Predigt

Ostern - Christus ist auferstanden

Neue Lebensperspektive

Predigttext1.Korinther 15,19-28
Kirche / Ort:Trinitatiskirche / Berlin-Charlottenburg
Datum:20.04.2014
Kirchenjahr:Ostersonntag
Autor:Pfarrer Mag. Theol. Ulrich Hutter-Wolandt

Predigttext: 1. Kor 15, 19-28 (Übers. nach Martin Luther 1984)

19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. 20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. 21 Denn da durch "einen" Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch "einen" Menschen die Auferstehung der Toten. 22 Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden. 23 Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören; 24 danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt vernichtet hat. 25 Denn er muss herrschen, bis Gott ihm »alle Feinde unter seine Füße legt« (Psalm 110,1). 26 Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. 27 Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, "alles" sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. 28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.

Biblischer Kontext und exegetische Impulse

Paulus verfasst im 1. Kor seine Auferstehungstheologie, die bis heute Grundlage christlicher Auferstehungshoffnung ist. Anlass für diese eingehenden Äußerungen Pauli sind Unstimmigkeiten und Irritationen, die es in Korinth wegen der Frage nach der Auferstehung der Toten gegeben hatte. Zentral ist für Paulus die Frage der Korinther: „Wie sagen einige von euch: ‚Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht’?“ (1Kor 15,12). Was hinter dieser Frage steckte, kann nur vermutet werden: Waren die Korinther der Ansicht, dass mit dem Tod alles vorbei sei oder dachten sie, dass die Auferstehung bereits im Hier und Jetzt geschehe oder überhaupt nicht stattfinde? Die weiteren Verse von 1. Kor 15 zeigen, dass den Korinthern als griechisch denkenden Menschen eine Auferstehung des Leibes nur schwer verständlich gemacht werden konnte, da sie wohl in ihrer religiösen Anschauung von der Unsterblichkeit der Seele ausgingen. In ihrem Denken hatten sie Schwierigkeiten, mit der Auferstehung der Toten zu rechnen. Nur so ist es verständlich, dass Paulus in seinem Brief sowohl von der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten spricht, als auch die Realität des Todes Christi wie der ChristInnen nicht aus dem Blick verliert.

Das Auferstehungskapitel lässt sich in drei Hauptabschnitte gliedern: I.1Kor 15,1-11 Die Grundlage des gemeinsamen Auferstehungsbekenntnisse 1Kor 15,1-3 Die Verkündigung des Evangeliums 1Kor 15,3-5 Das Credo der Auferstehung 1Kor 15.6-11 weitere Zeugen der Auferstehung II. 1Kor 15,12-34 Das „Dass“ der Auferstehung 1Kor 15,12-19 Der Zusammenhang der Erbauung der Gemeinde 1Kor 15,20-28 Das eschatologische Szenario 1Kor 15,29-34 Die Korinther sind nicht konsequent III.1Kor 15,35-58 Das „Wie“ der Auferstehung 1Kor 15,35-41 Die Antwort im Gleichnis 1Kor 15,42-49 Die Antwort der Christologie 1Kor 15,50-58 Das Geheimnis der Hoffnung Im Mittelpunkt aller Verse steht die Christologie. Das „dass“ der Auferstehung Christi ist für Paulus ebenso konstitutiv für die christliche Gemeinde wie sein Tod am Kreuz von Golgatha. Nur in der Korrelation von Beidem – Kreuz und Auferstehung – vermittelt der christliche Glaube die zukünftige Hoffnung eines Lebens in einer anderen Welt. Es geht Paulus bei dem Thema Auferstehung immer um Neuschöpfung.

