„Völkerbund“ und „Vereinte Nationen“, so nennen sich zwei große Bündnisse, die nach den verheerenden zwei Weltkriegen im 20. Jhdt gegründet wurden, um einen Völkerfrieden zu schaffen. Aber offensichtlich sind wir heute, 100 Jahre später, noch genauso weit von einem Völkerfrieden entfernt, wie es die Menschheit seit Tausenden von Jahren ist; wohl deshalb ist die Sehnsucht nach einem umfassenden Frieden auch so alt. Wie ist solch ein Frieden zu schaffen, der keine Friedhofsruhe und keine Totenstille unter Soldatenstiefeln ist?
„Dies ist´s, was Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem“, so lautet der erste Satz des zweiten Kapitels des Prophetenbuches des Jesaja. Was der Prophet „geschaut“ hat, ist ein Sehnsuchtsbild. So wird es sein „in der letzten Zeit“! Der Gott Jakobs wird die Menschen lehren, wie Frieden geschaffen werden kann. Wird es Juden, Christen, Muslimen dann auffallen, das dieser Gott Jakobs unser aller Gott ist?
Die Götterwelt zur Zeit des Jesaja im 8. Jh. v. Chr. war mit mächtigen mythischen Wesen bevölkert, die ihren Anhängern auch Kriegsglück bescheren konnten. Vom germanischen Walhalla und griechischen Olymp redet Jesaja nicht. Sein Friedensberg heißt Zion, wo das Haus des Herrn steht, der die Menschen lehrt, wie man Frieden macht. Sie werden freiwillig kommen zu diesem göttlichen Ireniker. Jesaja beschreibt auch, was sie da lernen. Nach einem Gericht und Zurechtweisung wird den Menschen gesagt, was gut ist und was sie nun tun werden: Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen, ihre Tötungsinstrumente umbauen zu Werkzeugen der Lebensmittelgewinnung.
„Schwerter, Spieße und Stangen“ kann man heute nur noch in Museen und auf Ritterfesten in alten Burghöfen bestaunen. Heute wird nicht mehr „per Hand“ umgebracht. Heute erledigen das Drohnen, Bomben, Raketen, Sprengstoff, die per Knopfdruck Mord und Totschlag erledigen. Aber als 1983 auf dem Wittenberger Kirchentag ein Schmied wirklich ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedete und dann das Symbol auf Herrnhuter Vliesstoff gedruckt als Aufnäher auf Parkas von Jugendlichen erschien, war die friedliebende DDR-Regierung alarmiert, aufgeschreckt.
So trifft Jesaja noch 2700 Jahre später ins Schwarze, in die Gewissen aller, die Hass verbreiten und zu Mord und Totschlag aufrufen, die Mord und Totschlag zu „Überlebensstrategien“ erklären. Dass dieses Spruch von den Schwertern zu Pflugscharen auch beim Propheten Micha vorkommt, zeigt, wie eindrücklich es die Notwendigkeit der Politikveränderung beschreibt.
Jesaja spricht weiter: „Kein Volk wird wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen“. Ich wehre mich, das als „fromme Utopie“ abzutun. Es wäre so schön, wenn das Bonmot des preußischen Generals Carl von Clausewitz (1780-1831), dass der Krieg nur die Fortsetzung der Politik mit anderen Mittel sei, nicht mehr akzeptiert wird. Denn auch das andere Clausewitz-Zitat gilt: „Der Krieg ist also ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen“. Dann beginnt der Krieg schon dort, wo ein anderer, der nicht macht, was ich will, von mir zum Gegner, zum Feind erklärt wird. Mit diesem Freund-Feind-Schema im Kopf werden Menschen zum Töten angestiftet.
Die Heiligen Schriften der Juden, Christen, Muslime haben in ihren besten Teilen friedensstiftende Passagen. Alle drei Religionen kennen das Gebot der Nächstenliebe: „Du sollst Gott und deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Dabei steht nicht: Nur dann, wenn er das tut, was du willst. So endet die Vision des Jesaja: „Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des Herrn!“ Dann verschwindet der Krieg im ewigen Frieden.