchten in den Flammen. Sie rücken näher zusammen, erzählen sich Geschichten. Nach einer Weile löscht Petrus das Feuer. „Susanna“, wendet er sich an sie. „Du kannst den Teig in die Asche legen“ und freut sich im Voraus auf das frische Brot. Susanna nimmt ein Stück Holz und deckt den Teig mit der heißen Glut zu. Alle warten bis das Brot fertig ist.
Die Zeit des Wartens nutzt Jesus für eine Frage: „Was glaubt ihr, das die Leute sagen wer ich bin?“„Was ist das für eine Frage?“ denkt Mirjam bei sich. Ist doch egal, was die Leute sagen. „Was denken die Leute über mich? Was reden sie?“Gespannt blickt Jesus in die Runde. Nach einer kleinen Pause fängt Andreas an: „Einige munkeln, du seist der wieder gekommene Johannes der Täufer. Du ermahnst wie Johannes der Täufer zur Buße“. „Ich habe gehört, du seist der Prophet Elias. Nach dem Gesetz soll Eila am Ende der Tage wiederkommen. Sie erwarten seine Wiederkunft in naher Zukunft und denken: Du bist es“, sagt Batholomäus. Batholomäaus überlegt kurz, stellt dann die Frage „Bist du es?“ Er möchte es auch gern wissen.
Jesus übergeht die Frage und schaut diejenigen erwartungsvoll an, die noch nichts gesagt haben. „Habt ihr noch etwas anders über mich gehört, wer ich bin?“ – Zebedäus meldet sich zu Wort: „Manche halten dich für den Prophet Jeremias. Du erinnerst die Menschen an die Tora und pochst darauf, Gottes Gebote zu halten so wie Jeremias es getan hat.“ Jakobus antwortet auf Jesu Frage: „Ich habe gehört, dass einige sagen: du wärst ein Prophet mit Macht zu heilen. Das erzählt man sich in Kapernaum.“ Hier hatte Jesus Kranke gesund gemacht, die nur den Saum seines Gewandes berührt hatten.
Jesus hört sich die verschiedenen Ansichten über sich an, schließlich fragt er: Und ihr, was glaubt ihr? Bevor die anderen auch nur antworten können, schießt es aus Petrus heraus: „Du bist Christus, der Gesalbte des lebendigen Gottes.“ Ihn ist es von einem Moment auf den anderen klar, wer Jesus in Wirklichkeit ist, die Erkenntnis ist irgendwie vom Himmel gefallen. Ihnen stockt allen der Atem. Auch den anderen ist plötzlich bewusst, dass Jesus der Christus, der Gesalbte ist. Ihnen ist eigentlich immer klar gewesen, dass Jesus der Heiland ist, aber es musste jemand sagen: Es musste ausgesprochen werden. Petrus hat es getan: Jesus ist der Christus. Ein Friede bereitet sich in ihnen und unter ihnen aus, bewegt das Herz, berührt die Seele. Jesus preist Petrus für sein Bekenntnis selig. „Das hat dir kein Mensch, das hat dir der Himmel gesagt“, sagt er. Der Mund spricht aus, was das Herz erfüllt.
Das Brot ist fertig, Jesus nimmt es aus der Asche, klopft sie ab und reicht jedem ein warmes Stück. Es ist dunkel geworden. Mirjam Blick schweift zur Höhle. Sie zieht ihr Tuch fester um die Schultern,in der Dunkelheit flößt die Höhle fast ein wenig Angst ein. Das Hämmern und Klopfen der Bauleute hat aufgehört. Gespenstisch ragen Säulen und halbfertige Mauern in den Himmel. In enger Gemeinschaft verbringen die Jüngerinnen und Jünger mit Jesus den Abend.
Jesus wendet sich Petrus zu und spricht feierlich die Worte zu ihm: „Du bist Petrus, auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen. Meine Gemeinde wird nicht von den Pforten der Hölle überwältigt werden.“ Wie ein Fels – Petrus heißt Fels - fühlt Petrus sich nicht, aber jetzt, in diesem Moment, spürt er einen Frieden. Er ist mit Jesus und mit seinen Freunden tief verbunden. „Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben,“ setzt Jesus seine Rede fort „alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden löst, soll auch im Himmel gelöst sein.“ Große Worte, die Petrus nicht auf Anhieb begreift, zu groß die Verheißung, die in diesen Worten steckt, zu mächtig, was sie bedeuten.