In 1. Kor 15,20-28 begründet Paulus, weshalb er in der Auferweckung Jesu die Hoffnung auf die Auferweckung der Toten begründet sieht. ist. Er macht deutlich, dass der physische Tod das endgültige Ende des Lebens bedeutet. Grundlage für diese Sicht ist die Tatsache und Glaubensüberzeugung, dass Jesus „für unsere Sünden“ gestorben ist (vgl. 1Kor 15,3). Daraus ergibt sich, dass Jesus auch „für uns“ auferstanden ist (vgl. Röm 4,25) und als Erhöhter „für uns“ eintritt (vgl. Röm 8,34). Diese theologische Position setzt 1. Kor 15,20-28 um: „Erstling“ (1Kor 15,20) bedeutet in diesem Zusammenhang jene Frucht, die als erste geerntet und Gott geweiht wird. Sie verweist auf das Ganze, aber sie ist noch nicht das Ganze.

Die Auferstehung Jesu von den Toten ist demnach für die allgemeine Auferstehung der Toten geschehen, die aus ihr folgen wird, aber sie ist es noch nicht. Für die zeitliche Einordung dieses Glaubensgrundsatzes bedeutet dies, dass die Zeit zwischen der Auferstehung Jesu und der Auferstehung der Toten diejenige ist, in der die ChristInnen in dieser Welt leben. Die erste Etappe ist die Auferstehung Jesu; sie ist schon geschehen (vgl. 1Kor 15,23). Der Blickwinkel der Auferstehung Jesu wird universal verstanden: denn der Auferstandene macht „jede Gewalt und jede Macht und Kraft“ (1Kor 15,24) zunichte. Der Erhöhte herrscht (1Kor 15,25), weil Gott ihm alle Feinde zu Füßen legt (Ps 110 und 8,7). In der Zukunft folgt die Auferstehung der Christen bei der Wiederkunft Jesu (1Kor 15,23b). Das ist eine positive, keine exklusive Aussage. Danach kommt „das Ende“ (1Kor 15,24a). Es besteht nach 1Kor 15,28 darin, dass der Sohn dem Vater die ihm vom Vater verliehene Herrschaft übereignet, damit „Gott sei alles in allem“.

Wenn man den Text 1. Kor 15, 20-28 betrachtet, fällt auf, dass dieser Text durch die Christozentrik der Eschatologie und die Patrozentrik der Soteriologie geprägt ist. Das, was Paulus den Korinthern in ihrer unterschiedlichen Auffassung zur Totenauferstehung mit geben will, lässt sich so vielleicht zusammenfassen: an die Auferstehung Christi glauben heißt hoffen, dass Jesus Christus wiederkommt. 3. Systematisch-homiletische Impulse Für Paulus bedeutet Auferstehung zweierlei: sie ist kein sanftes „Davonschweben“ der Seele, sondern tatsächlicher Tod; das Neue (die neue Schöpfung) ist für ihn ein gründlich verwandeltes Vertrautes – wieder Körper, neue Schöpfung. Karl Barth spricht in seiner Schrift „von der Auferstehung der Toten“ von einer „Identität“ von „Diesseits und Jenseits“, „aber nun doch nicht gegeben, nicht direkt festzustellen, nur zu hoffen, nur zu glauben“ (S. 67).

Es geht Paulus um eine neue Welt. Eine neue Welt, die sich jetzt allerdings erst im Kampf des Christus gegen die Herrschaften, Mächte und Gewalten, die die Situation der Glaubenden prägen, Raum schafft. Paulus verlegt das Reich des auferstandenen Christus „in die Gegenwart. Denn Christus ist auferstanden. Sein Reich füllt den Zeitraum zwischen Auferstehung und Vollendung des Heilswerks nach der Parusie aus. Es ist nicht das Reich des sichtbaren Friedens. Diese Zeit wird durch das Kreuz bestimmt. Davor verschwinden die kosmologisch-apokalyptischen Vorstellungen über das Reich des Messias. Es ist christologisch die Zeit der Unterwerfung der Mächte, anthropologisch die Zeit der Kirche, der Verkündigung des Todes Christi, des Glaubens, der Hoffnung“ (Conzelmann S. 320).

