Predigt

Offener Himmel

Liebe - das Geheimnis unserer Welt, die Wahrheit, welche Jesus Christus bezeugt

PredigttextJohannes 3,31-36
Kirche / Ort:Ev. Melanchthon-Kirche / Bremen-Osterholz
Datum:25.12.2012
Kirchenjahr:Christfest (1)
Autor:Pastor Dr. Bernd Kuschnerus

Predigttext: Johannes 3,31-36 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

31 Der von oben her kommt, ist über allen. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Der vom Himmel kommt, der ist über allen 32 und bezeugt, was er gesehen und gehört hat; und sein Zeugnis nimmt niemand an. 33 Wer es aber annimmt, der besiegelt, daß Gott wahrhaftig ist. 34 Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist ohne Maß. 35 Der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in seine Hand gegeben. 36 Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.

Exegetische Vorüberlegungen

Die Perikope begegnet im Kontext des Johannesevangeliums als Fortführung der Täuferrede in 3,27ff. Da sie jedoch inhaltlich darüber hinausgeht, lässt sie sich am ehesten als grundlegender Kommentar des Erzählers verstehen (vgl. Schnelle, a.a.O., 81). Der Text ist durchzogen von einer sich steigernden Aussagenreihe über den Offenbarer. Er ist „von oben kommend“ (V.31a), vom „Himmel kommend“ (V.31c). Er ist der, „den Gott gesandt hat“ (V. 34), „Der Vater hat den Sohn lieb“ (V.35). Zunächst wird betont, dass die Herkunft aus dem Göttlichen das Zeugnis Jesu von Gott autorisiert: „Allein der vom Himmel Gekommene gibt authentisches Zeugnis“ (Bultmann, a.a.O., 118). V.34 präzisiert diese Auskunft, in dem er zu verstehen gibt, dass sich im Wort des Offenbarers Gott selbst mitteilt (V.34a), weil Gott ihm in ganzer Fülle den Geist gibt (V.34b). Im folgenden V.35 wird die Aussagenfolge nochmals gesteigert, indem sie die Beziehung zwischen Gott und dem Offenbarer als eine Vater-Sohn-Relation beschreibt. Die Vollmacht des Sohnes hat ihren Grund in der Liebe des Vaters zum Sohn (V.35, vgl. 5,20; 15,9f; 17,23f). So ist nach 3,16a insgesamt „die Sendung des Sohnes Gottes als Ereignis der Liebe Gottes zu verstehen“ (Weder, a.a.O., 452). Dem entsprechen die Aussagen von der Liebe Jesu in 13,1; 14,31. Dieses Geschehen der Sendung ist nicht ergänzungsbedürftig sondern vollständig und definitiv (V.35b vgl. V34b). Mit der Liebe hat der Vater dem Sohn alles gegeben. Der Offenbarer legt also Zeugnis ab vom Ja-Wort der Liebe, in dem sich Gott als Liebender zuspricht. Mehr noch: Er selbst ist dieses Ja-Wort, in dem Gott menschlich zu uns spricht (1,14).

Um so befremdender ist die in V.32b geschilderte Reaktion der Nicht-Annahme dieses Zeugnisses (vgl. 1,10f). Der vorhergehende V.31b unterstrich freilich schon: Von weltlicher Voraussetzung her kann niemand das Zeugnis annehmen. Daher ist, wie schon 3,19 zeigt, „das Nicht-Annehmen dieses Zeugnisses die schlechthinige Regel“ (Barth, a.a.O., 233) Nach diesem Bescheid überrascht der folgende Vers 33. Er zeigt, dass die Feststellung über das Nicht-Annehmen nicht das letzte Wort ist. Weil der Glaube im Zeugnis das Bezeugte angenommen hat, beglaubigt der Glaube die Sache selbst: die Wahrhaftigkeit Gottes. Die unterschiedlichen Tempora in der Rede vom Nicht-Annehmen (Präsens in V.32) und vom Annehmen (Aorist in V.33) weisen darauf hin, dass das Nein und das Ja gegenüber dem Offenbarer nicht auf der gleichen Ebene liegen. „Ist … der Glaube positiv da, so herrscht in ihm eine Vorzeitigkeit des Empfangen-Habens“ (Fuchs, a.a.O., 381). Folgt man dieser Beobachtung, wird erkennbar, dass es nach Joh keinen neutralen Ort gibt, von dem aus sich jemand zum Annehmen oder Nichtannehmen entscheiden kann. Wer sich auf die geschenkte Vorgabe des Offenbarers einlässt, hat den Glauben von diesem schon empfangen. Gott muss alles tun (V. 35b). Der Glaube ist in der Situation, dass er das Wort der Liebe hört (vgl. 10,3.27) weil er die Stimme des Offenbarers kennt (10,4). Die Glaubenden sind hineingenommen in die Kindschaft Gottes (1,12).

Im Gegensatz vom Glaubenden und Ungehorsamen in V.36 wird die Antithese aus V.32b.33 chiastisch wieder aufgenonmmen. Wiederum wird kein symmetrischer Dualismus beschrieben. Vielmehr wird eine „Asymmetrie des Rettenden“ (Hans Weder) ausgedrückt. Sie besteht darin, „dass der Sohn gekommen ist, um der ganzen Welt den Glauben zu entlocken“ (Weder, a.a.O., 460). Eigentlich kommt es zu der „Möglichkeit des Unglaubens erst dadurch, dass die Sendung des Sohnes die Menschen zum Glauben bewegt“ (Weder, a.a.O., 459 A61). Im Nicht-Glauben vollzieht sich das Gericht darin, dass die Ungehorsamen – also die, die nicht auf Wort der Liebe hören – unter dem Zorn Gottes bleiben. Während nach V.36b diese nicht das Leben sehen werden, wird dem Glauben das ewige Leben zugesprochen V.36a. Denn der Glaube freut sich an der Liebe (vgl. 15,9ff).

Literatur: Karl Barth, Erklärung des Johannes-Evangeliums (Kapitel 1-8), GA II. Akademische Werke 1925 /1926, hrsg. v. W.Fürst, Zürich 1976. - Rudolf Bultmann, Das Evangelium des Johannes, KEK, Göttingen 161959. - Ernst Fuchs, Die Theologie des Neuen Testaments und der historische Jesus, in: Ders, Zur Frage nach dem historischen Jesus GA I, Tübingen 21965, 377-404. - Hans Weder, die Asymmetrie des Rettenden. Überlegungen zu Joh 3,14-21 im Rahmen johanneischer Theologie, in: Ders, Einblicke ins Evangelium. Exegetische Beiträge zur neutestamentlichen Hermeneutik, Göttingen 1992, 435-456.

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