Er bekommt eine Ahnung davon, dass Jesus nicht zufällig die Stätte gewählt hat, an der sie sich befinden. Da ist die Höhle, der Eingang zur Hölle nach römischer Vorstellung, hier regiert Hades im Totenreich. Am Tor zum Totenreich spricht Jesus vom Leben. Die Gemeinde, die gebaut wird, wird nicht vom Tod und von der Hölle überwältigt werden. Hat das Bauen der Bauleute im Hintergrund Jesus inspiriert vom Bauen seiner Gemeinde zu sprechen?
Die Stadt an sich ist ein Symbol für Macht und Reichtum, in der das Militär das Bild prägt. Von der Stadt Cäsarea Philippus werden Tod und Verderben ausgehen, Kriege vorbereitet und durchgeführt werden. Dem gewaltsamen Tod setzt Jesus das Leben entgegen. Hier in Cäsarea Philippi, dem Ort, vom dem organisiertes Töten ausgeht, verheißt Jesus die Überwindung des Todes. An den Pforten des Todes wird vom lebendigen Gott gesprochen. Was legt Petrus für ein Bekenntnis: Du bist Christus der Gesalbte des lebendigen Gottes!
Jesus will Petrus die Schlüssel des Himmelreiches übergeben. Mit einem Schlüssel werden Türen zu- und aufgeschlossen. Das Auf- und Zuschließen überträgt er insbesondere Petrus, aber auch die andern Jüngerinnen und Jünger stehen in der Verantwortung.
Susanna und Mirjam haben zugehört, sie rollen ihre Schlafmatten unter einem Baum aus. Bartholomäus und Jakobus werfen einen prüfenden Blick auf die Glut, bevor auch sie sich eine Schlafstelle suchen. Petrus und Zebedäus legen sich auch hin, Jesus schläft nahe an der Feuerstätte. Susanna guckt in den Sternenhimmel. „Schläfst du schon?“ flüstert sie leise in die Nacht. „Nein“, antwortet Mirjam. „Was hat Jesus wohl damit gemeint: Was auf Erden gebunden ist, soll auf im Himmel gebunden sein und was auf Erden gelöst wird, soll auch im Himmel gelöst werden?“ Mirjam antwortet: Vielleicht ist es so: Als mein Mann mich verstoßen hat, kam mir als Erstes in den Sinn: Der kann mir im Himmel nicht mehr entgegenkommen. – Was hier gebunden ist, ist auch im Himmel gebunden, und was hier auf Erden gelöst worden ist, ist auch im Himmel gelöst. Sicher hat Jesus das umfassender gemeint. Aber ist das nicht ein Teil vom Lösen und Binden im Himmel wie auf Erden? Beide Frauen schlafen befriedigt ein.
Am nächsten Morgen steht die Sonne schon am Horizont, als sie aufwachen. Beide haben traumlos und gut geschlafen. Jesu ist aufgestanden, die Jünger bereiten etwas zu essen. Jesus ergreif mahnend das Wort: „Sprecht mit niemanden darüber, dass ich der Christus bin.“ „Nein“, da waren sie sich einig. Die Stimmung bei den Leuten kann schnell umschlagen: Aus einem zweiten Johannes der Täufer wird schnell ein Beelzebub. Aus einem geachteten Propheten wird schnell ein Spinner, aus einem von Gott Gesandten, bei dem Kranke durch bloße Berührung des Saumes seines Gewandes gesund werden, wird schnell ein Scharlatan.
Sie legen zur Bekräftigung ihres Versprechens den Finger auf den Mund: Zu niemanden ein Wort. Zur rechten Zeit sich erfüllen, was die Schrift verheißt und alle Welt soll wissen, das Jesus der Christus ist.
Ein neuer Tag hat begonnen, in der Stadt fangen die Bauarbeiten. Das Hämmern und Klopfen ist zu hören, das Zurufen der Bauleute, das Antreiben der Esel. Es wird Zeit, die Sachen zu packen und aufzubrechen.