Die Auferstehungsbotschaft bedeutet den „Einbruch des Lebens in die Todeswelt“ (Gollwitzer S. 289). Angesichts des weit verbreiteten Unrechts und Leidens in der Welt, der vielfältigen Niederlagen im Bemühen um Gerechtigkeit und Frieden auf dieser Erde, gehört zur Auferstehungsbotschaft schon aus ihren alttestamentlich-jüdischen Wurzeln die Hoffnung auf Erhöhung und Leben für die Menschen, die leiden und wegen ihrer Anschauung gequält werden oder zu Tode kommen. Über ein Leben nach dem Tod kann Paulus in Phil 1,23 allerdings auch ohne die Erwähnung von Auferstehung sprechen. Beim Osterfest fließen viele Gedanken zusammen: das ist das Frühlingsfest Ostern, da kommen Erinnerungen an Goethes Osterspaziergang, an Ostergedichte von Marie-Luise Kaschnitz, Reine Kunze oder Kurt Marti.

Trotz aller Freude des Osterfestes bringen auch Kirchenbesucher Erfahrungen des Todes mit in diesen Gottesdienst und stellen Fragen nach dem eigenen Tod und dem Tod geliebter Menschen sowie dem Danach: was kommt nach dem Tod, wie geht es weiter? Durch Ostern ist diese Welt ins Wanken geraten, unser Denken wurde in seinen Grundfesten erschüttert, denn es geschah an Ostern etwas grundlegendes Neues: Jesus Christus ist auferstanden, Gott hat ihn von den Toten auferweckt. Das ist die Kern-Botschaft des Ostermorgens, das ist die Kernbotschaft unseres christlichen Glaubens, davon wird in allen unseren Gottesdiensten, jeden Sonn- und Feiertag – und nicht nur am Ostermorgen – gesungen und gesprochen. Und wir merken dabei, dass es schwer fällt diese neue Wirklichkeit in Worte zu fassen.

Ziel des Osterereignisses ist jedoch nicht die Sprach-Losigkeit, sondern die Sprachfähigkeit, denn nur durch sie können wir den Menschen etwas von dieser Hoffnung mitgeben. Ostern ist der Beginn der Neuschöpfung und so muss in der Predigt nach der Bedeutung dieser Botschaft für das Leben in dieser Welt und nach Zeichen der Auferstehung in diesem Leben gefragt werden. Nicht vergessen werden darf dabei, dass der Tod und die Mächte des Todes nicht einfach weggebeamt werden, nach wie vor haben sie Macht über uns und bestimmen auch manchmal unsere Wirklichkeit. Doch unter dem Aspekt des Glaubens hat sich alles verändert, denn die Macht des Todes, unter der die Menschen so sehr leiden, ist zu ihrem Ende gekommen, da „der Tod getötet ist“ (Huub Osterhuis). Der Tod bestimmt angesichts der Auferstehungshoffnung nicht mehr die Wirklichkeit. Das ist Grund zur Freude, diese Botschaft sollte allen Menschen gesagt und hinausgerufen werden.

Lieder

EG 106 (Erschienen ist der herrlich Tag); EG 112 (Auf, auf, mein Herz); EG 99 (Christ ist erstanden); EG 108 (Mit Freuden zart zu dieser Fahrt); EG 115 (Jesus lebt, mit ihm auch ich); Wir stehen im Morgen, in: Singt Jubilate. Lieder und Gesänge für die Gemeinde, München-Berlin 2012, Nr. 21).

Gedichte/Gebete

Die Glocken läuteten, als überschlügen sie sich vor Freude über das leere grab / Darüber, dass einmal etwas so Tröstliches gelang, und dass das Staunen währt seit zweitausend Jahren / Doch obwohl die Glocken so heftig gegen die Mitternacht hämmerten - nichts an Finsternis sprang ab. In: Reiner Kunze, Ostern, in: eines jeden einziges leben. Gedichte, Frankfurt a.M. 1986

das leere grab ein grab greift tiefer als die gräber gruben denn ungeheuer ist der vorsprung tod am tiefsten greift das grab das selbst den tod begrub denn ungeheuer ist der vorsprung leben In: K. Marti, in: Namenszug mit Mond. Gedichte, Zürich/Frauenfeld 1996, 49

