Predigt

Nötige Geistesgegenwart - Kraft, Liebe, Besonnenheit

Einander erinnern an das, was gut tat, und einander stärken

Predigttext2. Timotheus 1,6-11 (mit exegetischer und homiletischer Einführung)
Kirche / Ort:Matthäuskirche / Fahrnau / 79650 Schopfheim
Datum:27.09.2020
Kirchenjahr:16. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrerin Ulrike Krumm

Predigttext: 2. Timotheus 1,6-11 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 2017)

6 Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, dass du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände. 7 Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 8 Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes. 9 Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, 10 jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium, 11 für das ich eingesetzt bin als Prediger und Apostel und Lehrer.

Exegetische und homiletische Einführung

Die Verse 6-11 ergeben eine in sich geschlossene Einheit. Vers 7 wurde zu Beginn des Lockdowns oft als Ermutigung zu Durchhaltevermögen (Kraft), Solidarität (Liebe) und Abstandnahme von aller Panikmache (Besonnenheit) zitiert. Bei steigenden Infektionszahlen und ebenso steigender Sehnsucht nach Normalität tut es gut, diesen Vers wieder zu hören – vielleicht auch als Konfirmationsspruch (ohne Handauflegung!) bei den vielerorts jetzt nachgeholten Festlichkeiten.

Im Kontext des Briefs gilt die Zusage aber speziell einem kirchlichen Amtsträger und bezieht sich auf das Stehen zum Evangelium. Ich habe mich gefragt, warum die freundschaftliche Ermutigung vom Anfang in so eine steile theologische Aussage wie in V. 10f mündet. Meine Antwort: Genau deswegen ist die Furcht so groß, weil Timotheus nichts anderes in den Händen hält als das Evangelium – und weil er dessen Kraft nicht mehr spürt. Darum ruft Paulus diese Kraft in Erinnerung.

Das Evangelium hat eine starke Botschaft: Es bringt das Ganze des menschlichen Lebens ans Licht - alles, was von Gott her über menschliches Leben zu sagen ist und was darum gegen alle furchteinflößenden Beeinträchtigungen und Anfechtungen aufhilft.

Grammatikalisch vertrackt aufgebaut ist der überlange Vers (er endet erst nach V. 12!) ja schon: Wie verhält sich die Offenbarung der Gnade (V. 9f) durch Jesus Christus zum ans-Licht-Bringen des Lebens und des unvergänglichen Wesens durch das Evangelium (V. 10)?

Ein Blick in den Urtext zeigt, dass mit V. 9 ein geprägtes poetisches Stück beginnt. Die Kraft, die aller Furcht widersteht, ist die Kraft aus Gott, die aus der Gewissheit kommt, einerseits selig und andererseits berufen zu sein. Seligkeit und Berufung ruhen allein in der Gnade Gottes, oder anders herum: Gottes Gnade besteht darin, dass er die Seinen rettet und selig macht – Gottes Gnade schenkt Leben! Jesus Christus hat dieses Leben ans Licht gebracht und dadurch Gottes Gnade offenbart. Nur eben: durch das Evangelium.

Dieses Evangelium ist und bleibt die gepredigte Botschaft von Kreuz und Auferstehung! Leben und unvergängliches Wesen stehen auch durch Jesus nicht taghell vor Augen, sondern seine Strahlen sind gebrochen durch das Kreuz. Leben ist immer gerettetes Leben. Ans Licht gebracht werden kann es darum allein durch das Wort, das heißt aber durch Menschen, die im Vertrauen auf Gott dieses gekreuzigte und auferstandene Leben predigen.

Darum werden in V. 9 „Seligkeit“ und „Berufung“ (zur Predigt) parallel geführt. Predigen aber heißt unter anderem, niemals beweisen zu können. Das Evangelium ist immer stark und schwach zugleich, nicht nur wegen seiner Boten, sondern schon wegen seines Inhalts, der eben in dieser Wirklichkeit noch nicht sichtbar zu machen ist.

Timotheus hat die Aufgabe, vom Jenseits im Diesseits zu reden. Das Evangelium ist nicht attraktiv. Es verheißt kein vollkommenes Diesseits, verkündet durch außergewöhnliche Menschen, sondern ein Jenseits, für das selbst dem Klügsten die richtigen Worte noch fehlen. Aber es ist und bleibt das einzige Medium. Darum brauchen die, die dazu berufen sind, so dringend Gottes Geist – und, z.B. in der Handauflegung, verlässliche Zeichen dafür.

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Heinz Janssen
Heidelberger Predigt-Forum