Predigt

Österlicher Blick

Jesus von Nazareth öffnet die engen Daseinsnischen des Alltags

PredigttextLukas 18, 31-43 (mit exegetischer Skizze)
Kirche / Ort:Dortmund
Datum:23.02.2020
Kirchenjahr:Estomihi
Autor:Pastor Johannes Gerrit Funke

Predigttext: Lukas 18, 31-43 (Übersetzung Elberfelder Bibel)

Er nahm aber die Zwölf zu sich und sprach zu ihnen: Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was durch die Propheten auf den Sohn des Menschen hin geschrieben ist; denn er wird den Nationen überliefert werden und wird verspottet und geschmäht und angespien werden; und wenn sie ihn gegeißelt haben, werden sie ihn töten, und am dritten Tag wird er auferstehen. Und sie verstanden nichts von diesen Worten, und diese Rede war vor ihnen verborgen, und sie begriffen das Gesagte nicht.

Es geschah aber, als er sich Jericho näherte, saß ein Blinder bettelnd am Weg. Und als er eine Volksmenge vorbeiziehen hörte, erkundigte er sich, was das sei. Sie verkündeten ihm aber, dass Jesus, der Nazoräer, vorübergehe. Und er rief und sprach: Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner! Und die Vorangehenden bedrohten ihn, dass er schweigen sollte; er aber schrie umso mehr: Sohn Davids, erbarme dich meiner! Jesus aber blieb stehen und befahl, dass er zu ihm gebracht werde. Als er sich aber näherte, fragte er ihn: Was willst du, dass ich dir tun soll? Er aber sprach: Herr, dass ich sehend werde! Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dich geheilt. Und sofort wurde er sehend, folgte ihm nach und verherrlichte Gott. Und das ganze Volk, das es sah, gab Gott Lob.

Exegetische Skizze

Beide Teile des Textes weisen im dritten Evangelium im Vergleich zu Mt und Mk einige Besonderheiten auf. Für die Leidensankündigung ist das vor allem der Hinweis auf die Propheten. Er taucht bei Lk auch in den Geschichten auf, die von Begegnungen mit dem Auferstandenen erzählen (vgl. 24, 25ff; 44ff). Bei der Heilung des Blinden stellt das dreimalige Verb anablepein (aufschauen, frei aufsehen) eine lukanische Besonderheit dar. Mithilfe von Verben mit der Vorsilbe ana- (auf, hinauf) charakterisiert Lk auch sonst gerne, was Menschen von der befreienden Ankunft des Reiches Gottes erwarten dürfen (vgl. 19, 11; 22, 28). Man beachte, dass auch das griechische Wort für „auferstehen“ diese Vorsilbe trägt. Dem freien Aufschauen entsprechen als Kontrast die „gehaltenen Augen“ der Emmausjünger in 24, 16. Es geht darum, dass sich Augen zu einem österlich belichteten Blick auftun. Wo er aufdämmert, beginnt der Glaube, der rettet.

Dieser Glaube stützt sich auf die Propheten, etwa die Visionen von Jes 29, 18ff und 35, 5ff. Sie bringen etwas von dem allerersten Blick zurück, von dem in der Bibel berichtet wird, nämlich wie Gott am Anfang auf seine Schöpfung geschaut hat (Gen 1, 4+31). Der Glaube lässt den blinden Mann einer Umwelt trotzen, die ihn „bedroht“ (so wörtlich im griechischen Text), er solle Ruhe geben. So wie sie ihn anherrschen, muss es ihn, dem nichts anderes übrigbleibt als zu betteln und zu rufen, bis in Mark und Bein treffen, so als ob er körperlich von giftigen Pfeilen getroffen würde – also existenzbedrohlich. Er trotzt einer Welt, in der der Tod bereits das Sagen unter uns hat, auch wenn er für einen persönlich noch gar nicht eingetreten ist.

Dass damit nicht bloß eine „Musik zum Träumen“ eingespielt wird, zeigt die Leidensankündigung vom Menschensohn. Auch sie stützt sich auf die Propheten. Den harten Kern der befreienden Botschaft bildet es, wie Gott und der Tod im Menschensohn Jesus von Nazareth aneinandergeraten sind.

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Heinz Janssen
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