Manchmal stehen wir auf stehen wir zur Auferstehung auf mitten am Tage mit unserem lebendigem Haar mit unserer atmenden Haut Nur das Gewohnte ist um uns. Keine Fata Morgana von Palmen Mit weidenden Löwen Und sanften Wölfen. Die Weckuhren hören nicht auf zu ticken Ihre Leuchtzeiger löschen nicht aus. Und dennoch leicht und dennoch unverwundbar geordnet in geheimnisvolle Ordnung vorweggenommen in ein Haus aus Licht Marie Luise Kaschnitz, in: Dein Schweigen - meine Stimme. Gedichte, Hamburg 1962

Ewiger Gott, du hast Jesus, unserem Bruder deinen eigenen Namen gegeben: er ist der Herr, er ist dein erstgeborener Sohn. Wir bitten dich, lass auch uns deinen Namen tragen, sei es auch eine Last auf unseren Schultern, wie ein Feuer in unserem Mund, deinen heiligen Geist, der uns zu Kindern macht, der in uns betet und zu dir ruft heute und alle Tage. In: Huub Oosterhuis,Gottesdienstbuch, Freiburg 2013, S. 156. Gute Gebete und Hinweise zur Liturgie am Osterfest finden sich auch in: Passion und Ostern. Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Bd. II. Teilband 1, Hannover 2011, S. 187-231.

Literatur

Karl Barth, Die Auferstehung der Toten, München 1926(2. Aufl.); Hans Conzelmann, Der erste Brief an die Korinther, KEK, Göttingen 1969; Helmut Gollwitzer, Krummes Holz – aufrechter Gang, München 1976; Hans Lietzmann, An die Korinther I/II, HNT 9, Tübingen 1949; Bertold Klappert (Hg.), Diskussion um Kreuz und Auferstehung, München 1967; Andreas Lindemann, Parusie Christi und Herrschaft Gottes. Zur Exegese von 1 Kor 15, 23–28, WuD 19, 1987, S. 87–107; Helmut Merklein, Marlis Gielen, Der erste Brief an die Korinther. Kapitel 11,2-1624, ÖTK 7/3, Gütersloh 2005; Luise Schottroff, Der erste Brief an die Gemeinde in Korinth, ThKNT, Stuttgart 2013 (gute Übersetzung des Predigttextes, eignet sich auch zum Verlesen vor der Predigt!); Wolfgang Schrage, Studien zur Theologie im 1. Korintherbrief, Neukirchen-Vluyn 2007; Eduard Schweizer, 1 Kor 15, 20–28 als Zeugnis paulinischer Eschatologie und ihrer Verwandtschaft mit der Verkündigung Jesu, in: E. Earle Ellis/Erich Gräßer (Hg.), Jesus und Paulus. FS Werner Georg Kümmel zum 70. Geburtstag, Göttingen 1975, S. 301–314; Gerhard Sellin, Der Streit um die Auferstehung der Toten, FRLANT 138, Göttingen 1986; Bernhard Spörlein, Die Leugnung der Auferstehung. Eine historisch-kritische Untersuchung zu 1. Kor 15, Regensburg 1971, bes. S. 70-78; Francois Vouga, Ostern, die Offenbarung des rechtfertigenden Gottes und der Leib der Auferstandenen, in: Paulus – Werk und Wirkung. FS Andreas Lindemann zum 70. Geburtstag, Tübingen 2013, 371-388; Franz Zeilinger, Der biblische Auferstehungsglaube. Religionsgeschichtliche Entstehung – heilsgeschichtliche Entfaltung, Stuttgart 2008; Dieter Zeller, Der erste Brief an die Korinther, KEK 5, Göttingen 2010.

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Die mit exegetischen Impulsen, Gebeten und einem Essay zu "Exegese und Homiletik" verbundenen Auslegungen wissen sich in einer weltweiten Communio, die "aus den Quellen des Heils" schöpft (Jesaja 12,3)... mehr lesen

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